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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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arbeiten, was mir einige Entscheidungen abnahm, aber ich besaß immer noch ein abgeschlossenes Physikstudium mit Bestnoten, was mir keiner nehmen konnte. Meine Zukunft würde also irgendwo dort liegen.
    Julia Wall meldete sich eine Woche nach meinem Besuch in ihrer Werkstatt bei mir. Sie berichtete mir am Telefon, sie habe die Platten ihrem Freund im Gutenberg-Museum in Mainz gezeigt. Leider müsse sie mir mitteilen, dass er sie für wertlos hielt. Offensichtlich seien sie erst in heutiger Zeit hergestellt worden – wenn auch mit erstaunlicher Sorgfalt. Dies habe auch ihre erste Einschätzung bestätigt, wonach die Drucktechnik für eine Originalschrift von Orffyreus zu unmodern gewesen wäre. Schließlich habe sie noch einmal recherchiert. Ein dritter Teil der Poëtischen Apologie von Johann Ernst Elias Bessler sei tatsächlich unbekannt. Sie könne sich auch keinen Reim darauf machen, aber zumindest historisch seien die Platten bedeutungslos; offenbar hätte sich jemand einen seltsamen Spaß erlaubt. Ihr Freund hätte empfohlen, die Platten nicht allzu ernst zu nehmen.
    Sie hatte die Platten am Empfang der Staatsbibliothek hinterlegt, und ich holte sie dort ab und hinterließ die Kopien, die sie mir geliehen hatte. Leider sahen wir uns dabei nicht wieder. Das fand ich bedauerlicher als die Nachricht, dass die Platten wertlos waren.
    Obwohl die Sache nach Ansicht der beiden Experten in eine Sackgasse geführt hatte, konnte ich die Geschichte jedoch nicht einfach vergessen. Irgendwer hatte mir diese – wenn auch wertlosen – Platten zukommen lassen; und dafür musste es einen Grund geben. Derjenige musste mir sogar gefolgt sein, denn ich hatte das Bündel ja nicht einfach nur mit der Post erhalten.
    Am nächsten Tag, an dem ich nicht im Seniorenheim erscheinen musste, erwachte wieder meine Neugierde. Am frühen Nachmittag schaltete ich meinen Computer ein und gab bei Google den Namen »Orffyreus« ein. Die Suche brachte tatsächlich einige Treffer. Eine englischsprachige Webseite widmete sich einem Mann, der Johann Elias Bessler geheißen und im achtzehnten Jahrhundert gelebt hatte. Ich lernte, dass er die Buchstaben seines Nachnamens mithilfe eines »Rot-13« genannten Codierverfahrens verschlüsselt hatte. Dabei wurde jeder Buchstabe durch den dreizehn Positionen weiter hinten im Alphabet stehenden Buchstaben ersetzt. Aus dem B wurde so der Buchstabe O, aus dem E ein R, aus zweimal S wurde zweimal F, aus dem L ein Y, aus dem E ein R und aus dem R ein E. Aus Bessler wurde Orffyre. Und da es damals Mode gewesen war, Begriffe und auch Namen in lateinischer Form wiederzugeben, hängte der Mann seinem Namen noch ein »us« an und nannte sich schließlich Orffyreus.
    Also so etwas wie ein Künstlername, dachte ich. Die Webseite berichtete davon, dass dieser Orffyreus berühmt geworden war, weil er seinerzeit behauptet hatte, ein Perpetuum mobile erfunden zu haben. Ich musste laut auflachen. Als Physiker wusste ich, dass ein Perpetuum mobile ein Ding der Unmöglichkeit war. Jeder, der so etwas behauptete, war ein Fantast oder ein Scharlatan. Ich rechnete kurz nach. Kannten die Menschen im achtzehnten Jahrhundert schon die Hauptsätze der Thermodynamik? Wenn ich mich nicht vollkommen irrte, ja. Also war Orffyreus vermutlich sogar ein Betrüger gewesen. Ich ging in die Küche und holte mir einen Kaffee. Ein wenig Enttäuschung fühlte ich in mir aufkommen. Orffyreus selbst entpuppte sich als ähnliches Blendwerk wie die Metallplatten, die ich für wertvoll gehalten hatte.
    Gerade wollte ich die Webseite schließen, als der Begriff »Bessler-Code« meine Aufmerksamkeit erregte. Der Autor der Webseite behauptete, dass Orffyreus einige Bücher geschrieben hatte. Julia Wall hatte mir zwei der genannten Werke mitgegeben, die ich mir kopiert hatte. Das dritte von Orffyreus verfasste Buch hieß Das Triumphirende Perpetuum mobile .
    In diesen Büchern, so die Behauptung im Internet, gebe es einen versteckten Code. Was sonst, wenn nicht die Anleitung zum Bau seines Perpetuum mobile könnte dahinterstecken, mutmaßte die Webgemeinde.
    Ich wurde neugierig. Offensichtlich waren die Blogger im Internet, die daran glaubten, nicht ganz klar im Kopf oder zumindest keine physikalisch gebildeten Menschen.
    Ich griff nach den Kopien der zwei Werke von Orffyreus. Die Bücher waren in denselben kunstvoll geschwungenen Lettern wie der Text auf meinen Druckplatten und für mein ungeübtes Auge daher nicht einfach zu lesen. Anstelle von

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