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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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gedämpfter Stimme.
    »Keine Ahnung; ich habe niemanden gesehen.«
    »Ich meine die Aktion mit dem Besen!«, erklärte sie und grinste spöttisch.
    »Wer weiß, wer hier nachts rumschleicht?«, sagte ich zu meiner Verteidigung.
    »Das war der Geist der Bibliothek«, erwiderte sie mit unheimlicher Stimme und lachte. »Ein Bauarbeiter stürzte beim Bau dieses Gebäudes vom Gerüst und starb. Seitdem wandelt er jede Nacht zur Geisterstunde durch diesen Keller …« Sie prustete vor Lachen.
    »Hören Sie auf!«, rief ich und stieß sie sanft in die Seite.
    Sie wischte sich eine Träne aus dem Auge. »Das war bestimmt nur der Schließdienst.«
    »Bei mir wurde gerade eingebrochen, vielleicht bin ich ein wenig überspannt. Mir wäre es aber lieber, wir verschwinden hier. In diesem Raum ist die Luft sowieso ziemlich übel.« Ich war immer noch etwas beleidigt.
    »Die Farbe ist aber noch nicht trocken!«, widersprach sie.
    Ich fuhr mit dem Finger über einen der ersten Abdrucke. Die Farbe verschmierte kaum. »Ist egal!«, meinte ich. »Wir können ja nicht die ganze Nacht in diesem Keller warten!«
    Ich schlug die noch farbverschmierten Platten in das Seidenpapier ein und steckte sie zurück in meinen Rucksack. Dann sammelte ich vorsichtig die Ausdrucke ein. Wir warfen das Tuch über die Maschine und machten uns auf den Weg zum Fahrstuhl.
    »Wohin gehen wir?«, fragte sie, als wir in den Fahrstuhl stiegen. Die Türen schlossen sich.
    »Zu mir«, antwortete ich. »Dort können wir die Platten sauber machen und uns die Ausdrucke in Ruhe anschauen.«
    »Dann glauben Sie jetzt nicht mehr, dass ich mit den Platten gedruckt habe?«, wollte sie wissen und schaute mir tief in die Augen.
    Mir wurde bewusst, dass sie trotz der späten Stunde noch sehr attraktiv aussah.
    »Doch!«, erwiderte ich und bemerkte die Empörung in ihrem Blick aufblitzen.
    »Eben gerade mit mir zusammen.« Ich lächelte, wurde dann aber wieder ernst. »Wenn Sie es nicht waren, dann hat Ihr Freund mit den Platten gedruckt und auch welche davon behalten.«
    Mit verschränkten Armen stand sie mir gegenüber und schüttelte den Kopf. »Thor stiehlt nichts. Er ist ein bekannter Schriftlinguistiker und sogar Mitglied in der Royal Society!«
    »Der Royal Society?«, rief ich erstaunt.
    Julia nickte. »Eine wissenschaftliche Vereinigung in London, die nur die besten Wissenschaftler aufnimmt.«
    »Ich kenne die Royal Society«, erklärte ich ein wenig gekränkt. Jeder Physiker kannte die Royal Society.
    »Ich werde Thor zur Rede stellen!«, sagte sie entschlossen.
    »Lassen Sie uns jetzt erst einmal zu mir gehen«, erwiderte ich, um das Thema zu wechseln.
    Der Fahrstuhl hielt langsam an, und die Lampe, auf der die Buchstaben »EG« standen, leuchtete auf.
    »Sie wollen mich aber nicht zu sich locken, um mir Ihre Briefmarkensammlung zu zeigen, oder?«, fragte sie und bedachte mich mit einem neckischen Lächeln.
    »Die zeige ich Ihnen bestimmt nicht«, entgegnete ich. »Sonst fehlt hinterher die Blaue Mauritius, oder aber es prangt plötzlich ein frischer Poststempel drauf.« Diesmal war sie es, die mir einen sanften Stoß in die Rippen verpasste.
    Die Türen öffneten sich träge. Vor uns in der Dunkelheit lag die verlassene Lobby der Bibliothek.
    Wir breiteten die frisch gedruckten Seiten auf dem Fußboden in meinem Wohnzimmer aus, um sie weiter trocknen zu lassen. Dann wuschen wir die Platten vorsichtig mit warmem Wasser in meiner Küchenspüle ab. Mittlerweile schien auch die Restauratorin ihre Vorsicht über Bord geworfen zu haben. Währenddessen erzählte ich ihr von meinen Recherchen über Orffyreus: angefangen von der Verschlüsselung seines Namens, über die Sache mit dem Perpetuum mobile bis hin zu den angeblichen Codierungen in seinen Büchern. Sie hörte aufmerksam zu, stellte ein paar Fragen und gab zwischendurch immer wieder Anweisungen zum korrekten Umgang mit den Druckplatten. Sie hatten den Druck scheinbar gut überstanden.
    Als wir fertig waren, war es weit nach Mitternacht. Ich holte zwei Flaschen Bier aus dem Kühlschrank, und wir ließen uns erschöpft auf zwei Stühle an meinem kleinen Esstisch fallen. Wir sahen uns an.
    Ich hielt ihr meine Bierflasche entgegen und sagte: »Robert.«
    Ein verstohlenes Lächeln huschte über ihr Gesicht, und sie stieß mit dem Boden ihrer Flasche gegen meine. »Julia.«
    Als die Drucke endlich trocken waren, sammelten wir sie zusammen. Sie trugen Seitenzahlen, und so war es einfach, sie zu sortieren. An einigen

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