Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
stimmte auch oft, aber sobald das Versprechen eindeutig war, war es so bindend wie ein unter dem Licht abgelegter Schwur. Die Windsucherinnen würden Merilille niemals gehen lassen. Sie ließen sie ja kaum aus den Augen. »Vielleicht müsst Ihr sie mir zurückgeben, falls ich sie brauche.« Falls Vandene und ihre beiden Helferinnen Beweise fanden, dass sie eine Schwarze Ajah war. »Sollte das passieren, sorge ich für einen Ersatz.« Und sie hatte nicht die geringste Vorstellung, wer das wohl sein sollte.
»Sie muss den Rest ihres Jahres abdienen. Der Vereinbarung zufolge mindestens ein Jahr.« Zaida gestikulierte, als würde sie ein Zugeständnis machen. »Ihr Ersatz muss vor ihrer Abreise da sein. Ich werde sie nicht gehen lassen, ohne dass zuvor jemand ihren Platz eingenommen hat.«
»So soll es geschehen«, erwiderte Elayne ruhig. Das würde es verflucht noch mal auch müssen, da sie keine andere Wahl hatte!
Zaida lächelte flüchtig und schwieg. Chanelle scharrte mit den Füßen, aber mehr aus Ungeduld als um aufzustehen, und die Herrin der Wogen rührte sich nicht. Vermutlich hatte sie noch einen anderen Handel im Sinn, und offensichtlich wollte sie, dass Elayne den Anfang machte. Elayne beschloss, ihr Gegenüber warten zu lassen. Das Feuer loderte mittlerweile, es schickte Funken den Kamin hinauf und strahlte eine behagliche Wärme in das Zimmer, aber Elaynes feuchte Robe schluckte die in der Luft liegende Kühle und übertrug sie auf ihre Haut. Es war schön und gut, die Kälte zu ignorieren, aber wie sollte man ignorieren, kalt und nass zu sein? Sie erwiderte Zaidas Blick ungerührt und zeigte das gleiche flüchtige Lächeln. Essande trat ein, gefolgt von Naris und Sephanie, die Tabletts trugen. Auf dem einen standen eine silberne Teekanne in der Form eines Löwen und dünne grüne Tassen aus Meervolk-Porzellan, auf dem anderen gehämmerte Silberpokale und ein hoher Weinkrug, aus dem der Duft von Gewürzen strömte. Jeder nahm Wein, mit Ausnahme von Elayne, die ihn nicht einmal angeboten bekam. Sie schaute in ihren Tee und seufzte. Sie konnte den Tassengrund deutlich sehen. Hätten sie ihn noch schwächer aufgegossen, hätten sie ihr genauso gut Wasser geben können!
Einen Moment später durchquerte Aviendha das Zimmer, um ihren Weinpokal auf dem Tablett abzustellen, das seinen Platz auf einer Kommode gefunden hatte, und schenkte sich eine Tasse Tee ein. Sie widmete Elayne ein Nicken und ein Lächeln, eine Kombination aus Mitgefühl und der Andeutung, dass sie allen Ernstes wässrigen Tee Wein vorzog. Unwillkürlich lächelte Elayne zurück. Erstschwestern teilten sowohl das Gute wie das Schlechte. Birgitte grinste über den Rand ihres Pokals und leerte ihn mit einem Schluck bis zur Hälfte. Der Bund vermittelte ihre Heiterkeit über den Missmut, der von Elayne ausging. Und er vermittelte noch immer ihre Kopfschmerzen, die nicht nachgelassen hatten. Elayne rieb sich die Schläfe. Sie hätte darauf bestehen sollen, dass Merilille die Frau Heilte, und zwar in dem Moment, in dem sie ihr über den Weg lief. Einige Kusinen übertrafen Merilille in der Kunst des Heilens, aber sie war im Palast die einzige Schwester, die halbwegs gut darin war.
»Ihr benötigt Frauen, die Wegetore erschaffen«, sagte Zaida unvermittelt. Ihre vollen Lippen lächelten nicht mehr. Es gefiel ihr nicht, als Erste das Wort ergreifen zu müssen.
Elayne schlürfte ihren schaurigen Tee und schwieg.
»Es könnte dem Licht gefallen, wenn ich eine oder zwei Windsucherinnen hier zurücklasse«, fuhr Zaida fort. »Für einen festgesetzten Zeitraum.«
Elayne legte die Stirn in Falten, als müsste sie darüber nachdenken. Sie brauchte diese verdammten Frauen, und zwar mehr als eine oder zwei. »Was würdet Ihr als Gegenleistung erwarten?«, fragte sie schließlich.
»Eine Quadratmeile Land am Fluss Erinin. Gutes Land. Keinesfalls feucht oder sumpfig. Es muss den Atha’an Miere für unbegrenzte Dauer gehören. Und es muss unter unseren Gesetzen stehen, nicht unter denen von Andor«, fügte sie dann hinzu, als wäre das ein kaum erwähnenswerter nachträglicher Einfall.
Elayne verschluckte sich an ihrem Tee. Die Atha’an Miere hassten es, das Meer verlassen zu müssen, sie hassten es, außer Sichtweise von ihm zu sein. Und Zaida bat um Land, das tausend Meilen vom nächsten Meer entfernt war? Und bat auch noch darum, dass man es in jeder Hinsicht an sie abtrat? Cairhiener und Murandianer und sogar Altaraner hatten den Versuch, sich Teile
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