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Das Prometheus Projekt

Das Prometheus Projekt

Titel: Das Prometheus Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker C Dützer
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breit, was seinen kahlen Kopf einem Totenschädel noch ähnlicher machte. „Im Ernst, Edgar, übergib Windhagen den Fall. Unsere Zeit läuft ab. Die Jungen wollen schließlich auch mal ran. Denk daran, wie heiß wir damals waren, einen solchen Fall zu bearbeiten.“
    Sehner seufzte. „Wir waren unerfahren und noch nicht trocken hinter den Ohren.“
    Engelmann legte die Skalpelle in das Desinfektionsgerät. „Du glaubst, Windhagen ist mit der Sache überfordert?“
    Sehner zuckte mit den Schultern. „Zu viele Paragraphen, zu wenig Fantasie.“
    Engelmann trocknete sich die Hände ab. „Und ich frage mich, ob du vielleicht nicht loslassen kannst“, sagte er nachdenklich.
    Deralte Kommissar antwortete nicht und starrte auf die nackten Füße des Mädchens, die unter dem grünen Laken hervorlugten.
    Eines Tages hängt an meinem großen Zeh auch so ein Zettel , dachte Sehner schaudernd.
    „Nein, wirklich“, sagte Engelmann. „Du solltest schon längst zu Hause sein, in deinem Lieblingssessel sitzen und dir von Edith ein kaltes Bier bringen lassen.“
    Sehner stierte ins Leere. „Edith hat Krebs!“
    Engelmann drehte sich erschrocken um. „Seit wann weißt du das?“
    Sehner schloss die Augen und lehnte den Hinterkopf an die Wand. „Seit ein paar Tagen.“
    „Und was sagen die Ärzte?“
    „Sie hat einen Knoten in der Brust. Aber es gibt Hoffnung. Das behaupten sie zumindest.“
    „Um eine Chemotherapie wird sie nicht herumkommen“, murmelte Engelmann erschüttert.
    „Sie wird in drei Tagen operiert.“
    „Ein Grund mehr für dich, hier zu verschwinden. Morgen hast du den Bericht auf deinem Schreibtisch. Das ist früh genug.“ Engelmann knöpfte seinen Kittel auf.
    Sehner gab sich einen Ruck. „Ich habe das Gefühl, uns läuft die Zeit davon.“
    Engelmann nickte zustimmend. „Wem sagst du das?“ Er fuhr sich mit der Hand über den kahlen Schädel.
    Sehner schüttelte den Kopf und trat an den Seziertisch heran. „Ich meine nicht uns beide. Lass uns nicht darum herum reden, Walter. Das ist ein verdammt merkwürdiger Fall; der sonderbarste, mit dem ich in meiner Dienstzeit zu tun hatte. Ich will wissen, was hier vorgeht!“
    Engelmann gab sich geschlagen. Er kannte Sehner lange genug. Sein Freund würde keine Ruhe geben, bis er das Ergebnis der Obduktion kannte.
    „Zuerst der Obdachlose“, drängte Sehner.
    Engelmann führte ihn in den Nebenraum, öffnete eins der Kühlfächer und zog die Bahre heraus.
    „Willst du dir das wirklich antun?“, fragte er abwartend.
    Sehner nickte stumm.
    Engelmann schlug das Laken zurück. Sehner biss die Zähne zusammen und schluckte. Der alte Mann sah schrecklich aus. Seinen Zügen fehlte der Frieden, der den meisten Verstorbenen inne wohnt. Engelmann hatte die schreckliche Wunde mit groben Stichen zusammengenäht, trotzdem war das gezackte Loch in der Brust des Stadtstreichers ein entsetzlicher Anblick.
    „Er hat ihm das Herz herausgerissen“, begann Engelmann.
    Sehner schob die Unterlippe vor. „Kann man das überhaupt? Ich meine, dazu braucht man normalerweise ein scharfes Werkzeug.“
    Engelmann nickte. „Aber er hat keines benutzt. Weder ein Messer noch ein anderes Werkzeug, das ähnliche Spuren hinterlässt. Mit dem Taschenmesser, das wir am Tatort gefunden haben, hat er nur das Brustbein durchtrennt.“
    Engelmann fuhr sich mit der Hand über den Schädel, was er immer tat, wenn er angestrengt nachdachte. „Wenn ich nicht die Zeugenaussage gelesen hätte, würde ich sagen, ein wildes Tier hat ihn angefallen. Siehst du die ausgefransten Wundränder?“
    Sehner beugte sich vor, um besser sehen zu können.
    „Solche zerfetzten Ränder sind typisch für den Angriff einer großen Raubkatze.“
    „Wir wissen aber, dass der Täter ein Mensch war.“
    „Ja, das wissen wir“, murmelte Engelmann abwesend. Nach einer Weile fragte er: „Wie verlässlich ist der Junge?“
    „Du glaubst ihm nicht?“
    „Was ich hier sehe, deckt sich nicht mit der Zeugenaussage. Das ist alles.“
    „Mmm“, brummte Sehner. „Und eine andere Erklärung?“
    Engelmann zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine.“
    Sehner wandte sich von dem Toten ab und wanderte zum Fenster hinüber. Draußen war es dunkel geworden. Kalter Nieselregen lief in dünnen Bahnen an der Scheibe herab. „Warum hat Hakan solch entsetzliche Angst gehabt?“
    Engelmann schnaufte durch die Nasenlöcher. „Wer hätte das nicht in so einer Situation?“
    „Schon“, gab Sehner zu. „Er hat einen Mord

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