Das Prometheus Projekt
Mehrere Sektenmitglieder schauten auf. „Alles in Ordnung“, sagte Miriam schwach. „Ich war nur … etwas ungeschickt.“
Mit einer schnellen Bewegung schob ihr Melanie ihren eigenen Pudding hin. Miriam seufzte tief und zwang das geschmacklose Zeug in sich hinein.
Am nächsten Morgen konnte sie sich nicht mehr erinnern, wie sie ins Bett gelangt war. Als sie erwachte, fühlte sie sich besser. Ihr Kopf war klar. Sie hatte leichte Kopfschmerzen, aber die Kraft war in ihren Körper zurückgekehrt. Miriam stand auf und ging in das winzige Badezimmer hinüber, um sich zu waschen. Das kalte Wasser auf ihrer Haut weckte ihre Lebensgeister. Und da überfiel sie die Erkenntnis wie ein Schlag: Der Schokoladenpudding! Sie hatteihn die ganze Woche über jeden Abend gegessen, auch gestern Abend. Aber gestern Abend hatte sie Melanies Pudding in sich hineingezwängt, einen Pudding, der nicht für sie bestimmt gewesen war! Konnte es sein, dass sie irgendetwas hineingemischt hatten, um sie gefügig zu machen? Um ihren Widerstand zu brechen? Rasch zog sie sich an und kehrte in ihr Zimmer zurück. Melanie war bereits unterwegs zum Speisesaal.
Durch einen Riss in der Matratze gelangte sie an ihr Versteck. Das Händy-Dings war verschwunden! Panisch suchte sie nach dem USB-Stick, bis ihr einfiel, dass sie ihn an einem Bindfaden hinter den Kleiderschrank gehängt hatte. Mit klopfendem Herzen stieg sie auf einen Stuhl und tastete nach dem Faden. Er war noch unversehrt. Ihre Finger schlossen sich um den Speicherstick. Sie beschloss, ihn fortan immer bei sich zu tragen, wie Andi es ihr geraten hatte.
Als sie auf den Gang hinaustrat, fiel heller Lichtschein durch die hohen Fenster. Mit einer bösen Ahnung im Herzen blickte sie hinaus. Das Baugerüst war verschwunden. Offenbar hatten die Maler ihre Arbeit gestern beendet. Das Handy war weg und mit ihr die einzige Möglichkeit, Andi zu erreichen. Das einzige, was ihr geblieben war, waren die Daten aus dem Computer des Täufers und ein Zettel mit einer Telefonnummer der Selbsthilfegruppe, unerreichbar für sie.
„Miriam?“ Sie wandte sich erschrocken um. Die Seelenhüterin kam auf sie zugeeilt. „Der Täufer will dich sehen! Du erhältst die Ehre, einen Auftrag für ihn auszuführen. Gideon wird dich begleiten!“
Miriams Herz blieb einen Moment stehen. Wie sollte sie aus dieser Falle herauskommen?
24 Nowaks Schlaf
24
Nowaks Schlaf
Adrian trat aus der Hütte und lief auf dem Steg auf und ab. Konnten Menschen so grausam sein? Er starrte in das schwarze Wasser des Sees. Ja. Das konnten sie. Was machte man mit einem Testprogramm, mit einer Betaversion? Man sorgte dafür, dass die Zugangsberechtigung nach einer angemessenen Frist ablief!
So unvorstellbar dieser Gedanke auch war: Wenn Eve überleben sollte, musste er sie Wilson zurückbringen!
Adrian legte den Kopf in den Nacken und blickte in den wolkenverhangenen Himmel.
„Okay“, sagte er. „Lass uns mit diesen verdammten Wetten aufhören. Mir wird der Einsatz zu hoch!“
Der Wind frischte auf und wehte eine klamme Brise vom See heran. Er nahm es als gutes Zeichen. Seine Armbanduhr zeigte 20:28 Uhr an. Wieviel Zeit blieb ihm, um Eve zu retten, bevor ihr Cyborg-Gehirn versagte? Adrian brauchte Hilfe, und dazu musste er sich jemandem anvertrauen.
Vielleicht konnte ihm Dr. Heiner Brandt helfen. Er hatte seit zwei Jahren keinen Kontakt mehr zu Brandt und war sich nicht sicher, ob er ihm vertrauen konnte. Brandt war kein Experte für Kybernetik, aber ein brillanter Kopf, offen und aufgeschlossen für neue Ideen, und wahrscheinlich Eves einzige Chance. Auf jeden Fall würde Adrian niemals ihr Versteck erwähnen, bis er absolut sicher war, dass Brandt auf seiner Seite stand.
Außerdemmusste er mehr über die Vorgänge in Jansons Klinik herausfinden. Und er wusste bereits, wo er den Hebel ansetzen würde. Aber das war sein Plan vor einer Stunde gewesen – ein Plan, der Zeit erforderte, Zeit, die er nun nicht mehr hatte.
Im Vorratsraum neben der Hütte fand er einen Motorradhelm, außerdem ein leicht angerostetes Jagdmesser, eine schwache Waffe, aber besser als nichts. Er setzte den Helm auf und schob das Motorrad aus dem Schuppen. Nach ein paar Versuchen stieß die Honda eine Qualmwolke aus und sprang hustend an. Adrian legte den ersten Gang ein und fuhr in die Nacht hinaus.
Eve kauerte auf dem Steinboden vor dem Kamin und presste die Hände an die Schläfen. Sie hatte noch immer Fieber, aber sie war wieder bei
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