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Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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dann warf er sich
auf den Rücken herum und atmete tief durch. Mit einiger Mühe zog er schließlich
sein Schwert aus der Scheide. Von dem roten Stoff war nur etwas Asche übrig.
Seine Hände zitterten, als er es sich vor die Augen hob. Er musste beide Hände
dazu benützen. Es war eine Klinge mit dem Reiherzeichen – Reiherzeichen? Ja. Tam. Mein Vater – aber wenigstens war sie nur aus Stahl. Er musste dreimal zitternd ansetzen,
bis er sie in die Scheide zurückschieben konnte. Es musste etwas anderes gewesen sein.
Oder es gab noch ein anderes Schwert.
    Â»Ich heiße«, sagte er nach einer Weile,
»Rand al’Thor.« Weitere Erinnerungen krachten in seinen Kopf zurück wie eine
Bleikugel, und er stöhnte auf. »Der Dunkle König«, flüsterte er in sich hinein.
»Der Dunkle König ist tot.« Es gab keinen Grund zur Vorsicht mehr. »Shai’tan
ist tot.« Die Welt schien zu rucken. Er schüttelte sich in lautloser Freude,
bis ihm Tränen aus den Augen quollen. »Shai’tan ist tot!« Er lachte in den
Himmel hinein. Andere Erinnerungen. »Egwene!« Der Name bedeutete etwas
Wichtiges.
    Mit schmerzenden Muskeln stand er auf,
schwankte wie eine Weide im Wind und taumelte an Aginors Asche vorbei, ohne sie
anzublicken. Nicht mehr wichtig. Den ersten, steilen Teil des Abhangs fiel er mehr hinunter,
als dass er kletterte. Er strauchelte und schlitterte von Busch zu Busch. Als
er schließlich einen ebeneren Teil erreichte, schmerzten seine Abschürfungen
doppelt so sehr wie vorher, aber er fand genügend Kraft, um gerade eben stehen
zu können. Egwene. Er
rannte schwerfällig los. Es regnete Blätter und Blütenteile, als er durch das
Unterholz brach. Ich muss sie finden. Wer ist sie?
    Seine Arme und Beine schwangen eher wie
Grashalme umher, als dass sie sich dorthin bewegten, wohin er wollte. Taumelnd
fiel er gegen einen Baum und prallte so hart auf den Stamm, dass er ächzte.
Laub regnete auf seinen Kopf herab, als er das Gesicht an die raue Rinde
presste und sich festklammerte, um nicht zu fallen. Egwene. Er schob sich vom Baumstamm weg und eilte weiter. Beinahe im
gleichen Moment kippte er schon wieder, doch er zwang seine Beine, sich
schneller zu bewegen, sodass er vorwärts taumelte, wenn auch immer nur einen
Schritt weit davon entfernt, aufs Gesicht zu stürzen. Die Bewegung brachte
seine Beine dazu, ihm wieder besser zu gehorchen. Mit der Zeit stellte er fest,
dass er wieder aufrecht und mit schwingenden Armen rannte. Seine langen Beine
führten ihn in großen Sätzen den Hang hinunter. Er brach auf die Lichtung
hinaus, die nun zur Hälfte von der großen Eiche eingenommen wurde, die das Grab
des Grünen Mannes zierte. Da war der weiße Steinbogen mit dem eingemeißelten
uralten Symbol der Aes Sedai und die rußgeschwärzte, offene Grube, wo Feuer und
Wind versucht hatten, Aginor zu besiegen, und wo dieser Versuch fehlschlug.
    Â»Egwene! Egwene, wo bist du?« Ein
hübsches Mädchen blickte mit großen Augen auf. Sie kniete unter den weit
ausgebreiteten Ästen und hatte Blumen und Eichenlaub im Haar. Sie war schlank
und jung und verängstigt. Ja, das muss sie sein.
Natürlich. »Egwene, dem Licht sei Dank,
dass es dir gut geht!«
    Zwei andere Frauen waren noch bei ihr;
eine mit verschleierten Augen und einem langen Zopf, der immer noch mit ein
paar weißen Morgensternchen geschmückt war. Die andere lag ausgestreckt am
Boden, den Kopf auf zusammengefaltete Umhänge gelegt. Ihr himmelblauer Umhang
konnte das zerrissene Kleid nicht ganz verbergen. In dem schweren Stoff zeigten
sich Risse und angesengte Flecke, und ihr Gesicht war blass, doch die Augen
waren geöffnet. Moiraine. Ja, die Aes Sedai. Und die Dorfheilerin,
Nynaeve. Alle drei Frauen sahen ihn unverwandt
an.
    Â»Du bist doch in Ordnung, Egwene, oder?
Er hat dir doch nichts getan?« Er konnte jetzt laufen, ohne zu stolpern – bei
ihrem Anblick hätte er trotz aller Verletzungen tanzen können –, aber es tat
trotzdem gut, sich neben ihr in den Schneidersitz fallen zu lassen.
    Â»Ich habe ihn nicht einmal mehr gesehen,
nachdem du ihn …« Ihr Blick ruhte unsicher auf seinem Gesicht. »Wie steht es
mit dir, Rand?«
    Â»Mir geht’s gut.« Er lachte. Er berührte
ihre Wange und fragte sich, ob er sich das leichte Zurückzucken eingebildet
hatte. »Ein wenig Ruhe, und ich bin wie neu

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