Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
Haar mit einem dunkelgrauen Tuch zurückband, und musste lächeln. Sie brauchte etwas, das sie aus dieser wirbelnden Schleife riss. »Vielleicht solltest du dieses eine Mal Seide und Juwelen tragen, Aviendha«, zog sie ihre Schwester auf. »Dyelin wäre das natürlich egal, aber die anderen sind nicht an Aiel gewöhnt. Sie könnten auf die Idee kommen, ich würde ein Stallmädchen beherbergen.«
Sie hatte es als Scherz gemeint – sie zogen einander ständig wegen ihre Kleidung auf, und Dyelin sah Aviendha immer entsetzt an, egal, was sie trug –, aber ihre Schwester musterte die Kleiderschränke an den Wänden, nickte dann und legte das Tuch neben sich auf den Sitz. »Nur, damit diese Hohen Herrinnen auch ordentlich beeindruckt sind. Glaube bloß nicht, ich würde das jetzt immer tun. Ich tue dir einen Gefallen.«
Für jemanden, der einem anderen einen Gefallen tat, brütete sie mit großem Interesse über den Gewändern, die Essande hervorholte, bevor sie sich für ein dunkelblaues Samtgewand mit grünen Schlitzen und ein Silbernetz für ihr Haar entschied. Es waren ihre Sachen, sie waren für sie angefertigt worden, aber sie hatte sie seit ihrer Ankunft auf Caemlyn gemieden, als wären sie voller Totenkopfspinnen. Sie strich über die Ärmel und zögerte, so als hätte sie es sich doch anders überlegt, aber schließlich ließ sie Naris die winzigen Perlenknöpfe schließen. Sie verzichtete auf die Smaragde, die ihr Elayne anbot und die großartig zu dem Gewand gepasst hätten, und behielt die silberne Schneeflockenkette und den schweren Elfenbeinarmreif, aber in letzter Minute steckte sie die Bernsteinschildkröte an ihre Schulter.
»Man kann nie wissen, wann man sie braucht«, sagte sie.
»Vorsicht ist besser als Nachsicht«, stimmte Elayne ihr zu. »Du siehst wunderschön in diesem Kleid aus.« Das war die Wahrheit, aber Aviendha errötete. Machte man ihr Komplimente, wie gut sie mit dem Bogen schoss oder wie schnell sie lief, nahm sie sie unbefangen entgegen, da sie sie verdiente, aber es fiel ihr schwer, die Tatsache zu akzeptieren, dass sie bildhübsch war. Diesen Teil von ihr hatte sie bis vor Kurzem erfolgreich ignorieren können.
Essande schüttelte missbilligend den Kopf, da sie sich nicht darüber im Klaren war, dass es sich bei der Brosche um ein Angreal handelte. Bernstein passte nicht zu blauem Samt. Vielleicht war es auch Aviendhas Messer mit dem Horngriff, das sie hinter den grünen Samtgürtel steckte. Die weißhaarige Frau achtete darauf, dass Elayne einen kleinen Dolch mit Saphiren auf der Scheide und am Knauf trug, der an einem Gürtel aus Webgold hing. Alles musste so sein, wie es sein sollte, um Essandes Zustimmung zu finden.
Rasoria sah zweimal hin, als Aviendha das Vorzimmer in Samt betrat. Die Gardistinnen hatten sie noch nie zuvor in etwas anderem als der Aiel-Tracht gesehen. Aviendha runzelte die Stirn, als hätten sie gelacht, und umklammerte den Gürteldolch fest, aber glücklicherweise wurde ihre Aufmerksamkeit von einem mit einem Tuch abgedeckten Tablett abgelenkt, das auf einem langen Seitentisch an der Wand stand. Während sie sich angezogen hatten, hatte man Elaynes Mittagessen gebracht. Aviendha riss das blau gestreifte Tuch zur Seite und versuchte Elayne für das Essen zu interessieren, sie lächelte und wies darauf hin, wie süß das Kompott aus getrockneten Pflaumen doch sein würde, und war entzückt über das Schweinefleisch in Brei. Rasoria räusperte sich und erwähnte, dass in dem größeren Wohnzimmer der Gemächer ein ordentliches Feuer loderte. Sie wäre mehr als glücklich, für Lady Elayne das Tablett hinübertragen zu dürfen. Jeder versuchte, Elayne dazu zu bringen, doch vernünftig zu essen, was sie als »vernünftig« betrachteten, aber das hier war lächerlich. Das Tablett hatte bereits einige Zeit dort gestanden. Der Brei war eine erstarrte Masse, der in der Schüssel kleben geblieben wäre, hätte sie sie umgekippt!
Die vier Hohen Herrinnen und Hohen Herren von vier Häusern warteten auf sie, und sie hatten lange genug gewartet. Sie machte darauf aufmerksam, bot den beiden jedoch an, etwas zu essen, falls sie hungrig waren. Tatsächlich deutete sie an, sogar darauf zu bestehen, dass sie etwas aßen. Das reichte, um Aviendha mit einem Schauder das Tuch über das Tablett decken zu lassen, und auch Rasoria verschwendete keine Zeit mehr.
Es war nur ein kurzer Weg durch den eisigen Korridor zum Gästewohnzimmer, und das Einzige, was sich außer ihnen
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