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Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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aufgefallen war, mit einem grünen Wachskreis versiegelt. »Bringt dies zu Kerene Nagashi. Sie müsste in ihren Gemächern sein. Gebt es niemand anderem.« Als ob sie je so etwas tun würde!
    Manche Aufgenommene beschwerten sich – sehr leise und nur im Stillen –, wenn sie die breiten Korridore emporklimmen mussten, die sich spiralförmig durch den Turm wanden, aber Moiraine gefiel jeder Botengang, der sie in die Quartiere der Ajahs brachte, selbst wenn sie den halben Weg zur Spitze hinaufsteigen musste. Man konnte vieles erfahren, wenn man Leute dort beobachtete, wo sie wohnten. Selbst Aes Sedai waren unter solchen Umständen zugänglicher. Jedenfalls bis zu einem gewissen Grad; genug für jemanden, der wusste, wie er zuhören und beobachten musste.
    Die Ajah-Quartiere waren identisch in der Anzahl der Räume und im Grundriss, aber in den Details unterschieden sie sich sehr. In den Räumen der Grünen Ajah war auf jeder der gewaltigen weißen Bodenfliesen das maßstabsgetreue Abbild eines Schwerts eingearbeitet, und zwar Schwerter in zwei Dutzend Stilarten, ein- und doppelschneidig, gekrümmt und gerade. Jede Tür in den Korridoren war mit einem eingeschnitzten Schwert versehen, dessen Spitzen nach oben zeigten; die Schwerter auf den Türen zu den Gemächern der Sitzenden waren vergoldet, bei vielen anderen waren sie versilbert oder lackiert. Die Wandteppiche an den Wänden zwischen den hohen vergoldeten Kandelabern auf ihren Sockeln in Form von gebündelten Hellebarden zeigten kriegerische Szenen, angreifende Reiter und Schlachten und berühmte letzte Aufgebote, die sich mit denen uralter Schlachten lange untergegangener Länder abwechselten; viele davon waren zerrissen und befleckt, und sie alle waren im Verlauf der Jahrhunderte mit Geweben der Einen Macht konserviert worden. Seit den Trolloc-Kriegen war keine Aes Sedai mehr in die Schlacht geritten, aber wenn die Letzte Schlacht kam, würde die Kampf-Ajah an vorderster Front reiten. Bis dahin kämpfte sie dort für Gerechtigkeit, wo sie nur durch die Schwerter ihrer Behüter errungen werden konnte, aber das tat sie nur, während sie auf Tarmon Gai’don wartete.
    Ein anderer Unterschied war hier die Anzahl an Männern. Natürlich keine gewöhnlichen Männer. Behüter. Ob groß oder klein, breitschultrig oder schlank oder in einem Fall sogar ziemlich dick, alle bewegten sich mit der Anmut von Löwen oder Leoparden. Im Haus trug keiner den unverkennbaren Umhang, aber für ein aufmerksames Auge war der Umhang bloß eine Dekoration. Behüter konnte man in jedem Ajah-Quartier sehen, ausgenommen dem Quartier der Roten, aber die meisten Behüter bewohnten Räume in den Burgwächterunterkünften oder sogar in der Stadt. Die Behüter der Grünen wohnten oft in den gleichen Gemächern wie die Schwestern!
    Ein grünäugiger Behüter, der seinen Mangel an Größe durch Breite wettmachte, sah Moiraine im Vorbeigehen an; er bewegte sich schnell, als hätte er einen Botengang zu erledigen. Drei andere, die beieinander zusammenstanden, verstummten bei ihrem Näherkommen und nahmen ihre leise Unterhaltung wieder auf, als sie sie passiert hatte. Einer trug Silberglöckchen in den dunklen arafelianischen Zöpfen, ein anderer hatte einen dicken tarabonischen Schnurrbart, und der Dritte wies eine ziemlich dunkle Hautfarbe auf, vermutlich ein Tairener oder ein Süd-Altaraner, aber abgesehen von der Geschmeidigkeit ihrer Bewegungen teilten sie noch eine andere Sache miteinander und mit dem breiten Mann und jedem anderen Mann, der hier zu sehen war. Moiraine war einmal mit Kusinen auf die Falkenjagd gegangen, und dabei hatte sie in die Augen eines bekappten Adlers gesehen, der eine Krause aus schwarzen Federn um den Hals aufwies. Den Blick eines Behüters zu erwidern war eine ähnliche Erfahrung. Nicht wild, aber voller Selbsterkenntnis, sich völlig seiner Fähigkeiten bewusst, ihrer Fähigkeit zur Gewalt.
    Aber es war eine beherrschte Gewalt, diszipliniert durch ihre Willenskraft und den Bund mit ihrer Aes Sedai. Hier gingen sie einfach alltäglichen Angelegenheiten nach. Ein schlanker Mann mit einem bis auf den shienarischen Haarknoten kahl geschorenen Schädel lehnte an der Wand, stemmte einen Stiefel dagegen, stimmte eine Fiedel und ignorierte die scherzhaften Lästereien eines anderen Behüters, der meinte, es würde wie eine nasse Katze klingen, die man in einem Netz gefangen hatte. In einem breiten Nebenkorridor übten zwei andere in Hemdsärmeln mit Holzschwertern, die aus

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