Das Prinzip Uli Hoeneß
Bayern.
Nachbetrachtung
Der Unikatische
Eigentlich kann man sich nicht vorstellen, dass es den Bayern-Manager Uli Hoeneß einmal nicht mehr gibt. Aber natürlich musste auch er sich mit dem Gedanken ans Aufhören beschäftigen. Am 9. Juni 1997 sagte er im »Kicker«: »Wenn die Idee eines eigenen Stadions einmal realisiert ist und Bayern den Europapokal gewonnen hat, dann trete ich zurück.« Die Bayern gewannen den Europapokal und bald darauf war auch die Allianz Arena realisiert, er hatte eigentlich alles erreicht, was er wollte, aber Uli Hoeneß trat dennoch nicht zurück. Der Gedanke ans Aufhören fiel ihm schwer, sehr schwer. Mehrmals kündigte er seinen Rücktritt an, aber dann verlängerte er seinen Vertrag doch immer wieder. »Ich werde mich zwingen«, nahm er sich schließlich vor, »eines Tages das operative Geschäft einem Nachfolger zu übergeben.« Er wollte seiner Susi entgegenkommen, die schon lange von mehr Lockerheit träumte und einem entspannten Lebensabend. Aber da nahm ihn der Franz zur Seite und sagte: »Du musst das machen, bis du nicht mehr atmen kannst.« Und so lebte er weiter zwischen diesen beiden Polen, bis ihm, endlich, ein Licht aufging: »Aufhören heißt ja nicht aufhören beim FC Bayern.« Ja mei, es gab doch noch was anderes als Manager, und so entschied er sich, den »Kaiser« zu beerben. Er, Uli Hoeneß, der »Mister Bayern«, musste da nicht bitten oder hoffen, er musste es lediglich wollen, denn dass er von den Mitgliedern bei der Jahreshauptversammlung am 27. November 2009 gewählt werden würde, lag außer jedem Zweifel. Und so stand der Nachfolger von Franz Beckenbauer als Präsident des FC Bayern und Aufsichtsratsvorsitzender der AG fest. »Das würde prima passen«, dachte er. »Ich liebe diesen Verein, ich habe Herzblut in dem Verein, und ich kann mir ein Leben ohne Bayern zurzeit nicht vorstellen. Deswegen wäre das eine ideale Lösung.«
Niemand weiß freilich, ob Uli Hoeneß die Macht wirklich wird loslassen können. Auch er selbst nicht. Da behauptete er einmal, er werde so manchen überraschen, der glauben möchte, ein Motoriker wie er könne niemals aufhören. Als er seinem Sohn Florian die Leitung seiner Nürnberger Wurstfabrik übertrug, hätten alle befürchtet, dass der arme Bursche unter dem Alten nur leiden würde. Doch weit gefehlt: »Mein Sohn beschwert sich sogar manchmal, dass ich mich zu wenig um die Firma kümmere.« Und genau so gedachte er es beim FC Bayern zu halten. »Ich betrachte mich dann als Elder Statesman, der im Hintergrund die Dinge mitprägt«, versuchte er seine neue Rolle schon mal im Vorgriff zu definieren. »Ich werde dort im Rahmen des Ratgebens und Aufsehens aufpassen, dass alles in Ordnung ist«, fügte er später hinzu, »und werde versuchen, meine Erfahrung mit einzubringen.«
»In Zukunft muss ich hoffen, dass andere die richtigen Entscheidungen treffen«, stellte Uli Hoeneß fest, und ihm schwante: »Das wird schwer für mich.« Eigentlich, grübelte er, fühle er sich noch nicht reif fürs Altenteil. Und so fasste er den Entschluss, alle die zu enttäuschen, die ihn bereits als geruhsamen und zurückhaltenden Vorruheständler sahen: »Wenn ich Präsident werde, werde ich dieses Amt natürlich aktiver ausfüllen, als das der Franz jetzt kann.« Gut vorstellbar ist, dass der »Mister Bayern« den Fußball künftig in der Rolle des umtriebigen und immer wieder mal polternden Alten vom Tegernsee begleiten wird. »Daran müssen diejenigen sich möglicherweise schon gewöhnen«, prophezeite er mit beinahe drohendem Unterton, »dass ein Aufsichtsratsvorsitzender zumindest ständig seinen Rat anbietet.« So wird also mit gutgemeintem und zuweilen wohl auch brachial vorgetragenem Rat zu rechnen sein. Aber wen meinte er mit »diejenigen«? Diejenigen, die dann das Sagen haben, seine Nachfolger. Denn Uli Hoeneß dachte da im Plural: Für einen allein wären seine Fußstapfen zu groß.
Es sei »ziemlich unikatisch«, was er als Bayern-Manager abgeliefert habe, urteilte er einmal, was auch heißen sollte, dass das riesige Spektrum seiner Tätigkeiten von einem allein nicht mehr bewältigt werden könnte. Mindestens zwei Nachfolger seien nötig: einer fürs Sportliche, und einer fürs Wirtschaftliche. Für die sportliche Hoeneß-Nachfolge wurden lange Zeit verschiedene Namen kolportiert, am intensivsten die von Oliver Kahn und Mehmet Scholl. Schließlich wurde aber zum 1. Juli 2009 einer als Sportdirektor und designierter
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