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Das Phantom im Netz

Titel: Das Phantom im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Mitnick , William L. Simon
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wäre.
    Er wirkte schockiert und verärgert, weil Lewis und ich etwas an uns gebracht hatten, das er nicht besaß. Mit gesenkter Stimme brummte er: »Wie zum Teufel seid ihr da drangekommen?« Ich fand seine Reaktion seltsam. Warum sollte er böse sein? Vielleicht war er im Grunde neidisch und wütend, weil er nur die Gebrauchsanweisung gelesen hatte, während wir Entwicklerdokumente besaßen, die viel größere Geheimnisse und Befugnisse offenbarten.
    Eric blätterte das Dokument am Bildschirm durch und sah, dass es außerdem sämtliche Funktionsbeschreibungen und -anforderungen enthielt. Er erkannte, dass es sich hier um eine reiche Informationsquelle handelte, die einem Telefonhacker eine Macht verlieh, von der man sonst nur träumen konnte.
    Das alles geschah etwa einen Monat nachdem Eric in einem unserer Telefongespräche zum ersten Mal SAS erwähnt hatte. Und was ihn noch mehr erstaunt haben musste: Wir zeigten ihm hier keine Fotokopie, sondern eine Datei. Ich sah förmlich, wie es in seinem Kopf ratterte. Er konnte sich bestimmt nicht vorstellen, wie ich das gemacht hatte – wie ich an die Unterlagen des Entwicklers gekommen war, und das auch noch in elektronischer Version, die wahrscheinlich nicht einmal bei PacBell existierte.
    Er fragte erneut: »Wie zum Teufel seid ihr bloß da drangekommen?«
    Ich antwortete ihm, was wir ihm schon mehrmals erwidert hatten: »Wenn du uns was verrätst, verraten wir dir auch was.« Währenddessen streckte Lewis den Arm aus, nahm die Diskette aus dem Computer und steckte sie ein.
    Eric warnte uns: »Das FBI weiß über SAS Bescheid, weil sie wissen, dass Poulsen es verwendet hat. Die haben da ein scharfes Auge drauf. Wahrscheinlich werden alle Nummern überwacht.«
    In einem beinahe feindseligen Ton zischte er: »Lasst bloß die Finger davon. Ihr werdet geschnappt, wenn ihr das benutzt.« Wenn er das als freundliche Warnung meinte, warum war er dann so erregt?
    Kurz darauf sagte Eric, er müsse mal pinkeln, stand auf und ging zur Toilette. Für jeden ordentlichen Hacker gehörte es zum Standardprogramm, alle möglichen Dateien und Passwörter auf seinem Computer zu haben, die ihn geradewegs ins Gefängnis bringen könnten. Wenn man seinen Laptop irgendwohin mitnahm, ließ man ihn auf keinen Fall aus den Augen, nicht einmal die paar Minuten, die man aufs Klo ging. Aber dieser Eric trottete gemütlich davon und ließ seinen auch noch angeschalteten Laptop einfach auf dem Tisch stehen – er lud uns quasi ein, ihn während seiner Abwesenheit zu durchsuchen. Lewis holte seinen Frequenzzähler hervor und bewegte ihn langsam hin und her, um nach Übertragungen zu suchen. Nichts. Der Computer sendete unser Gespräch nicht an eine Horde Bullen oder FBI-Leute, die um die Ecke lauerten – bereit, jeden Moment zuzugreifen.
    Ich beugte mich über den Computer und verkündete Lewis: »Mann, der Typ hat‘s aber echt drauf!« Von wegen. Ich sagte das nur, weil ich sicher war, dass der Laptop einen kleinen Rekorder besaß, der jedes Wort aufzeichnete. Ansonsten hätte Eric ihn niemals auf dem Tisch stehen lassen. Der Kerl war doch so paranoid, dass er uns wochenlang seine Pagernummer verweigert hatte, und jetzt sollte er uns einfach so seinen Laptop anvertrauen? Niemals.
    Ich nahm an, einer seiner Kumpel saß an einem anderen Tisch und beobachtete uns, damit wir nicht kurzerhand mit dem Ding wegrannten. Eric hätte nie gewagt, einen Computer voller belastender Informationen in den Händen zweier Typen zu lassen, die er zum ersten Mal traf.
    Als wir aufgegessen hatten und gehen wollten, fragte Eric: »Habt ihr ein Auto? Könnt ihr mich vielleicht mitnehmen? Es ist nicht weit.« Klar, sagte ich, warum nicht.
    Er begann zu plaudern und erzählte mir, wie er noch vor Kurzem auf seinem Motorrad den Sunset Boulevard entlanggebraust und ein Auto direkt vor ihm links abgebogen war. Bei dem Zusammenstoß war er über den Wagen geflogen und so hart aufgeschlagen, dass sein Bein zwischen Knie und Knöchel brach, im rechten Winkel nach hinten geklappt. Fünf Monate mühten sich Ärzte und Therapeuten, sein Bein wiederherzustellen, bis Eric schließlich einer Amputation zustimmte. Die Prothese war aber so gut, dass er nach der Physiotherapie während der Reha ohne ein erkennbares Hinken laufen konnte.
    Diese Geschichte sollte womöglich mein Mitgefühl wecken. Doch gleich schaltete er wieder um und sagte: »Dass ihr SAS geknackt habt, macht mich echt wütend. Nach nur vier Wochen habt ihr mehr

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