Das Rad der Zeit 1. Das Original
Die Wasser der Bergheimat. Schimmernde Wasser, die einst durch ein
Land der Schönheit und Tapferkeit flossen. Vor zweitausend Jahren floss der
Manetherendrelle an den Mauern einer Bergstadt vorbei, die so herrlich
anzusehen war, dass sogar Steinwerker der Ogier kamen, um sie staunend zu
betrachten. Ackerland und Dörfer bedeckten diese Gegend und das Gebiet, das ihr
den Wald der Schatten nennt, und noch mehr. Aber diese Menschen betrachteten
sich als die Leute der Bergheimat, die Einwohner von Manetheren.
Ihr König war Aemon al Caar al Thorin,
Aemon, der Sohn des Caar, Sohn des Thorin, und Eldrene ay Carlan war seine
Königin. Aemon war ein so furchtloser Mann, dass das gröÃte Kompliment, das man
jemandem für seinen Mut machen konnte, sogar unter seinen Feinden damals hieÃ:
Der Mann hat Aemons Herz. Eldrene war so schön, dass man sich erzählte, die
Blumen blühten nur, um sie zum Lächeln zu bringen. Mut und Schönheit und
Weisheit und eine Liebe, die auch der Tod nicht zerbrechen konnte. Weint, wenn
ihr noch ein Herz im Leib habt, weil sie verloren sind, weil sogar die
Erinnerung an sie verloren ging. Weint, denn auch ihr Blut scheint verloren.«
Sie schwieg, und niemand sprach. Rand war
wie die anderen in ihrem Bann gefangen. Als sie wieder begann, lauschte er
begierig ihren Worten, genau wie die anderen.
»Beinahe zwei Jahrhunderte lang hatten
die Trolloc-Kriege die Welt der Länge und der Breite nach verwüstet, und wo
immer Schlachten tobten, da war das Banner von Manetheren mit seinem Roten
Adler in der vordersten Linie zu finden. Die Männer von Manetheren waren ein
Dorn im Fuà des Dunklen Königs und ein Stachel in seiner Hand. Singt von
Manetheren, das nie sein Knie dem Schatten beugte. Singt von Manetheren, dem
Schwert, das nicht zerbrochen werden konnte.
Sie waren weit weg, die Männer von
Manetheren, auf dem Feld von Bekkar, das man auch das Feld des Blutes nennt,
als sich die Nachricht verbreitete, dass eine Trolloc-Armee gegen ihre Heimat
marschierte. Zu weit entfernt, um etwas anderes zu tun, als darauf zu warten,
vom Tod ihres Landes zu hören, denn der Dunkle König wollte ihnen ein Ende
bereiten. Töte die mächtige Eiche, indem du ihre Wurzeln abhackst. Zu weit weg,
um etwas anderes zu tun, als zu trauern. Aber sie waren die Männer der
Bergheimat.
Ohne zu zögern, ohne an die Entfernung zu
denken, die sie zurücklegen mussten, marschierten sie vom ruhmreichen
Schlachtfeld los, immer noch mit Staub und Blut und Schweià bedeckt. Tag und
Nacht marschierten sie, denn sie hatten die Schrecken erlebt, die eine Armee
von Trollocs hinterlässt, und keiner von ihnen konnte ruhig schlafen, während
eine solche Gefahr Manetheren bedrohte. Sie marschierten, als hätten sie
Schwingen an den FüÃen, weiter und schneller, als ihre Freunde hofften und ihre
Feinde fürchteten. Zu jeder anderen Zeit hätte allein dieser Marsch Dichter und
Sänger beflügelt. Als die Armeen des Dunklen Königs über die Ländereien von
Manetheren herfallen wollten, standen die Mannen der Bergheimat bereits vor
ihnen mit dem Rücken zum Tarendrelle.«
Irgendein Dorfbewohner brachte seinen
Beifall zum Ausdruck, doch Moiraine fuhr fort, als habe sie es nicht gehört.
»Die Heerschar, der sich die Mannen von Manetheren gegenübersahen, war gewaltig
genug, um auch das tapferste Herz zum Zittern zu bringen. Raben verdunkelten
den Himmel, Trollocs verfinsterten das Land. Trollocs und ihre menschlichen
Verbündeten. Zehntausende und Aberzehntausende von Trollocs und
Schattenfreunden, von Schattenlords geführt. In der Nacht sah man mehr
Lagerfeuer als Sterne am Himmel, und in der Morgendämmerung sah man das Banner
von Baâalzamon an ihrer Spitze. Baâalzamon, das Herz der Dunkelheit. Ein
uralter Name für den Vater der Lügen. Der Dunkle König konnte noch nicht aus
seinem Gefängnis am Shayol Ghul befreit sein, denn wäre das der Fall gewesen,
hätte keine menschliche Macht ausgereicht, um ihm zu widerstehen, und doch war
eine gewaltige Macht hier versammelt. Schattenlords und so viel Böses, dass das
Licht zerstörende Banner durchaus angebracht schien und die Seelen der Männer,
die ihm gegenüberstanden, erzittern lieÃ.
Und doch wussten sie, was sie zu tun
hatten. Ihre Heimat lag gleich jenseits des Flusses. Sie mussten diese
Heerschar und die sie begleitenden Mächte von der Bergheimat
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