Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
mindestens hundertmal sagen gehört haben, dass es gefährlich ist. Ich weiß, dass sie einwilligen werden, ihn zu bewachen.«
Rand nickte bedächtig. Ogier logen nie, und die wenigen, die den Versuch unternahmen, waren darin so schlecht, dass sie es nur selten ein zweites Mal versuchten. Das Wort eines Ogiers wurde so ernst genommen wie der Eidschwur eines jeden anderen. Die Tore würden schwer bewacht werden. Bis auf die in den Grenzländern und in den Bergen südlich von Amadicia und Tarabon. Durch die Kurzen Wege konnte man vom Rückgrat der Welt zum Aryth-Meer reisen, und von den Grenzländern zum Meer der Stürme, und das alles in einer seltsamen Welt außerhalb der Gesetze der Zeit, vielleicht auch nebenher. Zwei Tage auf den Kurzen Wegen konnten einen hundert Meilen weit bringen oder auch fünfhundert, es kam auf die Pfade an, die man wählte. Und solange man bereit war, die Gefahren nicht zu scheuen. Auf den Kurzen Wegen konnte man sehr schnell sterben oder Schlimmeres. Die Wege waren schon vor langer Zeit entartet. Aber Trollocs war das egal, jedenfalls solange sie von Myrddraal angetrieben wurden. Und neun Ausgänge würden unbewacht bleiben, was die Gefahr barg, dass sich jeder von ihnen öffnen und Zehntausende Trollocs ausspeien konnte. Ohne die Zusammenarbeit mit einem Stedding würde es vermutlich unmöglich sein, auch nur irgendeine Art von Wachtposten zu schaffen. Viele Menschen glaubten nicht an die Existenz der Ogier, und von denen, die es taten, wollten sich nur wenige einmischen. Womöglich die Asha’man, wenn Rand genug gehabt hätte, denen er vertrauen konnte.
Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er hier nicht als Einziger müde war. Loial sah erschöpft und blass aus. Sein Mantel war zerknittert und hing an seinem Körper. Für einen Ogier war es gefährlich, zu lange von einem Stedding fernzubleiben, und Loial hatte sein Zuhause vor fast fünf Jahren verlassen. Vielleicht hatten die kurzen Besuche im Laufe der vergangenen Monate nicht ausgereicht. »Vielleicht solltest du jetzt nach Hause gehen, Loial. Stedding Shangtai ist nur wenige Tage von hier entfernt.«
Loials Stuhl knirschte alarmierend, als er sich kerzengerade aufsetzte. Auch seine Ohren schossen alarmiert in die Höhe. »Rand, dort ist meine Mutter. Sie ist eine berühmte Sprecherin. Sie würde niemals einen Großen Stumpf versäumen.«
»Sie kann unmöglich schon den ganzen Weg von den Zwei Flüssen gekommen sein«, sagte Rand. Angeblich war Loials Mutter auch eine berühmte Wanderin, aber selbst für Ogier gab es Grenzen.
»Du kennst meine Mutter nicht«, murmelte Loial, eine Trommel, die düster dröhnte. »Und sie wird noch immer Erith im Schlepptau haben. Bestimmt sogar.«
Min beugte sich dem Ogier zu, ein gefährliches Funkeln in den Augen. »So wie du über Erith sprichst, weiß ich, dass du sie heiraten willst, warum also läufst du weiter vor ihr weg?«
Rand musterte sie vom Kamin aus. Heirat. Aviendha nahm an, dass er sie heiraten würde, und nach Aiel-Sitte Elayne und Min auch. Elayne schien das ebenfalls zu glauben, so seltsam das auch erschien. Er war jedenfalls dieser Ansicht. Was dachte Min? Sie hatte es nie ausgesprochen. Er hätte niemals zulassen dürfen, dass sie mit ihm den Bund einging. Der Bund würde sie alle in Trauer ersticken lassen, wenn er starb.
Loials Ohren zitterten jetzt vor Vorsicht. Diese Ohren waren einer der Gründe, warum Ogier so schlechte Lügner abgaben. Er machte beschwichtigende Gesten, als wäre Min die größere von ihnen. »Nun, ich möchte es ja, Min. Natürlich möchte ich. Erith ist sehr schön und scharfsinnig. Habe ich dir je erzählt, wie aufmerksam sie mir zugehört hat, als ich ihr erklärt habe, wie …? Natürlich habe ich das. Ich erzähle das jedem. Ich will sie heiraten. Aber noch nicht. Das ist nicht so wie bei euch Menschen, Min. Du tust alles, was Rand sagt. Erith wird von mir erwarten, dass ich mich niederlasse und zu Hause bleibe. Ehefrauen lassen ihre Männer niemals irgendwohin gehen, wenn es bedeutet, dass sie das Stedding für länger als ein paar Tage verlassen müssen. Ich muss mein Buch beenden, und wie kann ich das, wenn ich nicht alles miterlebe, was Rand tut? Ich bin sicher, er hat alle möglichen Dinge getan, seit ich Cairhien verlassen habe, und ich weiß, dass ich niemals alles richtig niederschreiben werde. Erith würde das nicht verstehen. Min? Min, bist du böse auf mich?«
»Wie kommst du auf die Idee, ich könnte dir böse sein?«, fragte sie
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