Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)
»Es geht mir keineswegs um das Geld. Sicher benötigen wir welches zum Überleben. Und sicher ist die Summe, die ich für mein Perpetuum mobile einfordere, beträchtlich.« Er stockte. Barbara, die nackt ohne Decke dalag, verschränkte fröstelnd die Arme vor der Brust und schwieg.
»Ich fordere diese Summe, weil meine Erfindung diesen Betrag wert ist, wenn nicht noch mehr«, hob er hervor. »Wie könnte ich sie verschenken?«
»Du würdest berühmt werden, wenn du der Menschheit das Perpetuum mobile schenkst. Stell dir doch einmal vor, wie man über dich sprechen würde: ›Orffyreus – Erfinder von Gottes Gnaden und edler Stifter des Perpetuum mobile‹.«
Er lachte bitter. »Ich wäre für immer als der bettelarme Narr bekannt, der sich die wichtigste Erfindung der Weltgeschichte hat stehlen lassen! Es würden Spottlieder über mich gesungen!«
»Woher kommt deine ständige Angst, dass deine Erfindung gestohlen wird? Jemandem, der freiwillig gibt, kann man nichts mehr nehmen!« Barbara zog mit einem überraschend starken Ruck an der Decke, sodass ihr Mann plötzlich wieder auf dem Rücken lag. Sie kroch unter das zurückeroberte Laken.
»Sie sind alle hinter dem Perpetuum mobile her!«, rief Orffyreus, überließ seiner Frau die Decke und setzte sich abrupt auf. »Selbst der alte Leibniz wollte mir das Geheimnis entlocken – mit seinem Gefasel von Wissenschaft und der besten aller Welten. Gärtner wollte sie mir mit seinen Schlägern entreißen. Alle sind sie nur darauf aus, mich zu berauben! Ein jeder, den ich in den letzten Tagen besuchte und fragte, ob er der öffentlichen Probe auf Empfehlung von Leibniz beiwohnen möchte, versuchte, mir Details zur Funktion der Maschine abzuringen! Hätten all diese Personen Gelegenheit, meine Mechanik zu studieren – sie würden die Urheberschaft unverzüglich für sich beanspruchen!« Orffyreus hatte sich in Rage geredet.
Barbara versuchte, ihn zu beruhigen, und legte ihre ausgestreckte Hand auf dessen Schulter. Orffyreus schob die Hand unsanft beiseite.
Dann erhob er sich und ging nackt, wie er war, zum Fenster. Nachdem er eine Weile hinausgestarrt hatte, drehte er sich um und zeigte auf seine Frau: »Vielleicht …«, begann er mit zitternder Stimme. »Vielleicht bist du aber auch gar nicht mehr auf meiner Seite. Du redest wie dieser Leibniz. Redest davon, dass ich auf Geld verzichten soll.« Orffyreus ging bei diesen Worten mit ausgestrecktem Zeigefinger auf seine Ehefrau zu, die ihre Hände ängstlich in die Decke krallte. »Sagst, ich soll meine Erfindung ›spenden‹«, fuhr er fort. »Wie kannst du kein Geld wollen?« Nun hatte Orffyreus das Bett erreicht und lehnte sich hinüber zu der Seite, auf der Barbara lag. »Bist du etwa gekauft? Haben sie dir Geld versprochen, wenn du mich überredest, die Erfindung preiszugeben?«
Barbara schaute ihn verängstigt an und schüttelte den Kopf.
»Ihr Frauen, ihr seid doch alle Huren!«, schrie Orffyreus.
Barbara sprang ihrerseits auf und griff nach der Bibel auf dem Nachttisch. »Beherrsche dich!«, erwiderte sie drohend.
»Ich werde mich nicht beherrschen!«, brüllte Orffyreus und holte mit der Hand aus, um nach ihr zu schlagen. In diesem Moment schleuderte Barbara ihm das Buch ins Gesicht. Sein Versuch, der Bibel auszuweichen, schlug fehl, und eine der spitzen Ecken traf ihn an der Nase. Orffyreus schrie auf, fasste sich an sein Gesicht und betrachtete anschließend seine blutverschmierte Hand.
Barbara schluchzte. »Das hast du von deiner Unbeherrschtheit! Du bist ein Tölpel, ein Narr, ein Besessener! Seit Jahren reisen wir mit dir durch die Lande, ertragen alle deine Torheiten. Stehen stets an deiner Seite! Und nun bezichtigst du ausgerechnet mich des Verrats? Zur Hölle mit dir!« Sie rauschte davon und schlug mit aller Kraft die Schlafzimmertür hinter sich zu.
Orffyreus stand entblößt und aus der Nase blutend vor dem Bett und blickte durch das leere Zimmer. Langsam ließ er sich auf die Bettkante sinken und starrte auf das Blut in seiner Hand. Dann begann er, erst zu schluchzen und schließlich laut zu heulen.
27
Julia saß auf der Treppe vor meiner Wohnung.
Sie hatte sich die Kapuze ihres Sweatshirts tief über die Stirn ins Gesicht gezogen und umklammerte mit den Armen ihre Beine. Als sie mich entdeckte, sprang sie auf und umarmte mich, was ich zunächst etwas überrascht erwiderte, bevor mir auffiel, dass sie weinte. Ich strich ihr mit den Händen über den Rücken, bis ihr Schluchzen langsam
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