Das Phantom im Netz
vor jedem Zugriff einen Angestellten von Pacific Bell dazu überreden zu müssen, uns die Einwahlnummer zu geben.
Ich hatte von dem Angestellten in Pasadena, der mir das Impressum des Handbuchs vorgelesen hatte, erfahren, wie sie das SAS einsetzten. Für einen Leitungstest musste man die Einwahlnummer für den RATP der Leitung manuell bei der Verbindungsstelle eingeben. Die Tester hatten eine Liste mit Einwahlnummern für die RATPs in allen Vermittlungsstellen, für die sie zuständig waren.
Das Problem war nur: Wie konnte ich eine Kopie dieser Liste mit den SAS-Einwahlnummern aller Vermittlungsstellen bekommen, wenn ich nicht einmal wusste, wie das verdammte Ding offiziell hieß? Dann hatte ich eine Idee. Vielleicht gab es diese Informationen schon in einer Datenbank. Ich rief bei der Abteilung in Pasadena an, die mit SAS Leitungen überprüfte, wenn ein Kunde ein Problem mit seinem Telefon hatte. Ich behauptete, ich sei »von der Entwicklung«, und fragte, ob es eine Datenbank gebe, aus der ich die SAS-Einwahlnummern abfragen könne. »Nein«, kam die Antwort, «es gibt keine Datenbank. Das gibt es nur auf Papier.«
Das war also nichts. Ich fragte: »Wen rufen Sie an, wenn Sie ein technisches Problem mit einer SAS-Einheit haben?«
Das war mal wieder ein Musterbeispiel dafür, wie bereitwillig Menschen einem mutmaßlichen Kollegen helfen: Der Typ gab mir die Nummer einer Zweigstelle von Pacific Bell im San Fernando Valley. Die meisten Leute mögen es einfach, wenn sie helfen können.
Ich rief dort an, bekam einen Abteilungsleiter ans Telefon und erzählte ihm: »Ich bin von der Entwicklung in San Ramon.« Dort war der Sitz der größten Entwicklungseinrichtung in Nordkalifornien. »Wir stellen eine Datenbank der SAS-Einwahlnummern zusammen und brauchen dafür eine vollständige Liste aller Nummern. Wer hat denn eine solche Liste?«
»Ich habe eine«, sagte er. Er hatte meine Geschichte ohne Zögern geschluckt, weil er so tief in der internen Organisation vergraben war und davon ausging, dass ihn ein Außenstehender nicht fand.
»Ist sie zu lang, um sie zu faxen?«
»Es sind etwa 100 Seiten.«
»Dann würde ich mir gerne eine Kopie davon für ein paar Tage ausleihen. Ich komme entweder selbst vorbei, oder ich schicke jemanden, der sie abholt. Geht das?«
Er beschrieb mir den Weg zu seinem Büro.
Alex spielte auch dieses Mal wieder bereitwillig den Boten für mich. Er zog sich einen Anzug an und fuhr zu der Pacific-Bell-Einrichtung im San Fernando Valley. Aber anders, als wir erwartet hatten, drückte der Mann ihm das Päckchen nicht einfach in die Hand. Stattdessen fragte er Alex darüber aus, wofür er die Information brauchte.
Das war ein kritischer Moment. Es war Frühling in Südkalifornien. Draußen war es warm. Und Alex trug Handschuhe.
Als der Typ das bemerkte, sah er Alex an und sagte: »Kann ich Ihren Firmenausweis sehen?«
Ein weiterer heikler Moment.
Eines der wertvollsten Dinge im Leben ist die Fähigkeit, in einer Situation schnell reagieren zu können, die den meisten Menschen den Angstschweiß auf die Stirn treibt.
Alex antwortete ganz lässig: »Ich arbeite nicht bei Pacific Bell. Ich bin ein Vertriebspartner und auf dem Weg zu einer Besprechung bei Pacific Bell in Downtown. Ich wurde gebeten, auf dem Weg dahin bei Ihnen anzuhalten und das hier mitzunehmen.«
Der Mann sah ihn einen Moment lang an.
Alex meinte beiläufig: »Ist in Ordnung – wenn das ein Problem ist, machen wir keine große Sache daraus«, und er tat so, als wolle er gehen.
Der Typ sagte: »Oh, nein, nein – hier«, und hielt Alex das Päckchen hin.
Alex hatte ein fettes »Ich hab’s geschafft!«-Grinsen im Gesicht, als er mir den Ordner mit allen Einwahlnummern für SAS-Einheiten in jeder Vermittlungsstelle in Südkalifornien übergab.
Wir kopierten die Seiten, und danach ging Alex in ein Kundencenter von Pacific Bell und überredete eine Sekretärin, das Päckchen per Hauspost an den Mann zurückzuschicken, der es ihm ausgeliehen hatte. Dadurch verwischten wir unsere Spuren, keiner würde unangenehme Fragen nach einem verschwundenen Ordner stellen, die zu der Entdeckung führen konnten, dass das SAS-System kompromittiert worden war. Gleichzeitig konnte niemand die Sache zu Alex zurückverfolgen.
Eines Tages hatte ich das Gefühl, dass auch Lewis das Ziel von Ermittlungen geworden sein könnte. Vorsichtshalber überprüfte ich es und fand Fangschaltungen auf allen Leitungen von Lewis‘ Arbeitgeber, Impac
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