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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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zugestellt. In ihnen lagerten zahlreiche durchsichtige Plastikkisten, in denen Papierstapel zu erkennen waren. Nur im linken Teil der Regalwand standen Bücher. Die Rücken verrieten, dass es sich um alte Bände handelte. An der Stirnwand standen drei mannshohe Glasvitrinen, in denen verschiedene Gegenstände ausgestellt waren. An der rechten Wand hingen gerahmte Bilder, darunter mehrere Ölgemälde.
    »Dies ist alles, was ich in den letzten Jahrzehnten zu Orffyreus zusammengetragen habe.« Scheffler strahlte uns an, drehte sich um sich selbst und breitete die Arme aus. »Alte Bücher, in denen er erwähnt wird. Gegenstände, die ihm gehörten!«
    Scheffler machte einen Schritt auf eine der Glasvitrinen zu, nestelte an seinem Schlüsselbund und schloss sie auf. Er öffnete die Glastür und griff vorsichtig hinein. »Schauen Sie – das ist ein kleiner venezianischer Spiegel, den Orffyreus dem Goldschmied Johann Jakob Anthoni 1717 schenkte.«
    Er überreichte mir den kleinen Taschenspiegel, der auf den ersten Blick wie eine Brosche aussah. Außen war ein Relief, das ich näher betrachtete. Es zeigte eine Frau, die in den Bauch einer Kuh hineinzusteigen schien.
    »Das Bild zeigt Pasiphaë, die Tochter des Sonnengottes Helios«, erläuterte der Antiquitätenhändler. »Der griechischen Sage nach stieg sie in eine hohle hölzerne Kuh, um sich mit dem kretischen Stier zu vereinen. Aus diesem Akt entstand dann der Minotaurus. Eine ganz hervorragende Arbeit.«
    Ich öffnete die kleine Brosche und schaute auf das, was einmal ein Spiegel gewesen sein musste. Jetzt war dort nur noch ein mattes Glas mit feinen Rissen zu erkennen.
    »Über die Jahrhunderte ist der Spiegel blind geworden«, führte Scheffler weiter aus. »Damals war er aber sehr wertvoll. Ende des siebzehnten Jahrhunderts stellte es ein gut gehütetes Geheimnis der Venezianer dar, weißes Glas herzustellen: das crystallo . Schließlich entwickelten die Venezianer auch als Erste ein Verfahren, um Zinnfolie mit Quecksilber und Glas zu verbinden. Es entstand Zinnamalgam. Auf diese Art und Weise konnte man erstmals glatte und nicht konvexe Spiegel herstellen. Ein solcher Spiegel kostete mit Sicherheit so viel wie ein Pferd.«
    Ich strich behutsam über die glatte Spiegelfläche.
    »Woher wissen Sie, dass dies ein Geschenk von Orffyreus war?«, fragte Julia.
    Scheffler nahm mir den kleinen Spiegel aus der Hand und drehte ihn um. Die Rückseite war aus Silber. In kleinen Lettern war dort etwas eingraviert: »Für meinen Freund Johann Jakob Anthoni zum Dank für seine Unterstützung. Von Eurem Diener Orffyreus.«
    »Wofür war dies wertvolle Geschenk?«, fragte ich.
    Der Antiquitätenhändler schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Ich habe es in Augsburg erstanden, wo Anthoni lebte und starb.« Vorsichtig legte er den Spiegel zurück in die Vitrine.
    Ich trat neben ihn und warf einen Blick auf die gesammelten Stücke. Dann deutete ich auf einen Gegenstand, der wie eine Pistole aussah. »Orffyreus besaß auch eine Schusswaffe?«, fragte ich.
    Scheffler lachte. »Nein, das ist keine Waffe. Zwar sieht es so aus – mit dem Griff und dem Abzug. Tatsächlich handelt es sich aber um ein Steinschlossfeuerzeug. Es war eines der ersten Feuerzeuge, das erfunden wurde. Dies ist ein besonders schönes Stück. Der Knauf ist aus Nussbaum gefertigt. Warten Sie, ich demonstriere es Ihnen.«
    Er griff nach einer kleinen Dose, die neben dem Feuerzeug stand, und öffnete sie. Sie war mit einer Art Wolle gefüllt.
    »Zunder«, erklärte er und zog mit zwei Fingerspitzen etwas davon heraus. Geschickt rollte er den Zunder zu einer kleinen Kugel und legte ihn in ein Reservoir an der Oberseite des Feuerzeugs. »Schauen Sie: Der Hahn, zwischen dessen Backenteilen ein Stück Feuerstein ruht, wird durch diese Feder hier gespannt. Drückt man nun den Abzug, schlägt der Hahn gegen die an einem Scharnier befestigte Batterie. Der Feuerstein schleift an der Batterie entlang, drückt sie auf und öffnet so die Pfanne. Die entstehenden Funken fallen auf den Zunder, der in der Zündpfanne liegt. Passen Sie auf!«
    Er betätigte den Abzug. Mit einem lauten Geräusch sprangen Funken. Scheffler pustete auf den Zunder, der zu glimmen begann, und nur Momente später entstand eine kleine Flamme. »Ich habe Feuer gemacht«, stellte er schmunzelnd fest.
    »Und woher wissen Sie, dass dieses Feuerzeug Orffyreus gehörte?«, fragte Julia nicht ohne Misstrauen. »Da steht wohl kaum sein Name

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