Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)
Ich überlege jedoch, sein Weib in eine Besserungsanstalt zu überstellen. Sie scheint mir geistig nicht ganz auf der Höhe zu sein. Ich zögere nur noch, da die Kinder dann wohl in ein Waisenhaus eingewiesen werden müssten. Diese bedauerlichen Geschöpfe!«
Orffyreus stieß einen lauten Schrei aus und bäumte sich auf, um sich auf den Bürgermeister zu stürzen. Doch er wurde von seinen Bewachern mit ihren Stöcken zu Boden gedrückt.
Der Bürgermeister schaute amüsiert.
»Mein lieber Orffyreus, mäßige er sich. Ich dachte, er sei nicht nur Erfinder, sondern auch Geschäftsmann. Und er hat großes Glück, denn auch ich bin in erster Linie Geschäftsmann.«
Orffyreus kauerte schwer atmend auf dem Boden und erwiderte nichts.
»Ich bin kein nachtragender Mensch«, fuhr Wallner fort. »Zu einem gewissen Maße verstehe ich Eure … Unruhe sogar. Steuern sind eine unangenehme Angelegenheit.« Der Bürgermeister sprach ihn nun plötzlich in einem vertrauensvolleren Tonfall an. »Es ist ein einfaches Geschäft, das ich Euch vorschlagen möchte: Ihr überlasst mir Eure Erfindung, dieses Perpetuum mobile, und zahlt dazu die ausstehenden Steuern nach. Im Gegenzug verzichte ich auf den fälligen Strafzuschlag, entlasse Euch und Eure Familie noch heute in Freiheit, und Ihr zieht Eures Weges. Wir tun so, als seien wir uns niemals begegnet.«
Der Bürgermeister wartete auf eine Antwort. Orffyreus verharrte jedoch regungslos mit gesenktem Kopf auf dem Fußboden. Als er auch nach einigen Augenblicken keine Anstalten unternahm, etwas zu entgegnen, fügte der Bürgermeister mit drohendem Unterton hinzu: »Solltet Ihr auf diesen großzügigen Handel indes nicht eingehen, so werdet Ihr noch morgen früh auf eine Galeere geschafft. Eure Ehefrau wird den Nonnen in der Korrektionsanstalt übergeben, und Eure Kinder werden in ein Waisenhaus eingewiesen.«
Immer noch regte Orffyreus sich nicht. Dann hob er ganz langsam den Kopf, schaute auf den Bürgermeister und begann leise zu sprechen.
Der Bürgermeister beugte sich vor und hielt die Hand hinter seine linke Ohrmuschel, zum Zeichen dafür, dass er nicht verstand. »Bitte? Sprecht lauter, ich verstehe Euch nicht!«
»Das, werter Stadtverwalter, wird immer Euer Problem bleiben. Ihr versteht mich einfach nicht. Euch fehlt der Zugang zu meiner Welt und dem, was ich geschaffen habe.« Orffyreus richtete seinen Oberkörper auf und sprach nun mit fester und lauter Stimme. »Ihr bedroht mich mit Euren Steuerforderungen und nun mit Leib und Leben. Was soll ich fürchten? Das Dasein als Galeerensträfling? Den Verlust von Frau und Kindern? Ihr erwartet, dass ich, um dies abzuwenden, Euch das verrate, was der Herr mir – als einzigem Menschen auf dieser Erde – in einem erleuchteten Augenblick offenbarte? Ich bin auserwählt. Ihr seid vielleicht mächtig genug, mein Geld zu nehmen und meinetwegen auch mein Leben. Ihr könnt meine Familie in Stücke reißen. Das Prinzip der ewigen Bewegung aber, das werde ich unter diesen Umständen mit mir auf die Galeere nehmen. Und wenn es sein muss, dann auch mit ins Grab. Ihr müsst Euch also noch ein bisschen gedulden, bis Ihr erfahrt, was wahre Ewigkeit bedeutet. Und zwar bis Ihr in die Hölle fahrt, denn es ist sicher, dass Ihr dort bis an das Ende aller Tage schmoren werdet!« Orffyreus lachte schadenfroh.
Der Bürgermeister starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Auch alle anderen schauten ungläubig auf Orffyreus, der dem Blick seines Gegenübers standhielt.
»So seid Ihr bereit, Euer Leben zu opfern für diese Maschine?«, fragte der Bürgermeister ungläubig.
»Ich habe mein Leben für diese Maschine bereits geopfert«, antwortete Orffyreus.
Der Bürgermeister zuckte ratlos mit den Schultern. »Dann wird es so sein. Morgen werdet Ihr auf die Galeere gebracht. Schade nur um Eure Kinder, die Ihr nie mehr wiedersehen werdet. Und um Euer hübsches Weib. Aus meinen Augen mit ihm!«
Die Wächter rissen Orffyreus vom Boden empor und schleiften ihn rückwärts auf den Ausgang zu. Orffyreus versuchte, sich gegen diese Behandlung zu wehren, und strampelte heftig mit den Füßen; doch wegen der Ketten blieben seine Anstrengungen ohne Erfolg. »Auf ein Wort mit dem Herrn Bürgermeister!«, rief er, kurz bevor die Tür geöffnet wurde.
Mit einer knappen Handbewegung gebot der Bürgermeister den Wächtern, Orffyreus loszulassen. »Seid Ihr zur Besinnung gekommen?«, fragte er.
»Ihr habt gewonnen!«, antwortete Orffyreus. »Ich verrate Euch
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