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Das Prometheus Projekt

Das Prometheus Projekt

Titel: Das Prometheus Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker C Dützer
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Mit Entsetzen stellte der junge Priester fest, wie tief der Dämon bereits in seinen Leib eingedrungen war.
    Sie war schön. Schöner und verheißungsvoller als alle Lust des Himmelreiches es sein konnte. Ihr ebenmäßiges, von blondem Haar umrahmtes Gesicht stahl sich immer wieder in seine Gedanken. Wildenberg hatte das herausfordernde Funkeln in ihren blauen Augen mehr als einmal bemerkt, wenn sie zur Messe kam. Sie verwandelte die Heilige Kommunion regelmäßig in ein erotisches Spiel. Und er brauchte nur einen Blick in ihre Augen zu werfen, um zu erkennen, dass sie sich dieses Spiels nur allzu bewusst war.
    Pure Sünde.
    Wildenberg trieb seine Handfläche tiefer in die Dornen des Rosenkranzes. Sie war ein Sukkubus, er war zutiefst überzeugt davon. Mochte die Kirche unter dem Druck der modernen Gesellschaft die Vorstellungen von Dämonen und Buhlteufeln heute ablehnen, für ihn gehörten sie zur realen Welt wie der Messwein im Kelch der heiligen Kommunion.
    Wildenbergbohrte seine Knie in den kalten Steinboden der Kirche und presste mit aller Kraft den Rosenkranz zusammen, bis der Schmerz so unerträglich wurde, dass er keuchend aufsprang und nach Luft schnappte. Zornig suchte er den Gegner, um sich mit ihm zu messen, seine Wut und sein Verlangen an ihm auszulassen, aber Satan blieb wie immer unsichtbar.
    Das Schlagen der Außentür im Hauptportal der Kirche hallte durch die Stille. Die milchige Abdeckplane, die den vorderen Teil der Kirche von der Apsis trennte, raschelte leise und erzeugte ein geisterhaftes Echo. Seit einer Woche war die Kirche tagsüber eine laute und geschäftige Baustelle. Wasser drang durch das Dach des linken Seitenschiffes und ließ die Balken des Pultdaches faulen. Große Stücke des Innenputzes hatten sich gelöst und drohten in die Tiefe zu stürzen.
    Pfarrer Wildenberg drehte sich überrascht um und kniff die Augen zusammen. Ohne Brille konnte er im Halbdunkel des Kirchenschiffs nur schlecht sehen. Er zog ein Taschentuch aus der Hosentasche und wickelte es fest um seine verletzte Hand.
    Unter der Empore nahe dem Eingang stand eine hochgewachsene Gestalt. Wildenberg tastete nach seiner Brille, setzte sie umständlich auf und warf einen verwunderten Blick auf seine Armbanduhr. Es war viertel nach zehn. Zu dieser späten Stunde verirrte sich normalerweise nur sehr selten ein Trostsuchender in seine Kirche. Andere Pfarreien hielten um diese Uhrzeit ihre Gotteshäuser geschlossen, nicht so Pfarrer Wildenberg. In seinem brennenden Missionseifer war er stets ansprechbar für seine Schäfchen.
    Die Gestalt hatte ihn gesehen, schob die Bauplane zur Seite und kam langsam näher. Ein leichtes Unbehagen erfasste Wildenberg, als der Mann durch den Mittelgang auf ihn zukam. Er war sehr groß und kräftig, ein Abbild des biblischen Goliaths. Sein blondes Haar war so kurz geschnitten, dass die Kopfhaut durchschimmerte. Das kantige Gesicht strahlte eine seltsame Aura aus, seine Bewegungen wirkten linkisch und ungeschickt.
    „Kann ich Ihnen helfen?“, fragte Wildenberg. Seine Stimme hallte verloren in der leeren Kirche.
    Der Mann antwortete nicht. Er blieb stehen und legte den Kopf schief, als höre er schlecht. Wildenberg drehte sich irritiert um, denn der Riese schien nicht ihn, sondern das lebensgroße Kruzifix hinter dem Altar zu betrachten.
    Der Pfarrer beschloss, sein Unbehagen zu überwinden und auf den Mann zuzugehen. Er zählte sich nicht zu den Geistlichen, die einem unbequemen Gespräch über Gott aus dem Weg gingen.
    Je näher er dem Mann kam, desto winziger fühlte er sich mit seiner geringen Größe von ein Meter fünfundsechzig. Er lächelte und faltete die Hände vor der Brust.
    „Sie sehen aus, als hätte Sie eine Last auf Ihrer Seele hierher geführt. Vielleicht möchten Sie beichten?“
    Der Riese löste seinen Blick vom gekreuzigten Jesus und schaute Wildenberg an. “Seele. Ja“, sagte er.
    Der Pfarrer war unsicher. Erst jetzt fiel ihm auf, dass der Mann Kleidung trug, die ihm nicht passte. Sein schwarzes T-Shirt war mit rostbraunen Flecken übersät, die wie getrocknetes Blut aussahen. Darüber trug er eine Regenjacke, derenÄrmel zu lang waren und die Hände halb bedeckten. Seine Hände! Der Mann hatte sie zu lockeren Fäusten geballt, so dass Wildenberg seine Fingerspitzen nicht sehen konnte. Trotzdem hatte er den Eindruck, dass sie auf eine schwer zu beschreibende Art und Weise deformiert waren.
    „Nun, wenn Sie beten möchten, lasse ich Sie jetzt alleine.“ Wildenberg

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