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Das Rad der Zeit 11. Das Original: Die Traumklinge (German Edition)

Das Rad der Zeit 11. Das Original: Die Traumklinge (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 11. Das Original: Die Traumklinge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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aufwendigen Krone zeigte, die vor einer längst vergangenen Amyrlin kniete, und tat so, als würde sie ihn studieren, während sie unauffällig nach links und rechts schaute. Abgesehen von ihr blieb der Korridor so leblos wie eine vergessene Gruft. Ihre Hand schoss hinter den Rand des Wandteppichs, und im nächsten Augenblick umklammerte sie eine zusammengefaltete Nachricht und ging weiter. Ein Wunder, dass sie sie so schnell erreicht hatte. Das Papier schien ihre Hand zu verbrennen, aber sie konnte sie nicht hier lesen. Mit gesetzten Schritten stieg sie zögernd zum Quartier der Weißen Ajah hinauf. Von allem unberührt, jedenfalls nach außen hin.
    Der Große Herr hatte sie gezeichnet.
    Andere Schwestern würden sie ansehen. Die Weißen waren die kleinsten der Ajahs, im Moment hielten sich kaum mehr als zwanzig Schwestern in der Burg auf, und doch hatte es den Anschein, dass sich fast alle im Durchgangskorridor aufhielten. Der Weg über die weißen Fliesen erschien wie ein Spießrutenlauf.
    Seaine und Ferane gingen trotz der späten Stunde aus, die Stolen über die Arme drapiert, und Seaine schenkte ihr ein kleines bedauerndes Lächeln, das in ihr das Verlangen aufsteigen ließ, die Sitzende zu töten, die immer ihre spitze Nase in Dinge steckte, die sie nichts angingen.
    Ferane zeigte kein Mitgefühl. Ihr Stirnrunzeln verriet mehr offene Wut, als eine Schwester jemals hätte zeigen dürfen. Alviarin konnte nur versuchen, die kupferhäutige Frau zu ignorieren, ohne es zu offensichtlich aussehen zu lassen. Klein und stämmig, mit einem ungewöhnlich sanften runden Gesicht und einem Tintenklecks auf der Nase, entsprach Ferane keinesfalls dem allgemeinen Bild einer Domani, aber die Erste Denkerin verfügte über das hitzige Temperament einer Domani. Sie war durchaus dazu in der Lage, für die geringste Geringschätzung eine Buße zu verhängen, vor allem bei einer Schwester, die sowohl sich wie auch die Weißen »entehrt« hatte.
    Die Ajah bekam die Schande, dass man sie der Bewahrerinnenstola entkleidet hatte, empfindlich zu spüren. Die meisten waren auch wütend über den Verlust an Einfluss. Es gab viel zu viele finstere Blicke, einige davon von Schwestern, die weit genug unter ihr standen, dass sie bei einem Befehl von ihr hätten springen sollen. Andere wandten ihr demonstrativ den Rücken zu.
    Sie bahnte sich mit gleichmäßigem Schritt einen Weg durch das Stirnrunzeln und die Anfeindungen, ohne jede Eile, aber sie fühlte, wie Hitze in ihren Wangen aufstieg. Sie versuchte sich in die besänftigende Natur des Weißen Quartiers zu versenken. Die schlichten weißen Wände, die von Silberspiegeln gesäumt wurden, wiesen nur ein paar einfache Wandteppiche auf, Bilder von schneebedeckten Bergen, schattige Wälder, Bambushaine, durch die schräg das Sonnenlicht fiel. Seit sie zur Aes Sedai geworden war, hatte sie diese Bilder benutzt, um in Zeiten von Anspannung Ruhe zu finden. Der Große Herr hatte sie gezeichnet. Sie verkrallte die Fäuste im Stoff ihrer Röcke, um die Hände an den Seiten zu halten. Die Nachricht schien ihre Hand zu verbrennen. Ein ruhiger, gesetzter Schritt.
    Zwei der Schwestern, an denen sie vorbeiging, ignorierten sie einfach, weil sie sie nicht sahen. Astrelle und Tesan diskutierten über verdorbene Speisen. Eigentlich stritten sie, die Gesichter unbewegt, aber die Augen lebhaft und die Stimmen am Rande der Erregung. Sie waren sinnigerweise Rechenmeister, als könnte man Logik auf Zahlen reduzieren, und sie schienen darüber zu debattieren, wie diese Zahlen zu benutzen waren.
    »Rechnet man mit Raduns Standard der Abweichung, ist die Rate elfmal so hoch, wie sie sein sollte«, sagte Astrelle angespannt. »Außerdem muss das auf den Einfluss des Schattens hinweisen …«
    Tesan unterbrach sie, die mit Holzperlen geschmückten Zöpfe klickten, als sie den Kopf schüttelte. »Der Schatten, ja, aber Raduns Standard, der ist veraltet. Ihr müsst Covanens Erste Regel der Mittellinie benutzen und bereits verdorbenes und verderbendes Fleisch separat berechnen. Die korrekte Antwort ist, wie ich gesagt habe, dreizehn und neun. Ich habe sie noch nicht auf Mehl oder Bohnen oder Linsen angewendet, aber es erscheint intuitiv offensichtlich …«
    Astrelle plusterte sich auf, und da sie eine mollige Frau mit einer formidablen Oberweite war, konnte sie sich auf beeindruckende Weise aufplustern. »Covanens Erste Regel?«, sprudelte sie hervor. »Das ist noch nicht richtig bewiesen worden. Korrekte und

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