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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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das Geheimnis!«
    »Hervorragend!« Der Bürgermeister klatschte erfreut in die Hände. »Ich werde Euch ein Blatt und eine Feder geben lassen, und Ihr malt mir das Prinzip auf!« Er wandte sich zu seinem Sekretär und bedeutete ihm, Orffyreus Schreibzeug zu übergeben.
    »Das ist nicht notwendig!«, erwiderte Orffyreus. »Das Prinzip ist sehr einfach. Es ist besser, ich flüstere es Euch direkt ins Ohr. So kann es Euch auch nicht gestohlen werden!«
    »Ich weiß nicht«, meinte der Bürgermeister unsicher, »ich habe bislang keinerlei Studien in der Mechanik betrieben …«
    »Das ist nicht notwendig. Glaubt mir das. Leiht mir Euer Ohr! Ihr werdet über die Einfachheit meines Einfalls überrascht sein. Jedes Kind ist in der Lage, eine solche Maschine zu bauen.«
    »Na, dann soll es so sein! Bringt ihn zu mir, damit er es mir verraten kann!«, befahl der Bürgermeister.
    Die Wächter packten den Gefangenen und zogen ihn wieder zum Stuhl des Bürgermeisters. Abermals brachten sie ihn mit Gewalt auf die Knie. Der Bürgermeister beugte sich von seinem Sitz tief herunter.
    Orffyreus schaute auf die Schergen neben sich. »Sie sollen einen Schritt beiseitetreten!«, forderte er. »Stellt Euch vor, sie erlauschen mein Geheimnis!«
    Der Bürgermeister blickte nun ebenfalls auf die Wächter und nickte zustimmend. »Tretet beiseite, Ihr Banausen!«
    Die Wächter gehorchten mürrisch.
    »Nun sprecht!«, befahl der Bürgermeister und fuhr aufgeregt mit seiner Zunge über seine wulstigen Lippen.
    »Kommt noch näher!«, erwiderte Orffyreus und streckte seinen Oberkörper dem Bürgermeister entgegen.
    Der Bürgermeister beugte sich weiter hinunter und war nun bereits so tief gebeugt, dass es schien, als würde er ob seines großen und schweren Kopfes nach vorne fallen.
    »Noch näher! Ihr seid der erste Mensch außer mir, der dieses Geheimnis erfährt. Ich flüstere es Euch direkt ins Ohr!«
    Der Bürgermeister wagte es, den Oberkörper noch ein wenig tiefer zu beugen, und verhinderte bei dieser Bewegung mit Müh und Not, vom Stuhl zu kippen. Orffyreus schob seinen Mund ganz nah ans Ohr des Bürgermeisters und öffnete die Lippen. Im nächsten Moment packte er mit seinen Händen, soweit die Ketten es zuließen, den Kopf seines Gegenübers, hielt ihn fest und biss mit aller Kraft in dessen Ohrmuschel. Als die erschrockenen Wärter heransprangen und Orffyreus vom Bürgermeister wegrissen, stieß Wallner einen markerschütternden Schrei aus. Blut spritzte auf Orffyreus und seine Bewacher.
    Der Bürgermeister schwankte und fiel vom Stuhl. Dort, wo vormals seine Ohrmuschel am Kopf saß, war nur noch eine blutende Wunde zu sehen. Mit der Hand fasste er sich an die Stelle, wo noch wenige Augenblicke zuvor sein Ohr gewesen war, und Blut quoll zwischen den Fingern hervor.
    Orffyreus lachte mit blutverschmiertem Mund laut auf und spuckte etwas auf den Boden. Mit salbungsvoller Stimme begann er, aus dem Alten Testament zu zitieren: »Ich rufe dich an, denn du erhörst mich, o Gott. Neige dein Ohr zu mir, höre meine Rede! Psalm 17, Vers 6!«
    Von beiden Seiten prasselten die Stöcke seiner Bewacher auf ihn nieder, und schließlich fiel er bewusstlos auf den Boden.

41
    Die Holztreppe führte steil in die Tiefe. Die Stufen waren schmal und knarrten bedrohlich unter jedem Schritt. Julia ging voraus, ich folgte ihr. Hinter mir hörte ich, wie Scheffler schwer schnaufend die Treppe hinunterstieg. An ihrem unteren Ende bog sie nach rechts und führte in einen kleinen Kellergang. Die Decke war sehr tief, und ich bückte mich automatisch, um nicht gegen sie zu stoßen. Erst als ich mich langsam aufrichtete, bemerkte ich, dass sie gerade hoch genug war, um sich aufrecht durch den Gang zu bewegen. An der Decke hingen nur zwei schwache Glühbirnen, die nicht stark genug waren, um den gesamten Keller auszuleuchten. Die Luft war feucht, und uns umgab der typische muffige Geruch eines alten Kellergewölbes. Links und rechts befanden sich durch Gitter abgetrennte kleine Zellen, in denen Möbel und Kisten lagerten.
    »Lassen Sie mich bitte vorgehen!«, sagte Scheffler und überholte uns. Er ging zu einer Eisentür am Ende des Ganges, holte erneut einen Schlüssel hervor und öffnete sie. Wir traten ein, und Scheffler drückte auf einen Lichtschalter. Im Gegensatz zum Gang war der fensterlose Raum, in dem wir nun standen, hell erleuchtet: Von der Decke hing ein System aus kleinen Halogenstrahlern herab. Zur Linken war die Wand komplett mit Bücherregalen

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