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Das Prachtstück

Das Prachtstück

Titel: Das Prachtstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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jedes Mal in ungebremster Spontaneität mit ihren Psychokisten zu belasten. Jetzt war erst einmal Linda dran. Sie sollte sich nur trauen, ihr eingekrustetes Schneckenhaus zu verlassen und endlich ihren feschen Makler ordentlich auf Trab bringen. Wenn sie einer aus vollem Herzen echte Höhenflüge gönnte, dann ihr.
    Ein Lächeln erhellte Sofies Züge. Das allerdings rapide erlosch, als Bina Moll in ihr Zimmer stürmte.
    Â»Wir hatten uns doch darauf verständigt, Frau März«, sprudelte sie los, »dass ich über alle Fragen Ihrer Serie zuvor informiert werde!« Sie war wütend, das stand ihr unmissverständlich ins Gesicht geschrieben. Die Zeiten, in denen sie »liebe Sofie« gesäuselt hatte, waren längst vorbei.
    Â»Hatten wir«, sagte Sofie lakonisch.
    Â»Und was soll dann bitte sehr das hier sein?« Hektische Flecken brannten auf ihren Wangen.
    Â»Die neuen Fragen.« Es machte ihr Spaß, die Chefredakteurin so vorzuführen. Hatte sie nämlich schon lange verdient. »Soweit ich das von hier aus beurteilen kann.«
    Â»Und? Kenne ich sie vielleicht?« Bina Moll schürzte vorwurfsvoll die exakt geschminkten Lippen, eine Geste, die sie vermutlich einem Filmstar abgeschaut hatte. Bei ihr wirkte das Ergebnis eher jämmerlich.
    Â»Sieht ganz so aus. Zumindest halten Sie sie jetzt direkt in der Hand.«
    Â»Werden Sie bloß nicht unverschämt, ja!« Molli rang nach Luft. »Es gibt hier in der Redaktion ein paar Regeln, die auch für Sie gelten. Und ich werde es nicht dulden, dass Sie sich Ihre Extrawürste ganz nach Belieben …«
    Schon wieder diese lästige Bevormundung! Was zuviel war, war einfach zuviel. Sofie erhob sich so abrupt, dass die andere ein paar Schritte zurückwich.
    Â»Was haben Sie denn? Sie sind ja auf einmal kalkweiß geworden!«
    Â»Mir ist plötzlich so schrecklich schlecht«, murmelte Sofie und musste dabei nicht einmal flunkern. »Kotzübel, um genau zu sein. Ich glaube, ich muss nach Hause. Ins Bett. Oder zu einem Arzt … Sie entschuldigen mich sicherlich …«
    Das Taschentuch vor den Mund gepresst, machte sie, dass sie aus dem Büro kam. Im Gang wurde es etwas besser, aber nicht wesentlich. Jetzt den Fahrstuhl nehmen? Ein Ding der Unmöglichkeit! Energisch öffnete sie die Tür zum Treppenhaus, das ihres Wissens allenfalls bei den jährlichen Feuerübungen benutzt wurde, sah man einmal von Dr. Doller ab, dem dürren, eisgrauen Controller, der Tag für Tag morgens wie abends mürrisch, aber konsequent nach oben beziehungsweise unten joggte.
    Das Gehen tat ihr gut. Der Puls normalisierte sich, die Übelkeit schwand, das Blut kehrte an die Stellen im Körper zurück, an denen es gebraucht wurde. Unten angelangt, kam sie sich ziemlich albern vor. Sollte sie doch umkehren, wieder zurück nach oben fahren und sich entschuldigen? Sei doch nicht blöd! kicherte das Teufelchen. Einen freien Nachmittag außer der Reihe hast du bei deiner ganzen Schufterei schon lange verdient. Außerdem tut es der Moll nicht schlecht, im eigenen Saft zu schmoren. Bleib hart! Einmal wenigstens. Tut dir gut. Und ihr auch. Wirst schon sehen!
    Sofie blieb noch einen Augenblick unschlüssig stehen. Dann öffnete sie die Tür zur Tiefgarage und ging mit großen, festen Schritten zu ihrem parkenden Auto. Doppelschaltung
    Sie musste eingeschlafen sein, eine ganze Weile und fest dazu. Als sie wieder erwachte, war es schon dämmrig. Sofie rieb sich die Augen. Hinter der geschlossenen Tür konnte sie gedämpfte Geräusche vernehmen, Klappern von Geschirr und immer wieder zwischendrin das Geräusch von fließendem Wasser. Durch alle Ritzen zogen köstliche Essensschwaden.
    Das konnte nur eines bedeuten: Hannes war zu Hause – und er musste gekocht haben.
    Noch ganz verschlafen tapste sie in die Küche. Er hatte ein ausrangiertes Leintuch zur Schürze umfunktioniert und hantierte emsig mit Gabel und Fleischmesser.
    Â»Na, endlich aufgewacht?«, fragte er grinsend und offenbar allerbester Stimmung. »Wurde aber langsam auch Zeit!«
    Â»Sieht ganz so aus«, sagte sie, schnüffelte in Richtung Herd, wo mehrere Töpfe und Pfannen im Hocheinsatz waren, und bemühte sich, den Grund dieser verblüffenden Aktion herauszufinden. Hatte sie seinen Geburtstag übersehen? Eines ihrer Jubiläen? Trotz aller Anstrengung wollte ihr nichts

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