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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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Stellen war die Farbe ungleichmäßig stark verteilt oder der Abdruck nicht ganz perfekt geworden, aber lesbar. Unsere Drucke glichen den Buchseiten von Besslers Büchern, die mir Julia in Kopie mitgegeben hatte.
    Die Titelseite sowie die Seiten eins, vierunddreißig und vierundfünfzig fehlten.
    Ich deutete auf die Drucke vor uns. »Gehen wir dies hier jetzt durch oder später?«
    Julia gähnte. »Jetzt natürlich!«, antwortete sie fast vorwurfsvoll und verzog ihre Mundwinkel zu einem müden Lächeln.
    »Dann mache ich uns erst einmal einen Kaffee«, erklärte ich und ging in die Küche.

20
Dresden 1714
    Gärtner fuhr hoch. Er bewohnte ein kleines Haus im ehemals vom Feuer zerstörten Altendresden, das nach dem Wiederaufbau längst nur noch »Neustadt« genannt wurde. Der Grund, auf welchem das von ihm selbst errichtete Haus stand, war ihm vom Kurfürsten August dem Starken als Lohn für die Erstellung der Weltzeituhr zugewiesen worden.
    Er horchte. Gerade wollte er seinen Kopf wieder aufs Kissen legen, als er ein pochendes Geräusch hörte. Offenbar klopfte jemand an seiner Tür. Er stand auf, zog seinen Morgenmantel über und stieg die knarrenden Treppenstufen hinab, wobei er sich vorsah, sich nicht an dem Überstand den Kopf zu stoßen. Unten angekommen, öffnete er die Tür.
    Er blickte in ein vertrautes Gesicht, welches zum großen Teil unter der großen Kapuze eines dunkelroten Capes verborgen war. »Tretet ein!«
    Gärtner trat zur Seite, und der späte Gast ging an ihm vorbei in das Haus hinein. Rasch streckte Gärtner den Kopf in die kühle Nacht. Die Laternen waren um diese Zeit bereits lange gelöscht, dennoch konnte er draußen die Umrisse einer Kutsche erkennen. Die Pferde schnaubten ungeduldig, und eines der Rösser scharrte mit der Hufe auf dem Kopfsteinpflaster. Gärtner schloss die Tür und folgte seinem Besucher in den kleinen Salon.
    »Es ist spät«, bemerkte er vorwurfsvoll, während er Kerzen und eine Öllampe entzündete, die jedoch nicht viel Licht spendeten.
    Der Mann hatte seinen Mantel ausgezogen und sich in einem der Sessel niedergelassen. Er war groß und hager. Seine Wangen waren eingefallen wie die eines asketischen Mönchs. Er trug keine Perücke; seine Haare wuchsen wild und fielen bis über die Schulter.
    »Woanders ist es jetzt früh«, hielt der Gast entgegen und fügte spöttisch hinzu: »Das müsst Ihr doch wissen als Schöpfer der Weltzeituhr.« Er sprach Deutsch mit niederländischem Akzent, was in dieser Region nicht häufig zu hören war.
    Gärtner lächelte verlegen.
    »Und?«, fragte sein Besucher und sah ihn durchdringend an.
    »Es läuft gut. Sehr gut sogar. Wir haben bereits über zweihundert Schriften verteilt, welche großen Anklang finden.«
    »Er hat Draschwitz zwischenzeitlich verlassen und hält sich nun in Merseburg auf«, berichtete der späte Besucher. »Man munkelt, der Herzog dort sei ihm sehr zugewandt. Und es soll die Präsentation eines neuen Rades unmittelbar bevorstehen.«
    »Merseburg?«, wiederholte Gärtner überrascht.
    »Unsere Freunde in London gehen davon aus, dass Ihr Eure Bemühungen noch verstärken werdet«, fuhr der Niederländer ungerührt fort.
    Gärtner erhob sich. »Seid versichert, dass ich mich um diese Angelegenheit kümmere. Sie ist auch für mich von höchster Priorität!«
    Der Fremde nickte zufrieden. Für kurze Zeit schwieg er, dann zeigte er auf ein Ölbild, welches an der Wand hing. Es zeigte eine prachtvolle Tulpe.
    »Aus den Niederlanden?«
    »Mein Vater erwarb es in Utrecht«, antwortete Gärtner. »Es ist ein van Goyen.«
    »Schaut Euch an, wie schön es ist. Wie sich das Licht auf den Blättern der Tulpe spiegelt. Der Maler hat ihr Leben eingehaucht«, schwärmte der Gast.
    Gärtner nickte. Das plötzliche Interesse seines Gastes für das Bild irritierte ihn.
    »Aber warum, mein Freund, hat das Bild diesen prächtigen Rahmen?«, wollte der hagere Mann wissen.
    »Auch den hat mein Vater ihm verpasst, ich habe es so übernommen«, entgegnete Gärtner nun etwas widerwillig. Sicher war sein Besuch nicht den weiten Weg hergekommen, um über Kunst zu diskutieren.
    »Man hätte den Rahmen doch auch weglassen und die Leinwand einfach so an die Wand hängen können«, meinte sein Gast.
    »Ich denke, es wäre um seine Wirkung beraubt. Es wäre schon schwierig, nur die Leinwand aufzuhängen. Auch schützt der Rahmen das wertvolle Bild. Nein, jedes Bild hat doch einen Rahmen.« Gärtner sprach energisch, um das Thema endlich

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