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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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stand. Ich lief zu den Toiletten. Alle Türen zu den Kabinen standen offen.
    Ich eilte zurück in den Gastraum und dann auf den Parkplatz, wo mein alter Peugeot stand. Etwa zehn Meter von ihm entfernt parkte ein Geländewagen. Hinter dem Steuer konnte ich eine Silhouette erkennen. Mit immer schneller werdenden Schritten näherte ich mich dem Wagen. Kurz bevor ich ihn erreichte, wurde der Motor gestartet. Die Frontleuchten blitzten auf und blendeten mich. Mit der rechten Hand vor den Augen rannte ich von vorne auf den Geländewagen zu.
    Plötzlich setzte das Auto sich in Bewegung und fuhr auf mich zu. Reflexartig machte ich einen Schritt zur Seite. Der Außenspiegel der Fahrertür streifte mich am Ellenbogen und schleuderte mich herum. Es gelang mir, mich auf den Beinen zu halten. Ich versuchte, im Inneren des Wagens etwas zu erkennen, erspähte jedoch nur noch den Hinterkopf des Fahrers. Mit hoher Geschwindigkeit raste das Auto über den Parkplatz.
    An der Ausfahrt leuchteten die Bremslichter einmal kurz auf, dann bog der Jeep mit durchdrehenden Reifen nach links auf die Hauptstraße ein und entfernte sich rasch. Schwer atmend stand ich da, allein auf dem Parkplatz, der nur durch das aus dem Schnellrestaurant dringende Licht ein wenig erhellt wurde.
    Schließlich ging ich mit schmerzendem Ellbogen zu meinem Auto. Entweder war ich komplett verrückt geworden oder in eine Sache hineingeraten, die sehr viel bedeutsamer und gefährlicher war, als ich bislang angenommen hatte.
    Auf dem Weg nach Hause waren meine Gedanken nun erst recht bei Julia.

26
    Merseburg, 1715
    Orffyreus und Barbara lagen nackt nebeneinander auf dem Bett. Er hustete, wie es ihm oft nach längerer Anstrengung passierte.
    »Findest du Anne Rosine eigentlich schön?«, fragte Barbara unvermittelt.
    Er zuckte zusammen. »Warum?«, erkundigte er sich mit großer Vorsicht in der Stimme.
    »Ich denke, sie hat eine Liebschaft«, antwortete Barbara und drehte sich zu ihm um.
    »Eine Liebschaft?« Orffyreus blickte weiter starr gegen die Zimmerdecke.
    »Ja. Neulich am späten Abend rief ich nach ihr. Aber sie war nicht in ihrem Zimmer. Ich suchte sie überall und sah schließlich, wie sie im Nachthemd vom Hof hineinschlich. Ich denke, sie kam von einem Stelldichein.«
    »Ein Stelldichein?«, wiederholte er mit zitternder Stimme. »Mit wem?«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Barbara. »Ich hoffe mit einem der Burschen und nicht mit jemandem aus der Familie unserer Gastgeber. Das könnte uns einige Peinlichkeiten bereiten.«
    »Ich werde mir die Burschen einmal vorknöpfen«, erklärte Orffyreus und atmete tief durch.
    Beide schwiegen für eine Weile.
    »War deine Reise erfolgreich?«, unterbrach Barbara die Stille erneut.
    »Allerdings«, antwortete Orffyreus trocken. »Schon bald wird die Zertifizierung stattfinden können, und dann wird es keine Zweifel mehr geben, dass meine Erfindung kein Betrug ist. Für Gärtner wird es eine große Blamage werden.« Orffyreus versuchte ein Stück von der Decke zu sich herüberzuziehen, um sich gegen die Kälte im Raum zu schützen. Barbara hielt die Decke fest umklammert und gab nur widerwillig Stoff frei.
    »Du wirst es nicht bereuen, dass du die ganzen Jahre an mich geglaubt hast«, fuhr Orffyreus fort. »Wir werden sehr reich werden.« Er zog nun noch stärker an der Decke.
    »Ist dir schon einmal in den Sinn gekommen, dass Geld nicht alles ist?«, fragte Barbara ihren Ehemann.
    Orffyreus stutzte. »Wie meinst du das?«
    »Ich meine, man kann auch Glück verspüren, ohne Reichtümer zu besitzen.«
    Orffyreus lachte spöttisch. Barbara hatte wieder von der ganzen Decke Besitz ergriffen.
    »Wie viele Bettler, Wegelagerer und Bedienstete kennst du denn, die glücklich sind?«, entgegnete er mit leichtem Spott.
    »Wie viele wohlgeborene Herzoge und Fürsten kennst du, die glücklich sind?«, hielt Barbara dagegen.
    Orffyreus überlegte; seinem Gesicht war anzumerken, dass ihm die Unterhaltung nicht gefiel. »Diejenigen, die ich traf, schienen sehr glücklich zu sein«, antwortete er barsch.
    »Es ist ihre Aufgabe, sich vortrefflich zu verstellen. Glaubt man aber, was einem von den Hofschranzen zugetragen wird, muss das Leben in diesen Gemächern doch freudlos sein.«
    »Was möchtest du mir einreden?«, fuhr Orffyreus seine Frau an und wendete sich ab, sodass er ihr den Rücken zeigte. Dabei entriss er ihr die Decke und rollte sich darin ein. Nachdem beide einen Augenblick lang geschwiegen hatten, sagte er verärgert:

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