Das Prometheus Projekt
über sich ergehen und blickte ihn neugierig an, aber sie sprach kein Wort. Adrian brach schließlich das Schweigen.
„Wie heißen Sie?“, fragte er wie beiläufig. Sein Mund war staubtrocken und seine Stimme bebte.
Sie antwortete nicht.
„Ich bin Doktor Sykes“, sagte er.
Keine Antwort.
„Wissen Sie, welchen Tag wir heute haben?“
Er bewegte die Hand vor ihrem Gesicht hin und her. „Wie viele Finger halte ich hoch?“
Ihre Augen folgten der Bewegung seiner Hand.
„Können Sie mich verstehen?“ Er wagte kaum, in diese Augen zu blicken und versuchte sich einzureden, dass die Ähnlichkeit zwar verblüffend, aber nicht mehr als ein unglaublicher Zufall war.
„Haben Sie Schmerzen?“, versuchte er es noch einmal. Da waren nur ihre großen braunen Augen. Adrian biss sich auf die Unterlippe, bis es schmerzte.
„Können Sie sich daran erinnern, was passiert ist? Sie hatten einen Autounfall.“
Sie zeigte keine Reaktion. Möglicherweise litt sie an einerretrograden Amnesie. Dann konnte sie sich nicht mehr an Ereignisse vor dem Unfall erinnern.
„Ich muss Sie röntgen. Vermutlich haben Sie nur eine Gehirnerschütterung, aber ich will mir Gewissheit verschaffen, dass Sie keine inneren Verletzungen haben.“
Er blickte sie einen Moment fragend an. „Einverstanden?“
Sie antwortete noch immer nicht. Plötzlich streckte sie den Arm aus und tastete nach seiner Hand. Erschrocken spürte Adrian ihre warmen Finger auf seinem Unterarm. Die Berührung ihrer Finger hatte eine neue Überladung seiner Sinne zur Folge. Als sei ein Geist durch ihn hindurch gegangen. Vorsichtig nahm er ihre Hand und legte sie zurück auf die Liege. Der Versuch zu lächeln strengte seine Muskeln so sehr an, dass seine Mundwinkel zu zerreißen drohten.
„Ich komme gleich wieder“, sagte er.
Adrian stand auf und ging hinüber in den Nebenraum, in dem das Röntgengerät stand. Er hatte es seit einem Jahr nicht mehr benutzt, aber er war sicher, dass es noch einwandfrei funktionierte. Er schaltete das Gerät ein und wartete, bis es betriebsbereit war. Dann kehrte er in das Behandlungszimmer zurück. Die Liege war leer. Die Fremde stand hinter dem Schreibtisch und blickte auf den Bildschirm des aufgeklappten Laptops. Adrian sah das blaue Flackern schnell wechselnder Bilder auf ihrem Gesicht. Ihre Pupillen wanderten im Takt dazu hin und her, die Lippen bewegten sich lautlos. Jack saß dicht neben ihr auf dem Boden und hechelte zufrieden.
Adrian ging um den Schreibtisch herum. Christinas Doppelgängerin schien ihn nicht zu bemerken, sie war vollkommen in der Betrachtung der flimmernden Bilder versunken. Er warf einen Blick auf den Computerbildschirm. Der Laptop zeigte mit rasender Geschwindigkeit Bilder und Texte an und wechselte so schnell die Webseiten wie ein Stroboskoplicht. Dazwischen öffneten sich Masken und Fenster, die Adrian noch nie gesehen hatte und füllten sich mit Zahlenkolonnen. Wie konnte sie aus dem kleinen Laptop eine solche Leistung herausholen?
Er schaute auf ihre Hände und bekam eine Gänsehaut. Sie benutzte weder Tastatur noch Maus, stand einfach nur da und starrte auf den Bildschirm, als ob der Computer ein unheimliches Eigenleben entwickelt hatte.
„Was tun Sie da?“, fragte er. Seine Hand deutete hilflos auf den Laptop. „Haben Sie den Computer eingeschaltet?“
Sie zeigte keine Reaktion. Hier ging etwas vor, was er nicht verstand, das eigentlich nicht sein konnte, und das machte ihn hochgradig nervös. Er streckte die Hand aus und klappte den Deckel des Laptops zu, damit der Spuk ein Ende fand.
Es wirkte. Langsam drehte sie ihm das Gesicht zu. Einen kurzen Augenblick lang verspürte Adrian die irrationale Angst, sie verärgert zu haben. Vielleicht hatte er ja einem Alien vom Planeten Xpflt Unterschlupf gewährt, der die DNA seiner toten Frau wieder zusammengebastelt hatte und ihm nun das Hirn aus dem Kopf saugen würde.
Sie versuchte zu sprechen. Es schien sie ungeheuer anzustrengen, ein Wort zu formen.
Ihre Lippen zitterten.
„Iiiiiiiiiif“, sagte sie plötzlich. „Iiiiiiiiiif.“
Adrians Herz wurde eiskalt. Die Stimme! Das war Christinas Stimme!
Ermachte einen unsicheren Schritt in ihre Richtung, aber er wusste nicht, wie er ihr helfen sollte. Verdammt, er wusste ja noch nicht einmal, was mit der Frau los war! Aber in einem Punkt war er sicher: Ihre Sprachbehinderung hatte sie schon länger, sie konnte nicht von dem Unfall heute Nacht stammen.
Sie kam ebenfalls näher und strich sanft
Weitere Kostenlose Bücher