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Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)

Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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zu erheben schien, unerreichbar trotz der massiven Brücken, die hoch über dem Wasser aufragten, damit die Schiffe mühelos unter ihnen hindurchsegeln konnten. Die Weiße Burg mit ihrem knochenweißen Hauptturm, der aus dem Herzen der Stadt zu einer Höhe von fünfhundert Fuß emporwuchs, erfüllte Egwene mit einer Sehnsucht nach der Heimat. Nicht nach den Zwei Flüssen, sondern nach der Burg. Das war jetzt ihre Heimat. Rauch erregte ihre Aufmerksamkeit, ein dunstiger schwarzer Strich, der vom anderen Ufer jenseits der Stadt emporstieg, und sie verzog das Gesicht. Daishar stampfte im Schnee mit den Hufen, aber ein Klaps auf den Hals reichte aus, den Braunen zu beruhigen. Um seine Reiterin zu beruhigen, würde es mehr brauchen. Heimweh war das kleinste aller Probleme. Winzig, verglichen mit dem Rest.
    Mit einem Seufzen legte sie die Zügel auf dem hohen Knauf ihres Sattels ab und hob das lange Messingfernrohr. Ihr Umhang fiel zurück und rutschte von einer Schulter, aber sie ignorierte die Kälte, die ihren Atem in Nebel verwandelte, und beschattete die Linse mit einer behandschuhten Hand vor dem grellen Sonnenlicht. Die Stadtmauern sprangen förmlich in ihrem Sichtfeld heran. Sie konzentrierte sich auf die hohen, ringförmigen Mauern des Nordhafens, der flussaufwärts in die Strömungen hineinragte. Auf den Wehrgängen, die den Hafen umrundeten, bewegten sich Menschen zielstrebig, aber aus dieser Entfernung konnte sie kaum die Männer von den Frauen unterscheiden. Trotzdem war sie froh, dass sie nicht ihre Stola, mit den sieben Farbstreifen trug und dass ihr Gesicht tief im Schatten der Kapuze lag, nur für den Fall, dass dort unten jemand ein besseres Fernrohr als sie hatte. Die breite Öffnung des von Menschenhand errichteten Hafens wurde von einer massiven Eisenkette blockiert, die mehrere Fuß über dem Wasser gespannt war. Winzige Punkte auf dem Wasser, Vögel, die vor dem Hafen nach Beutefischen tauchten, verliehen der Kette einen Maßstab. Ein schrittlanges Glied hätte zwei Männer benötigt, um hochgehoben werden zu können. Ein Ruderboot hätte vielleicht unter der Barriere hindurchschlüpfen können, aber kein Schiff von welcher Größe auch immer würde dort einlaufen, es sei denn, die Weiße Burg erlaubte es. Natürlich war die Kette nur dazu gedacht, die Feinde fernzuhalten.
    »Da sind sie, Mutter«, murmelte Lord Gareth, und sie senkte das Fernrohr. Ihr General war ein stämmiger Mann mit einem einfachen Brustharnisch über einem schmucklosen braunen Mantel; es gab weder eine Spur von Gold noch irgendwelche Verzierungen. Das Gesicht hinter den Stangen des Helmvisiers war offen und von den Elementen gezeichnet, und die Jahre hatten ihm eine seltsame Art von Vertrauen einflößender Ruhe verliehen. Sollte sich der Krater des Verderbens vor ihm auftun, würde er seine Angst verdrängen und alles Nötige tun. Und andere Männer würden ihm folgen. Er hatte auf einem Schlachtfeld nach dem anderen bewiesen, dass sein Weg der Weg zum Sieg war. Ein guter Mann, der ihr da folgte. Ihr Blick folgte der Hand mit dem Panzerhandschuh, die flussaufwärts zeigte.
    Gerade bogen fünf, sechs – nein, sieben – Flussschiffe um eine Landspitze und schnitten Bahnen in den Erinin. Sie waren groß, was die Schiffe anging, die diesen Fluss befuhren; Dreimaster, deren Dreieckssegel sich wölbten, und ihre langen Ruder schnitten hart in das blaugrüne Wasser, um noch für etwas zusätzliche Fahrt zu sorgen. Alles an diesem Dreimaster kündete von dem Verlangen nach Schnelligkeit, dem Verlangen, Tar Valon jetzt zu erreichen! Der Fluss war hier tief genug, dass die Schiffe an einigen Stellen auf Rufweite an den Ufern vorbeifahren konnten, aber diese hier segelten fast in einer Reihe in der Mitte des Erinin, so gut das den Steuermännern gelang. Matrosen, die sich oben an den Masten festklammerten, beobachteten die Ufer, und sie hielten nicht nach Untiefen Ausschau.
    Tatsächlich hatten sie nichts zu befürchten, solange sie außer Bogenschussweite blieben. Gewiss, von ihrem Standort hätte Egwene jedes Einzelne dieser Schiffe in Brand stecken oder einfach Löcher in ihre Rümpfe schneiden und sie versenken können. Eine Arbeit von wenigen Augenblicken. Aber das würde unweigerlich bedeuten, dass alle an Bord ertrinken würden. Die Strömungen waren stark, das Wasser eiskalt, und die Strecke zum Ufer lang – jedenfalls für jene, die schwimmen konnten. Selbst nur ein Tod würde die Macht für sie zu einer Waffe werden lassen.

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