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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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ihren Anteil haben, doch momentan war ich vor allem über die junge Restauratorin verärgert. Ich hatte ihr vertraut und die Platten übergeben. Ich erinnerte mich daran, wie vorsichtig sie die Platten berührt hatte. Wie sie mich angeschaut hatte, weil ich sie mit den Fingern angefasst und dann auch noch gereinigt hatte. Und dann gab sie mir die Platten mit Farbe verschmiert zurück, und vier Platten waren sogar verschwunden. Ganz zu schweigen davon, dass sie obendrein alles als wertlos bezeichnet hatte. Zumindest galt es, die Sache aufzuklären, und da ich nach meinem Rauswurf aus der Kanzlei nach wie vor durch den Alltag dümpelte, war mir diese Abwechslung irgendwie sogar willkommen.
    Ich setzte mich in ein Café im Uni-Viertel und bestellte einen doppelten Espresso sowie ein Club-Sandwich. Während ich aß, musste ich aufs Neue an jenen Obdachlosen denken, der mir die Platten gegeben hatte. In den vergangenen Tagen war ich die Szene in den Wallanlagen immer wieder in Gedanken durchgegangen. Irgendjemand musste ihn damit beauftragt haben, mir das Bündel mit den Platten zu übergeben. Ich beschloss, noch einmal in den Park zu gehen und nach dem Mann Ausschau zu halten. Vermutlich hatten Obdachlose ihre festen Orte, die sie immer wieder aufsuchten.
    Nach einem strammen Fußmarsch betrat ich die Wallanlagen an derselben Stelle wie nach meiner Gerichtsverhandlung. Diesmal achtete ich auf jede Person, die mir entgegenkam. Da es nieselte, waren nicht viele Spaziergänger unterwegs.
    Nach einer Weile zwang ich mich, etwas langsamer zu gehen. Wenn ein Obdachloser hier campierte, dann sicher an einem etwas geschützteren Platz. Ich überlegte, ob jener Mann, selbst wenn ich ihn wiederfand, mir überhaupt etwas sagen konnte. Würde er sich überhaupt noch an die Sache erinnern?
    Ich bog um eine Ecke und spürte ein Stechen in der Herzgegend. Keine zehn Meter vor mir schob jemand einen Einkaufswagen. Er war bis weit über den Rand mit Taschen, Tüten und Beuteln gefüllt. Ich sah nur den Rücken des Mannes. Er trug einen speckigen Anorak. Ich ging schneller. Von seiner Statur her würde es hinkommen.
    »Hey, Sie!«, rief ich.
    Der Mann zeigte keinerlei Reaktion und setzte seinen Weg unbeirrt fort.
    Ich rief noch einmal.
    Der Mann zuckte zusammen und drehte sich zu mir um. »Was?«, raunzte er. Er langte in seinen Einkaufswagen und angelte einen Regenschirm hervor, den er drohend in meine Richtung schwang.
    Ich wich erschrocken einen Schritt zurück. Er war es nicht. »Hey, hey, alles gut!« In meiner Verwirrung zog ich mein Portemonnaie, holte einen Zwanzig-Euro-Schein heraus und drückte ihn dem Obdachlosen in die Hand. »Bitte!«, sagte ich verunsichert und ging langsam von ihm fort.
    Bald erreichte ich die Stelle, an der ich das Päckchen erhalten hatte. Ich blieb stehen und blickte hinüber zu der leeren Parkbank, auf die der Obdachlose damals gezeigt hatte. Es war eine blöde Idee gewesen, hierherzukommen. Der Regen wurde stärker, und die ersten Tropfen liefen mir über die Stirn in die Augen.
    Plötzlich spürte ich das Vibrieren meines Mobiltelefons in der Hosentasche. Ich zog es hervor. Das Display zeigte einen »Unbekannten Anrufer«.
    »Herr Weber?« Es war Julia Wall. Offenbar hatte sie meine Nachricht an ihrer Tür entdeckt.
    »Ganz genau.«
    »Was hat es mit der Polizei auf sich?«, wollte sie sogleich wissen.
    »Sagen Sie es mir!«, antwortete ich etwas aggressiver als beabsichtigt.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Wie soll ich es wohl meinen?«, erwiderte ich.
    Sie schwieg.
    »Warum haben Sie es mir nicht gesagt?«, fragte ich.
    »Was nicht gesagt?«
    »Dass Sie mit den Platten gedruckt haben.«
    Wieder entstand eine Pause.
    »Gedruckt?«, rief sie schließlich verblüfft.
    »Ich habe die Farbreste entdeckt. Sie haben die Platten noch nicht einmal richtig sauber gemacht.«
    »Ich habe mit den Platten nicht gedruckt«, erklärte sie bestimmt. Es klang so entschieden, dass sie mich damit verunsicherte.
    »Und Ihr Freund in Mainz?«
    Sie zögerte erneut, bevor sie antwortete: »Kann ich mir nicht vorstellen.«
    »Und was ist mit den Platten, die fehlen?«
    »Es fehlen welche?« Sie klang tatsächlich erschrocken. Vermutlich weil ich es bemerkt hatte.
    »Vier Stück.«
    »Und Sie glauben allen Ernstes, ich habe die gestohlen?«
    »Wer sonst?«, entgegnete ich verärgert.
    »Ich beende jetzt das Gespräch«, sagte sie empört.
    Sie legte tatsächlich auf.
    Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Entweder war sie deutlich

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