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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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Satzzeichen waren die einzelnen Sätze jeweils durch Gedankenstriche getrennt. Und immer wieder waren französische oder lateinische Wörter in den Text eingestreut.
    Der Inhalt enthielt seitenlange Schimpftiraden des Verfassers. Offensichtlich galten sie den Personen, die sich seinerzeit über seine Erfindung eines Perpetuum mobile lustig gemacht hatten. Nach einiger Zeit legte ich die Bücher gelangweilt zur Seite und setzte mich wieder an meinen Computer.
    Laut den Webseiten zu Orffyreus gab es ja noch ein drittes Buch, und nach einiger Suche im Internet fand ich eine digitalisierte Version davon. Das Triumphirende Perpetuum mobile enthielt in einer zweiten Spalte neben dem deutschen Text sogar eine komplette lateinische Übersetzung. Der Verfasser beschrieb hier tatsächlich die Erfindung des Perpetuum mobile in vielen Details und listete Orte auf, in denen er es vorgeführt hatte. Das Buch enthielt auch den Abdruck von Zertifikaten, mit denen die jeweiligen Unterzeichner nach eingehenden Prüfungen die Echtheit des Perpetuum mobile bestätigen sollten. Zudem waren darin detaillierte Zeichnungen des Perpetuum mobile abgedruckt – allerdings ohne, soweit ich es verstand, die genaue Mechanik zu verraten.
    Eine Grafik fiel mir besonders auf. Sie sah aus wie eine stilisierte Zeichnung eines Triebwerks. Es handelte sich um die Darstellung eines Kreises, in dem sich drei kegelförmige Gebilde befanden. Von der Kreismitte aus breiteten sie sich jeweils im gleichen Abstand voneinander bis zum Rand aus. Der Raum zwischen diesen Kegeln war mit Abertausenden schwarzen Punkten gefüllt.
    Insgesamt erinnerte mich das Zeichen stark an das Warnschild für Radioaktivität. Durch eine weitere Internetrecherche erfuhr ich, dass dieses bekannte schwarze Symbol auf gelbem Untergrund erst 1946 an der University of Barkley entwickelt worden war; einen Hinweis auf Bessler oder Orffyreus suchte man hier vergebens.
    Wie kam ein ähnliches Symbol in ein Buch aus dem Jahr 1718? Und was sollte es bedeuten?
    Über der Zeichnung war ein Bibelzitat abgedruckt:
    Matth. XV. v.16
    »SeyD Ihr Dan aVCh noCh VnVerstänDIg
    Wenn ich die Kunst entdeck inwendig/
    So mach der – euch gebändig.«
    Merkwürdigerweise waren einige der Buchstaben in großen Lettern gesetzt. Lange starrte ich diesen Satz an und versuchte ihn zu verstehen.
    Ich suchte im Internet nach einem Bibeltext, fand das Zitat wörtlich aber nicht. Unter Matthäus – Kapitel 15, Vers 16 – befand sich lediglich eine kleine Passage, die mit Unverständige Jünger übertitelt war. Ich vermutete, dass es sich bei der mir vorliegenden Übersetzung um eine andere Übersetzung des Bibeltextes handelte, als sie vor dreihundert Jahren im Umlauf war. Doch irgendetwas an diesem kurzen Bibelzitat erregte meine Aufmerksamkeit, ohne dass ich genau sagen konnte, was es war.
    Nach einigen Stunden legte ich die Buchkopien beiseite. Das Lesen der alten Schriften strengte an, und meine Augen brannten.
    Dafür, dass Orffyreus ein Scharlatan war, hatte er sich unglaublich viel Mühe mit seinen Büchern gegeben. Allein die drei Bücher kamen zusammen auf über dreihundert Seiten, zum Teil hatte er den Inhalt sogar ins Lateinische übersetzt. Auch die Zeichnungen wirkten überaus sorgfältig und fundiert. Solche intellektuellen Kraftakte wollten nicht so recht zu einem bloßen Schaumschläger passen.
    Ich nahm das Päckchen, in dem die Druckplatten verschnürt waren. Ich überlegte, ob ich die Platten nicht selbst noch einmal untersuchen sollte. Vielleicht konnte ich sie sogar mit schwarzer Farbe bestreichen und selbst Abdrucke anfertigen. Dann aber erinnerte ich mich wieder an die Worte der Restauratorin; sie hatte die Metalltafeln als »völlig wertlos« bezeichnet und die Beschäftigung mit ihnen als »Zeitverschwendung« abgetan.
    Ich sah auf die Uhr. Es war kurz vor neun. Am Vormittag hatte mich ein ehemaliger Kommilitone angerufen, den ich lange nicht mehr gesehen hatte. Er wollte sich heute Abend mit mir und ein paar anderen alten Freunden treffen, und ich hatte ihm zugesagt. Rasch zog ich mich an, und da es ein milder Abend war, beschloss ich, zu Fuß zu gehen.
    Wir zogen von Kneipe zu Kneipe; und als ich mich wieder, nicht ganz nüchtern, auf den Nachhauseweg machte, war es bereits sehr spät. Ich spazierte durch nahezu menschenleere Straßen, in denen nichts Ungewöhnliches geschah. Nur einmal kam ein Auto heran, das unvermittelt auf meiner Höhe anhielt. Doch nach ein, zwei Momenten gab der

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