Das Prometheus Projekt
setzte sich schweigend auf einen Hocker und wartete. Nowak begann stockend zu erzählen: „Zum ersten Mal kamen sie vor zwei Jahren zu mir. Sie wussten alles über mich. Sie kannten meine Vorlieben und Abneigungen, wie oft ich mit meiner Frau schlief und wie schlecht das Geschäft lief. Alles, jede Kleinigkeit.“ Nowak hustete und rang nach Luft. „Und sie boten mir Hilfe an“, keuchte er.
„Was war das für eine Hilfe?“
„Finanzieller Art. Ich habe dreihunderttausend Euro Schulden, Dr. Sykes.“ Er lehnte erschöpft den Kopf an die Spüle.
„Wegen Verena, meiner Frau. Ich lernte sie vor vier Jahren kennen. Mein Geschäft lief gut, besser als ich je zu hoffen gewagt hatte. Und plötzlich interessierte sich diese Frau für mich. Sie sah aus wie ein Model. Sie hatte Beine bis zum Kinn, und aus ihren Augen lachte die Sünde.“
„Ihre Familiengeschichte interessiert mich nicht!“
„Ich muss Ihnen das erzählen, damit Sie verstehen, Dr. Sykes.“ Nowak schloss für einen Moment die Augen. Es sah aus, als sei er wieder bewusstlos geworden. Als Adrian aufspringen wollte, schlug Nowak die Augen auf und kam wieder zu sich. „Schauen Sie mich an. Ich bin kein attraktiver Mann. Sie wickelte mich um den Finger. Wenn der Schwanz steht, setzt der Verstand aus. Merken Sie sich das, Dr. Sykes!“
„Weiter“, forderte Adrian ihn auf.
„Mein Beruf schien ihr nichts auszumachen. Die meisten Menschen machen einen Bogen um mich, wenn sie hören, dass ich Bestatter bin. Verena nicht. Ich war verliebt wie ein Teenager und dankte Gott auf den Knien, dass ich dieser Frau begegnet war. Ich wollte ihr ein gutes Leben bieten, schließlich konnte ich es mir leisten.“ Er schüttelte traurig den Kopf. „Ich war ein solcher Narr!
Nowaks große Liebe kostete ihn ein Vermögen, und aus Angst, sie könne seiner überdrüssig werden, finanzierte er ihren immer aufwändiger werdenden Lebensstil.
„Die Reisen, der Sportwagen, das große Haus, am Ende war es zu viel. Die Lawine war nicht mehr zu stoppen. Ehe ich mich versah, saß ich auf einem Schuldenberg.“
Nowak setzte die Wasserflasche an und trank gierig, es schien ihm gut zu tun. „Ich wusste nicht mehr ein noch aus, als ein Mann auftauchte, ein Amerikaner.“
„Wie hieß der Mann?“
Nowak lachte glucksend. „Glauben Sie vielleicht, er hätte sich vorgestellt? Er bot mir ein Geschäft an, bei dem ich gut verdienen konnte. Ich hörte ihn an, hielt ihn für einen Aufschneider und warf ihn raus. Aber als ich zwei Tage später über meinen Kontoauszügen brütete, hatten sich meine Schulden um zwanzigtausend Euro verringert. Es gab keine Überweisung oder Bareinzahlung, aber irgendwie hatten sie die Konten manipuliert. Jemand, der so etwas kann, hat Macht, Dr. Sykes.“
Einen Tag später erhielt Nowak ein Anruf. Der Mann bat ihn um ein zweites Treffen. „Er sagte, ich solle die zwanzigtausendals eine Art Anzahlung sehen.“
„Was hat er von Ihnen verlangt?“
„Im Grunde nicht viel. Er hat mich für mein Schweigen bezahlt. Er sagte, ich solle mich bereithalten, am 16. September in der Robert-Koch-Klinik eine Leiche abzuholen.“
„Christina“, sagte Adrian dumpf.
Nowak nickte. „Ihre Frau.“
„Wann bekamen sie den Auftrag dazu?“
Nowak überlegte. „Ein paar Tage vorher. Es muss Montag oder Dienstag gewesen sein.“
Adrians Gedanken überschlugen sich. Wenn Nowak bereits Tage vor Chrissys Tod informiert war, dass sie sterben würde, traf ihn keine Schuld. Ihr vermeintlicher Tod musste von langer Hand geplant worden sein!
„Was geschah dann?“, fragte Adrian mit rauer Stimme. Sein Hals war plötzlich trocken wie Sandpapier.
„Ich holte ihre Frau wie vereinbart in der Klinik ab.“
„Wie sah sie aus?“
Nowak sah ihn verständnislos an, bis er begriff. „Sie sprechen von dem Feuer im Keller des Krankenhauses?“ Nowak seufzte. „Ihre Frau wies keinerlei Spuren eines Brandes auf, wenn Sie das meinen.“
„Also lebte sie?“
„Dr. Sykes“, sagte Nowak mühsam, als bereite ihm das Sprechen Probleme. „Sie haben mir diese Frage schon einmal gestellt. Auch wenn ich Sie damals belog, habe ich in einem Punkt die Wahrheit gesagt.“
Er machte eine Pause, um die Wirkung seiner Worte zu unterstreichen. „Ich habe in meinem Leben eine Menge tote Menschen gesehen. Glauben Sie mir, ihre Frau war so tot, wie einMensch nur sein kann!“
Adrian sprang auf. Es konnte nicht sein! Er fühlte, dass es nicht so war! Eve war der lebendige Beweis
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