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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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Jungen nähren wollte.
    Das Gesicht des Mannes, als er von glühenden Zangen zerrissen wurde, war dem Bürgermeister damals noch lange in seinen Träumen erschienen. Er fand es angemessen, dessen Namen anzunehmen, nachdem nun die tatsächliche Rettung eines Knabens ihn erlöst hatte.
    Ausgestattet mit neuem Namen, neuen Kleidern und einem Jahressalär von immerhin dreißig Talern hatte er ein Zimmer in der Garnison vor der Altstadt bezogen. Gott hatte ihm die Chance gegeben, Buße zu tun und wieder auf rechten Pfaden zu wandeln.
    Und dafür war er dankbar.

79
    Am frühen Morgen, kurz nach sechs Uhr, erreichten wir den Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe. Wir hatten während der Fahrt abwechselnd geschlafen und waren vollkommen übermüdet. Mein Nacken war steif, und meine Beine schmerzten. In einem Café am Bahnhof tranken wir Kaffee mit Extra-Shots. Ich aß dazu ein Croissant mit Schinken und Käse. Julia verzichtete auf das Frühstück.
    Wir hatten vor, noch am Vormittag zum Herkules-Denkmal zu fahren. Nach kurzer Zeit ging ich zum Mann am Verkaufstresen und fragte, ob es weit bis dorthin sei.
    Er erklärte, dass der Bahnhof direkt an der Wilhelmshöher Allee lag, an deren Ende über der Stadt der Herkules thronte. »Mit dem Auto keine Viertelstunde, zu Fuß aber ist es ein Marsch von acht Kilometern bergauf! Aber ist es nicht ein wenig früh für Sightseeing?« Dann griff er nach einer Zeitung, die vor ihm lag, und deutete auf einen kleinen Artikel auf der Titelseite. »Viel wird auch nicht mehr zu sehen sein. Die Statue wird renoviert. Hier steht, dass sie bereits begonnen haben, sie einzurüsten!«
    Ich nahm die Zeitung und erkannte auf einem kleinen Foto die Figur des Herkules. Aus der Tasche kramte ich fünfzig Cent und legte sie dem Mann hin. Dann kehrte ich zu Julia zurück, die an einem der einfachen Bistrotische auf mich gewartet hatte.
    Gemeinsam lasen wir den Artikel. Wir erfuhren, dass eine Stiftung kurzfristig Mittel für eine millionenschwere Sanierung des Denkmals freigegeben hatte. In diesen Tagen sollten die Einrüstungsarbeiten abgeschlossen werden. »Unsere Gäste werden für einige Zeit auf den Anblick des Herkules verzichten müssen, dafür wird er nach den Arbeiten schöner und stärker als je zuvor erstrahlen!«, kündigte der Vorsitzende des Bauausschusses in dem Artikel an. Während der Sanierungsarbeiten sollten Besucher jedoch die Möglichkeit haben, das Baugerüst zu betreten. »Es ist Pflicht, einen Helm zu tragen. Dieser kann geliehen oder für fünf Euro als Souvenir erworben werden«, wurde der Leiter der Kasseler Museumslandschaft zitiert.
    Julia sah mich nachdenklich an. »Glaubst du, das ist Zufall, dass die den Herkules gerade jetzt renovieren?«
    Ich schnaufte. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Einfluss von denen so weit geht, dass die nun auch noch Hals über Kopf den Herkules sanieren können.«
    »Ich weiß nicht«, meinte Julia und schüttelte sich. Ihr war kalt vor Müdigkeit.
    »Wollen wir mit dem Taxi hinauffahren oder zu Fuß gehen?«, fragte ich. »Es geht bergauf, zu Fuß brauchen wir bestimmt zwei Stunden.«
    Bei den letzten Worten verzog Julia das Gesicht; offenbar hatte sie keine große Lust auf einen Fußmarsch. Dennoch erklärte sie: »Wir sollten das Geld für das Taxi sparen. Zudem ist es besser, wenn niemand weiß, wo wir hinwollen.«
    Ich gab ihr recht und biss in mein Croissant. Plötzlich fiel mein Blick auf eine Reihe von Münztelefonen. »Ich bin gleich wieder da«, sagte ich zu Julia und steuerte eines der Telefone an.
    Ingrids Nummer kannte ich mittlerweile auswendig. Ich wählte sie und wartete, dass Ingrid sich meldete. Seitdem wir entdeckt hatten, dass sie mit Geburtsnamen Bessler hieß, hatten wir nur wenig Gelegenheit gehabt, darüber nachzudenken. Doch während der langen Zugfahrt war mir der Gedanke gekommen, dass Ingrid möglicherweise mehr wusste, als sie uns bislang gesagt hatte; ich hatte sogar begonnen, daran zu zweifeln, auf welcher Seite Ingrid in dieser ganzen Geschichte stand. Ich hatte meine Karriere für sie geopfert und konnte jetzt die Ungewissheit nicht länger ertragen: Hatte sie mich irgendwie reingelegt? Oder verdächtigte ich sie zu Unrecht? Es war früher Morgen, eine gute Zeit, um sie zu Hause zu erreichen.
    Sie ging jedoch nicht ans Telefon. Ich schaute auf die Uhr. Es war immer noch nicht halb sieben. Vielleicht machte sie ihre morgendliche Runde durch den Betrieb. Von unserem Aufenthalt wusste ich, dass um diese Zeit die

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