Das Prachtstück
aufschlug, bestand er darauf, ihr das Frühstück ans Bett zu bringen. Er pfiff vor sich hin, als er Wasser aufsetzte, Orangen auspresste und Toast röstete; die vergangene Liebesnacht schien ihn glücklich gemacht zu haben.
»Jetzt will ich endlich wissen, was mit dir los ist«, sagte er, als sie anschlieÃend im Bad vor dem Spiegel stand und sich für den Tag zurechtmachte. Seine Nähe tat ihr gut. Am liebsten hätte sie sich ganz fest an ihn gelehnt und wäre erst gar nicht in den Verlag gegangen. »Deine seltsame Miene. Wieso du gestern Nachmittag im Bett warst. In kurzen Worten: alles!« Wie eine Welle überfiel sie Ãbelkeit, und ihr Hals wurde auf einmal ganz trocken. Sie senkte die Augen. Aber dieses Mal würde sie nicht so einfach davonkommen. »Geht es etwa wieder um deine dämlichen Interviews, die die da oben nicht mögen?«
Sofie nickte. Alles noch besser, als ihre anhaltende Treulosigkeit zu beichten. Selbst wenn sie das Gefühl hatte, im nächsten Moment an ihrem Schweigen zu ersticken.
»Und was war es dieses Mal?«
Sie schaute in seine warmen braunen Augen und begann zu reden. Plötzlich ging alles wie von selbst â wenn man einmal davon absah, dass sie sich auf die Ereignisse in der Redaktion beschränkte. Hannes hörte schweigend zu, voller Aufmerksamkeit.
»Warum tust du nicht einfach, was Molli möchte?«, sagte er, als sie geendet hatte. »Stellst deine Fragen um, und fertig?«
Verblüfft starrte sie ihn an. »Ist das dein Ernst? Ich soll ganz hochoffiziell zu Kreuze kriechen?«
»Mein voller Ernst. Aber von Buckeln kann nicht die Rede sein. Du bist vielleicht eine Dramakönigin! Hat doch keinen Sinn, in eurem Hühnerstall Revolution zu proben und deine Perlen weiterhin vor die Säue zu werfen!« Er begann zu schmunzeln. »Rein bildlich gesehen, natürlich. Heute gelesen, morgen schon vergessen! Ist es das, was du wirklich auf Dauer möchtest?«
»Findâ ich ehrlich gesagt nicht besonders lustig«, protestierte Sofie. »Du sprichst immerhin von meinem Beruf!«
»Komm, mach nicht gleich so ein böses Gesicht, als würdest du mich im nächsten Moment fressen! Wo bleibt denn dein berühmter Humor, der dir sonst immer über die Runden hilft? WeiÃt du, was ich an deiner Stelle tun würde?«
Sie schaute ihn fragend an.
»Mein Material nehmen, ich meine natürlich nur das, was du für wirklich interessant hältst, und es still und heimlich zu einem Buch zusammenklopfen. Könnte ein hübscher Erfolg werden, wenn du tatsächlich, wie es scheint, den Ton der Zeit so triffst.« Er hielt inne. »Schon mal daran gedacht?«
Sie wurde sofort ganz aufgeregt. »Meinst du?«, sagte sie, während in ihrem Kopf alles auf Hochtouren zu laufen begann. »Meinst du wirklich?«
»Und ob ich das meine! Ist doch ohnehin dein Jugendtraum, wenn ich richtig informiert bin, oder?« Er legte den Kopf schief, und jetzt musste auch Sofie lächeln. »Und Träume muss man sich unbedingt erfüllen, bevor sie ranzig und vergilbt werden!«
Er hatte recht. Nein, mehr als das. Sein Vorschlag war einfach genial! Nicht zu fassen â ihr alter, scheinbar langweiliger Hannes entpuppte sich als Mann mit wundervollen Ideen!
Sofie stellte sich auf die Zehenspitzen und hob ihr Gesicht zu seinem empor. Dann küsste sie ihn. Ihr Herz stockte einen winzigen Augenblick, als er den Kuss leidenschaftlich wie selten zuvor erwiderte, dann schlug es weiter.
Verblüffend schnell allerdings, wie schon lange nicht mehr.
11
Die Party von Bruno und Aki war seit Jahren ein Ereignis, das sich nach Möglichkeit keiner ihrer zahlreichen Freunde, Kunden und Geschäftspartner entgehen lieÃ. Sommer für Sommer erdachten sie ein neues Motto, immer fantasievoll, immer ganz anders als in der vorangegangenen Saison. Diesmal fand das Fest in einer groÃen Industriehalle im Münchner Norden statt, die schon wenige Tage danach abgerissen werden sollte, um Platz für einen Neubau zu machen. Die optimale Gelegenheit für die beiden, sich hier zuvor noch einmal nach Herzenslust auszutoben.
Natürlich behielten sie ihr Geheimnis bis zum letzten Moment für sich, sosehr Linda auch bohrte. SchlieÃlich gab sie auf. Denn sie hatte ebenfalls ein paar Heimlichkeiten in petto. Am besten von allem war, dass ihr die ganze Nacht gehörte. Sofie hatte sich erboten,
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