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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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    »Eben!«, rief der Gast, sprang von seinem Sitz auf und ging auf das Gemälde zu. »Jedes Bild hat einen Rahmen, weil es einen Rahmen braucht! Erst der Rahmen gibt dem Bild den Halt, den es benötigt. Er zeigt ihm aber auch seine Grenzen auf. Es wäre ganz unvorstellbar, ein Bild ohne Rahmen an die Wand zu hängen. Man hätte das Gefühl, als würde das Bild jeden Augenblick verschmelzen mit dem Hintergrund. Nein, der Rahmen ist zweifellos unverzichtbar!« Der Niederländer stand nun ganz dicht vor dem Gemälde und berührte es fast mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand. Dann drehte er sich um und machte einen großen Schritt auf den verschreckten Gärtner zu, der seine Hände in den Taschen seines Morgenmantels vergrub, als würde er sich an diesem festhalten.
    »Ich versteh nicht, was Ihr mit diesem Bild habt …«, stammelte Gärtner.
    »Das Bild und sein Rahmen, mein lieber Freund, stehen für unsere Welt. Auch wir brauchen einen Rahmen, der uns die Grenzen unseres Wirkens aufzeigt. Und diesen hat die Wissenschaft der Menschheit nun endlich verliehen. Wir haben Gesetze geschaffen, die über den weltlichen Gesetzen stehen und unser Universum an den Nähten zusammenhalten. Genauso wie dieser prächtige Rahmen hier das Bild umschließt.« Der Mann baute sich vor Gärtner auf und sprach eindringlich weiter. »Und das, was dieser irr gewordene Sachse da behauptet, erfunden zu haben, das Perpetuum mobile – das passt nicht in unseren Rahmen. Das sind ein paar Pinselstriche zu viel über den Rand hinaus. Dieser Orffyreus versucht, auch die Wand um das Bild herum zu bemalen. Und das müssen wir verhindern! Wir haben nicht die Seelen der Herrscher und der Menschen geöffnet für unsere Ideen, wir haben keine Samen gesät, um unsere Ernte von einem Mühlenbauer kaputt trampeln zu lassen. Wir haben Vertrauen geschaffen. Und wir haben uns festgelegt: Ein Perpetuum mobile, die ewige Bewegung, ist nicht möglich. Dabei muss es bleiben.«
    Gärtner traute sich nicht zu atmen und wartete mit aufgerissenen Augen, bis sein Gegenüber sich wieder entfernen würde. Dieser tat ihm den Gefallen und machte einen Schritt zurück. Dann jedoch schien er sich zu besinnen, trat vor und legte Gärtner seine Hand freundschaftlich auf die Schulter.
    »Ihr, lieber Gärtner, gebt der Welt den Rahmen zurück. Und wenn Ihr Orffyreus dafür der Lächerlichkeit preisgeben oder dafür sorgen müsst, dass er gevierteilt wird«, flüsterte er. Dann ließ er plötzlich von Gärtner ab. Er griff an seinen Gürtel, löste den Knoten eines daran gebundenen kleinen Lederbeutels und überreichte ihn Gärtner.
    »Dies sollte Eure Aufwände für die nächsten Wochen decken«, sagte der Niederländer gönnerhaft.
    Der Hausherr nahm den Beutel, wog ihn kurz in der Hand und blickte zufrieden. Der Besucher warf unterdessen sein Cape über und machte Anstalten zu gehen.
    »Eines noch«, sagte Gärtner und fasste den Niederländer am Ärmel. »Wie steht es um meinen Antrag auf Mitgliedschaft in der Royal Society?«
    Der Mann blickte unwirsch auf die Hand, die ihn zurückhielt. Mit einer abrupten Bewegung riss er sich los und antwortete: »Er befindet sich noch in der Prüfung. Ich denke jedoch, wenn wir diese lästige Angelegenheit mit diesem Orffyreus geklärt haben, wird er mit großem Wohlwollen beschieden werden.«
    Gärtner lächelte zufrieden. Er führte seinen Gast zur Tür und öffnete sie.
    »Nullius in Verba« , sagte der Niederländer und schob sich in das Dunkle der Nacht hinaus.
    »Nullius in Verba« , antwortete Gärtner und schloss die Tür.
    Mit hektischen Handgriffen öffnete er den kleinen Beutel und zählte die Münzen zweimal. Anschließend band er ihn sorgfältig zu und versteckte ihn unter einer losen Diele des Fußbodens. Dann löschte er das Licht und stieg wieder die Stufen zu seinem Schlafgemach hinauf.

21
    »Er macht Kaffee«, sagte der Mann mit den Kopfhörern zu seinem Partner.
    Dieser saß einen Meter von ihm entfernt in einem alten abgewetzten Sessel und blätterte gelangweilt in einer Zeitschrift. Er war deutlich kleiner als der andere und von bulliger Statur. Die breite Nase schien mehrfach gebrochen worden zu sein und war an einigen Stellen schräg zusammengewachsen. Er schaute von seiner Lektüre auf. »Den könnte ich jetzt auch gut gebrauchen!«
    Der Mann mit den Kopfhörern antwortete: »Oh ja!«, und wandte sich wieder konzentriert dem Gerät vor ihm zu, an dem er einen sternförmigen Regler bediente. Er

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