Das Prometheus Projekt
sie auf Jack.
„Rufen Sie den Hund zurück!“, befahl er kalt. Jack hatte den Amerikaner in eine Ecke gedrängt.
„Was ist in dem Schuppen?“, brüllte Schmidtbauer. Adrian sah hilflos zu, wie Windhagen die Hintertür aufstieß und sich am Riegel der Stalltür zu schaffen machte.
Er drängte sich an dem Polizisten vorbei und zog den kläffenden Hund am Halsband zurück.
„Mitkommen“, befahl der Amerikaner. „Und sperren Sie endlichdieses Vieh ein!“
Adrian schob Jack in die Küche und schloss die Tür. Windhagen hatte inzwischen die Stalltür geöffnet. Auf dem Hof waren mehrere Beamte versammelt, die Zufahrt über die Brücke von drei Polizeiwagen versperrt.
Einer der Polizisten folgte Windhagen und leuchtete den Stall mit einer starken Taschenlampe aus. „Da führt eine Leiter auf den Heuboden!“, rief er.
Adrian betrat hinter dem Amerikaner den Stall. Der Uniformierte kletterte die Leiter empor und brach durch eine morsche Sprosse. Erschrocken klammerte er sich an die Leiter.
„Wie wär’s, wenn Sie uns einfach sagen, wen wir dort oben finden, Dr. Sykes?“ Der Amerikaner grinste überlegen.
Adrian schwieg. Alles war umsonst gewesen. Er machte sich bereit zu kämpfen. Was diese Leute mit Sicherheit nicht wussten, war die Tatsache, dass Adrian eine Sonderausbildung der US-Army absolviert hatte. Auch wenn seine aktive Zeit einige Jahre zurück lag, war er sicher, mit Schmidtbauers Truppe fertig zu werden.
Der Polizist überwand die gebrochene Sprosse und verschwand auf dem Heuboden. Kurz darauf tauchte sein Kopf wieder am Rand des Bodens auf. „Hier oben ist niemand!“, rief er herunter.
Der Amerikaner fluchte leise und ergriff den Holm der Leiter, aber offenbar konnte er mit seiner Behinderung nicht nach oben klettern.
„Vielleicht hat er die Wahrheit gesagt, Mr. Wilson!“, meinte Windhagen an den Amerikaner gewandt.
Adrian wurde blass. Plötzlich wusste er, warum ihm dieser Mannso bekannt vorgekommen war. Brad Wilson verwandelte sich vor Adrians Augen in einen hasserfüllten zwölfjährigen Jungen, der ihn vor dreiundzwanzig Jahren in der Kiesgrube seiner Heimatstadt Mayville beinahe zu Tode gehetzt hatte.
Brad Wilson grinste höhnisch im Halbdunkel des Schuppens. Adrian zuckte mit dem Augenwinkel. Eine scharfe Ecke des Röntgenbildes unter seinem Pullover stach in seine Rippen. Das Bild war alles, was ihm von Eve geblieben war.
6 Der Dämon
6
Der Dämon
Wildenberg presste mit aller Kraft die Faust zusammen und verstärkte dadurch den Schmerz. Die körperlichen Qualen waren der einzige Weg, um das Böse fernzuhalten. Es lauerte überall auf ihn, im hellen Tageslicht des Pfarrgartens ebenso wie in den dunklen Ecken der abendlichen Kirche und in den Schatten der Grabreihen draußen auf dem Friedhof. Es gab Nächte, in denen die Versuchung wie ein lebendiges Wesen um sein Bett schlich. Weihwasser und gesegnete Orte wie dieses Gotteshaus hielten das Böse nicht auf. Das waren Ammenmärchen, die nur für einen Hollywoodfilm taugten. Wildenberg wusste es besser. Nur sein unerschütterlicher Glaube und sein an Besessenheit grenzender Vorsatz, Luzifer hier und überall zu jeder Zeit zu bekämpfen, hielten die Dämonen auf Armeslänge fern.
Für einen Priester mit eigener Pfarrei war er noch jung an Jahren, gerade achtundzwanzig. Doch seine tiefe Überzeugung wog die Unerfahrenheit auf. Gott hatte ihn mit einer Mission beauftragt: Er war auserkoren, den Kampf gegen den ewigen Widersacher der Kirche aufzunehmen, er war ein Streiter Gottes.
Noch stärker drückte er die Schnur zusammen, bis dicke Blutstropfen zwischen seinen Fingern hervorquollen. Kein gewöhnlicher Rosenkranz lag in seiner Faust. In die Gebetsschnur mit den Holzperlen waren Stahldornen eingearbeitet, scharf und spitz wie Stacheldraht. Wildenberg warsicher, dass der Teufel feige war und den Schmerz mied, so wie er überhaupt alle Untugenden besaß. Mit den Qualen, die Wildenberg sich selbst zufügte, bewies er einmal mehr seine unverrückbare Überzeugung, dass ihn die eiserne Härte gegen sich selbst zu Gottes Krieger machte, dem die Macht des Bösen nichts entgegenzusetzen hatte.
Er sprach ein stilles Gebet. In dieser Nacht war die Versuchung ganz nah bei ihm. Und so oft er die Gedanken an jene Frau verdrängte, so oft kehrten sie zurück, stärker und leidenschaftlicher als zuvor. Gegen seinen Willen spürte er das Verlangen in sich wachsen, und das nicht nur bildhaft. Seine Hose wölbte sich peinlich vor.
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