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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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gewürdigt wird. »Ihr wollt Ribéry, ihr wollt den Luca Toni, ihr wollt keinen Champagner in den Logen, ihr wollt nix, ihr wollt gar nix«, stöhnte er, »ihr wollt aber die besten Spieler der Welt. Ihr wollt die Champions League, aber kosten darf es nix – das ist unser Problem in diesem Land!«
    Der oberste Fan und die beschissene Stimmung
    Hinterher räumte Hoeneß in Interviews und in einem offenen Brief auf der Homepage des FC Bayern ein, bei seiner Wutrede auf der Jahreshauptversammlung überzogen auf die Kritik der Fans reagiert zu haben, im Grundsätzlichen aber wollte er sich nicht entschuldigen und verteidigte seine Ansichten. »Meine Lautstärke war sicher emotional und übertrieben«, räumte er in der »Bild«-Zeitung ein. Allerdings habe er nicht das Gefühl, sich entschuldigen zu müssen. »Das kann ich so nicht sagen. Ich würde sicher morgen nicht wieder so emotional reagieren. Aber wenn man mal loslegt, passiert das eben«, rechtfertigte er sich und hielt seine Kritik trotzig aufrecht. »Natürlich stehe ich dazu. Ich bin der Meinung, dass wir diese Vorwürfe nicht verdient haben.« Die Fans in ihrer Gesamtheit, ruderte er dann doch ein wenig zurück, habe er freilich nicht angreifen wollen. Bei den Kritikern habe es sich ja auch keinesfalls um »die« Vertreter der Fans gehandelt, sondern um bestimmte Gruppierungen. Eben um jene – »Club Nr. 12« und »Schickeria« –, mit denen Hoeneß schon früher seine Händel ausgetragen hatte.
    Der Wutausbruch des Managers sorgte noch lange für Diskussionen. »Die Stimmung ist beschissen, Note sechs, ein totales Trauerspiel«, beschrieb Felix Redetzki vom Fanklub »Red Sharks« in der »FAZ« die Atmosphäre im Münchner Stadion. Die Negativpunkte aus Sicht der Fans: Mit einem Fünftel aller Plätze fällt der Stehplatzbereich im Vergleich etwa zur Dortmunder Arena (mehr als ein Drittel der Kapazität) recht bescheiden aus. Zudem erwies sich die Akustik im Stadion als problematisch – die Konstruktion mit drei Rängen lässt einen umfassenden »Roar« kaum zu –, und darüber hinaus stehen die Fans in München nicht in einem geschlossenen Fanblock, sondern verteilt auf Nord- und Südkurve, weswegen auch ein Streit in der Fanszene herrscht, wer überhaupt in die »Bayern-Kurve« (die Südkurve) rein darf. »Ich kenne viele Münchner, die gar nicht mehr hingehen«, beschrieb der Fanklub-Vorsitzende Redetzki die Konsequenzen. Der Wutausbruch von Hoeneß sei zwar »schwer verdaulich« gewesen, meinte er, gestand aber zu, dass sich der Manager mit der Problematik auseinandersetzt. »Ich glaube schon, dass er weiß, dass da zur Zeit etwas schiefläuft.« Auch die Zeitschrift »Focus« kommentierte, dass gerade Hoeneß’ emotionaler Ausbruch beweise, »wie sehr ihm diese traditionelle Fankultur – so naiv und eingeschränkt deren Blickwinkel ist – entgegen aller Bilanzen und wirtschaftlichen Erfolge des Klubs in Wirklichkeit am Herzen liegt«.
    Viele fragten sich allerdings auch, ob Hoeneß seinen Ausbruch kühl kalkulierend eingesetzt habe, um von der Trainerdiskussion abzulenken. »Der schimpfende Fan, der die mangelnde Atmosphäre im schmucken Stadion beklagte, dürfte Hoeneß gerade recht gekommen sein, um die Stimmung zu absorbieren«, meinte etwa der Berliner »Tagesspiegel« und verwies darüber hinaus auf die Gesamtsituation des Klubs, der vor dieser Saison »einen ideologischen und vereinsphilosophischen Quantensprung« gewagt habe. Entgegen der bis dahin üblichen moderaten Einkaufspolitik hatte man erstmals das Geld mit vollen Händen ausgegeben; dies sei wohl »nur durch eine satte Selbstvergewaltigung des Uli Hoeneß« möglich geworden, dessen Nervenkostüm im Angesicht möglicherweise ausbleibenden Erfolgs entsprechend dünn geworden sei.
    Tatsächlich kamen die Provokationen der »Abteilung Attacke« selten aus dem Nichts, sondern waren fast immer mit bestimmten Absichten verbunden. Meist ging es darum, die Gegner zu verunsichern, oft galt es, die eigenen Reihen aufzurütteln, und manchmal war die Ablenkung von internen Problemen der Hauptgrund. Fest steht, dass nach dieser denkwürdigen Jahreshauptversammlung niemand mehr über Hitzfelds eventuelle Entlassung redete. Dennoch darf man wohl davon ausgehen, dass so viel Adrenalin nicht bewusst gesteuert wurde. Schon in anderen Zusammenhängen zeigte sich: Hoeneß spielt seine Leidenschaft nicht, sie ist echt; Hoeneß schauspielert nicht, wenn er den Bayern-Fan gibt, er ist – siehe

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