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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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darüber, wie abgebrüht sie war.
    Sie deutete mit ihren fein geschwungenen, vollen Lippen einen Schmollmund an. »Wieso? Es fehlen doch vier Platten. Was wissen wir, wann und wo die verloren gegangen sind? Als ich sie nach Mainz losschickte, waren jedenfalls noch alle Platten da!«
    Ich musste zugeben, dass sie recht hatte.
    »Sie versprachen mir, die Fotos per E-Mail zuzusenden. Ich begann meine Werkstatt aufzuräumen, und irgendwann ging die E-Mail ein.« Sie machte eine kurze Pause.
    »Und, waren die fehlenden Platten auf den Fotos zu erkennen?«, erkundigte ich mich ungeduldig.
    Julia lehnte sich auf der Couch weit zurück, nestelte an ihrer Hosentasche und holte einen kleinen USB-Stick hervor. »Hier. Hochaufgelöst – jede einzelne der fehlenden Platten.«
    Ich nahm den Stick und erhob mich, um meinen Laptop zu holen, doch Julia griff mich sanft am Arm.
    »Ich bin noch nicht fertig!«, sagte sie.
    Ihre Stimme klang auf einmal ängstlich. Ich ließ mich zurück auf die Couch fallen. Sie schien sich zu sammeln.
    »Ich rief danach bei Thor an. Ich fragte ihn ganz direkt, was mit den fehlenden Platten sei und warum er mit den angeblich wertlosen Vorlagen gedruckt habe.«
    »Er hat es abgestritten«, riet ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Er hat kurz gezögert. Und dann hat er gesagt: ›Halt dich da besser raus.‹«
    Auf meinem Arm bildete sich Gänsehaut. »Er hat gesagt: ›Halt dich da besser raus‹?«, fragte ich erstaunt.
    Sie nickte.
    »Und noch was?«
    »›Pass auf dich auf.‹ Und dann hat er aufgelegt.«
    »›Pass auf dich auf‹?«, wiederholte ich. Dabei klang der Satz noch bedrohlicher.
    »Gegen Mittag machte ich mich dann auf den Weg zu dir, um dir alles zu erzählen und die Bilder zu bringen.« Sie deutete auf den Stick in meiner Hand.
    »Bist aber nicht angekommen …«, entgegnete ich und legte den Stick auf den Tisch.
    Sie nickte. »Als ich die Bibliothek verließ, verstand ich, was Thor gemeint hatte. Ein Mann verfolgte mich!« Der Schrecken war aus ihren Worten herauszuhören.
    »Wie hast du es bemerkt?«
    »An seinem Parfum. Acqua di Selva von Victor. Auf dem Flakon ist ein großes V. Ich habe als Kind damit gespielt. Ein ganz altes Parfum. Mein Großvater hat es immer benutzt. Ich habe es seit Jahren nicht mehr gerochen, und dann ging ich vor der Bibliothek an einem Kerl vorbei, und der Duft stieg mir in die Nase. All die Erinnerungen an Opa kamen in mir hoch.« Für einen Moment stockte sie. »Jedenfalls ging ich zur Bushaltestelle. Und plötzlich im Metrobus roch ich es erneut. Ich schaute mich um und entdeckte wieder diesen Typen. Er sah eigentlich ganz ordentlich aus, eher wie ein Geschäftsmann. Er trug einen Anzug ohne Krawatte und einen beigen Mantel.«
    Keinen hellblauen Mantel, dachte ich. Also gab es mindestens zwei Verfolger.
    »Ich stieg gleich die nächste Haltestelle wieder aus, und der Mann verließ auch den Metrobus. Von da an bekam ich langsam Angst. Ich schlenderte in irgendeine Richtung und sah, dass er mir in einiger Entfernung folgte. Gut, das konnte Zufall sein. Ich stöberte in der Auslage eines Bücherladens, und er blieb stehen. Dann machte ich kehrt und marschierte zurück. Er ging mir wieder hinterher. Es war eindeutig, dass er mir folgte.« Sie fröstelte bei ihrer Erzählung und verschränkte ihre Arme vor der Brust, wie um sich zu wärmen.
    »Und was hast du dann getan?«
    »Panik geschoben. Ich überlegte, zur Polizei zu gehen – aber was sollte ich denen sagen? Ich werde verfolgt? Die hätten gedacht, ich habe eine Meise. Ich bin im Grindelviertel erst einmal in ein Café gegangen und habe einen Tee getrunken. Als ich rauskam, sah ich ihn erst nicht. Ich hoffte bereits, ich hätte mir das alles nur eingebildet, doch dann entdeckte ich ihn wieder. Diesmal sogar in Begleitung eines zweiten Mannes, der deutlich größer und kräftiger war. Nun waren es schon zwei, die mir nachstellten.«
    »Hatte der andere Mann einen hellblauen Regenmantel an?«, fragte ich.
    Sie schüttelte irritiert den Kopf und nahm einen Schluck vom Gin Tonic. Dabei verzog sie das Gesicht. Vielleicht mag sie gar keinen Gin, dachte ich.
    »Nein, er trug so eine Lederjacke, wie ein Motorradfahrer«, antwortete sie. »Ich wollte dich anrufen, aber ausgerechnet in dem Moment war mein Handy leer.«
    Ich musste schmunzeln und daran denken, wie auch mein Akku ausgerechnet heute Abend versagt hatte. Ob wir Menschen miteinander sprachen oder nicht, hing heute von der Arbeitsmoral einiger

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