Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
konnte nichts anderes tun, als neben dem purpurfarbenen Wagen entlangzureiten, so zu reiten, als wäre das Leben einfach wunderbar, einfach die breite Hauptstraße entlangzureiten, vorbei an den Ausrufern der Läden und den Straßenhändlern, die auf Tabletts ihre Waren verkauften. Und vorbei an den seanchanischen Soldaten. Sie marschierten jetzt nicht in Formation, und sie betrachteten die hell bemalten Wagen aufmerksam. Einfach nebenher zu reiten und darauf zu warten, dass Tuon losbrüllte. Sie hatte ihr Wort gegeben, aber ein Gefangener würde alles sagen, damit man seine Fesseln lockerte. Sie brauchte bloß die Stimme zu heben, und tausend seanchanische Soldaten würden zu ihrer Rettung herbeieilen. Die Würfel rollten durch Mats Kopf. Nebenherzureiten und auf die Augenzahl des Dunklen Königs zu warten.
Tuon sagte kein Wort. Sie schielte neugierig am Saum ihrer tiefen Kapuze vorbei, neugierig und vorsichtig, aber sie hielt ihr Gesicht und auch die Hände unter dem schwarzen Umhang verborgen, schmiegte sich sogar wie ein Kind, das in einer ungewohnten Umgebung den Schutz seiner Mutter suchte, an Setalle. Kein Wort, bis sie die Tore von Coramen passiert hatten und auf den Fuß des Hügels zurollten, der sich hinter der Stadt erhob und wo Luca bereits die Wagen des Wanderzirkus versammelte. Das war der Augenblick, in dem Mat wusste, dass es für ihn wirklich kein Entkommen gab. Sie würde an dem Haken ziehen. Sie wartete bloß den Zeitpunkt ab, der ihr gefiel.
Er sorgte dafür, dass an diesem Abend alle Seanchaner in ihren Wagen blieben, und die Aes Sedai auch. Soweit Mat wusste, hatte niemand Sul’dam oder Damane gesehen, aber dieses eine Mal debattierten die Aes Sedai nicht. Tuon auch nicht. Sie stellte eine Forderung, die Setalles Brauen fast bis zum Haaransatz emporschnellen ließen. In gewisser Weise war es als Bitte formuliert, die Erinnerung an ein Versprechen, das er gegeben hatte, aber er erkannte eine Forderung, wenn eine Frau sie aussprach. Nun, ein Mann musste der Frau vertrauen, die er heiraten würde. Er sagte ihr, er würde darüber nachdenken, nur damit sie nicht auf die Idee kam, sie könnte alles von ihm bekommen, was ihr in den Sinn kam. Er dachte den ganzen Tag darüber nach, während Luca seine Vorstellung gab, dachte darüber nach und schwitzte, während einige Seanchaner kamen, um die Artisten anzustarren. Er dachte darüber nach, während die Wagen in östlicher Richtung durch die Hügel rollten und langsamer fuhren als je zuvor, aber er wusste, welche Antwort er ihr geben musste.
Am dritten Tag nach der Überfahrt erreichten sie die Salzstadt Jurador, und er sagte Tuon, dass er es tun würde. Sie lächelte ihn an, und die Würfel in seinem Kopf verstummten wie abgeschnitten. Das würde er nie mehr vergessen. Sie lächelte, und dann verstummten die Würfel. Das reichte aus, um einen Mann in Tränen ausbrechen zu lassen!
KAPITEL 29
Etwas flackert auf
D as sein Wahnsinn«, knurrte Domon von seinem Platz aus, wo er mit verschränkten Armen stand, als wollte er den Weg aus dem Wagen blockieren. Vielleicht tat er es ja tatsächlich. Sein Kinn war stur nach vorn geschoben und präsentierte einen Bart, der zwar gestutzt, aber noch immer länger als das Haar auf seinem Kopf war, und seine Hände waren in ständiger Bewegung wie bei einem Mann, der daran dachte, sie zu Fäusten zu ballen oder mit etwas zu ringen. Domon war ein breiter Mann und gar nicht so fett, wie es auf den ersten Blick aussah. Mat wollte Faustschläge oder einen Ringkampf vermeiden, wenn es ging.
Er band das schwarze Seidentuch um seinen Hals zu Ende, verbarg die Narbe und schob die langen Enden unter seinen Mantel. Die Wahrscheinlichkeit, dass es in Jurador jemanden gab, der über einen Mann aus Ebou Dar mit einem schwarzen Tuch Bescheid wusste … Nun, die Chancen schienen gut zu stehen, selbst wenn man sein Glück abzog. Natürlich musste man immer in Betracht ziehen, dass er ta’veren war, aber wenn er Suroth oder einer Gruppe von Dienern aus dem Tarasin-Palast begegnen würde, hätte er auch mit einem um den Kopf gewickelten Handtuch im Bett liegen bleiben können, und es würde trotzdem geschehen. Manchmal musste man einfach auf sein Glück vertrauen. Das Problem war nur, dass an diesem Morgen beim Aufwachen wieder die Würfel in seinem Kopf rollten. Sie prallten noch immer gegen die Innenseiten seines Schädels.
»Ich habe es versprochen«, sagte er. Es war gut, wieder vernünftige Kleidung zu tragen. Der Mantel
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