Das Rad der Zeit 1. Das Original
selbstverständlich den Dolch unter sein
Kopfkissen. Rand blies die Kerze aus und kroch in sein Bett. Er konnte spüren,
dass sich im anderen Bett etwas Böses verbarg â nicht Mat jedoch; es kam durch
sein Kopfkissen. Er machte sich immer noch Sorgen deswegen, als ihn der Schlaf
übermannte.
Gleich von Beginn an wusste er, dass es
ein Traum war, einer von der Sorte, die nicht nur Träume waren. Er stand da und
sah die Holztür an, deren Oberfläche dunkel und rissig und von Splittern
bedeckt wirkte. Die Luft war kalt und feucht, und der Geruch nach Fäulnis
durchzog sie. In einiger Entfernung tropfte Wasser. Das Klatschen der Tropfen
warf ein hohles Echo in den Steingängen.
Widerstehe. Widerstehe ihm, und seine Macht
versagt.
Er schloss die Augen und konzentrierte
sich auf Der Königin Segen , auf sein Bett und auf sich selbst, wie er schlafend im Bett
lag. Wenn er die Augen öffnete, war die Tür immer noch da. Das hallende
Klatschen der Tropfen kam im Rhythmus seines Herzschlags, als ob sein Puls die
Sekunden für sie zähle. Er suchte Flamme und Nichts, wie Tam es ihm beigebracht
hatte, und fand innere Ruhe, doch auÃerhalb seines Geistes änderte sich nichts.
Langsam öffnete er die Tür und ging hinein.
Alles war gleich geblieben in dem Raum,
der aus dem Fels selbst herausgebrannt schien. Hohe Bogenfenster führten auf
einen Balkon ohne Geländer, und dahinter strömten die Schichtwolken wie ein
Fluss bei Hochwasser. Die Lampen aus schwarzem Metall schimmerten schwarz und
doch silbrig hell. Ihre Flammen leuchteten zu hell, als dass er sie direkt
hätte anblicken können. Das Feuer in dem monströsen Kamin prasselte, gab aber
keine Wärme ab. Jeder Stein des Kamins erinnerte schwach an ein vor Qual
verzerrtes Gesicht.
Alles war gleich, bis auf eine Sache. Auf
der glänzenden Tischplatte standen drei Statuetten â die rohen, unbehauenen
Gestalten menschenähnlich, als sei der Bildhauer zu schnell mit seinem Ton
umgegangen. Neben der einen stand ein Wolf. Die gut erkennbaren Einzelheiten
betonten noch die Grobheit der menschlichen Formen. Eine andere hielt einen
winzigen Dolch, auf dessen Griff ein roter Punkt leuchtete. Die letzte hielt
ein Schwert. Seine Nackenhaare sträubten sich. Er näherte sich der Figur, bis
er das in allen Einzelheiten sichtbare Reiherzeichen auf der winzigen Klinge
sehen konnte.
Sein Kopf fuhr in plötzlicher Panik hoch,
und er blickte direkt in den einzigen Spiegel des Raums. Immer noch war sein
Spiegelbild verschwommen zu sehen, aber nicht so sehr wie zuvor. Beinahe konnte
er seine Gesichtszüge erkennen. Wenn er sich vorstellte, dass er die Augen
zusammengekniffen hatte, konnte er fast erkennen, wer es war.
»Du hast dich zu lange vor mir
verborgen.«
Er wirbelte vor dem Tisch herum. Der Atem
rasselte in seiner Kehle. Einen Moment zuvor war er noch allein im Raum
gewesen, aber nun stand Baâalzamon vor den Fenstern. Wenn er sprach, dann
ersetzten Flammenhöhlen seine Augen und seinen Mund.
»Zu lang, aber nicht mehr lange.«
»Ich widerstehe dir«, sagte Rand heiser.
»Ich bestreite, dass du Macht über mich besitzt. Ich bestreite, dass du
existierst.«
Baâalzamon lachte. Es war ein volles
Lachen, das ihn vom Feuer her überrollte. »Glaubst du, es sei so leicht? Aber
das hast du ja immer geglaubt. Jedes Mal, wenn wir uns so gegenüberstanden,
hast du geglaubt, du könntest mir widerstehen.«
»Was meinst du damit â jedes Mal? Ich
widerstehe dir!«
»Das tust du immer, jedenfalls zu Beginn.
Diese Auseinandersetzung zwischen uns hat sich schon unzählige Male abgespielt.
Jedes Mal trägst du ein anderes Gesicht und einen anderen Namen, aber du bist
doch immer derselbe.«
»Ich verweigere mich dir.« Es war ein
verzweifeltes Flüstern.
»Jedes Mal setzt du deine Zwergenkräfte
gegen mich ein, und jedes Mal weiÃt du zum Schluss, wer von uns der Meister
ist. Zeitalter auf Zeitalter kniest du schlieÃlich vor mir, oder du stirbst und
wünschst dir dabei, du hättest noch die Kraft, niederzuknien. Armer Narr, du
kannst mich niemals besiegen.«
»Lügner!«, schrie er. »Vater der Lügen!
Vater der Narren, wenn du nichts Besseres vorbringst als das! Die Menschen
fanden dich im letzten Zeitalter, im Zeitalter der Legenden, und banden dich
dort, wo du hingehörst.«
Baâalzamon lachte wieder und immer
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