Das Rad der Zeit 11. Das Original: Die Traumklinge (German Edition)
ließ sich langsam auf das mit Gänsefedern gefüllte Kissen auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch nieder. Nicht sanft genug, um eine Grimasse zu vermeiden, als sie ihr Gewicht dorthin platzierte. Sie unterdrückte ein Wimmern. Zuerst war sie der Ansicht gewesen, dass die Demütigung durch Silvianas Riemen weitaus schlimmer als die Schmerzen war, aber die Schmerzen gingen nie mehr ganz weg. Ihr Hinterteil war eine Masse aus Schwellungen. Und morgen würde die Herrin der Novizinnen weitere hinzufügen. Und am darauffolgenden Tag und am übernächsten … Eine düstere Zukunftsperspektive, endlose Tage, die sie unter Silvianas Riemen schrie und jammerte, die Anstrengung, die Blicke der Schwestern zu erwidern, die alle über die Besuche in Silvianas Arbeitszimmer Bescheid wussten.
Sie versuchte die Gedanken zu verjagen, tauchte eine gute Feder mit Stahlspitze in die Tinte und fing an, chiffrierte Befehle auf dünne Seiten zu schreiben. Talene musste natürlich aufgespürt und zurückgebracht werden. Zur Bestrafung und Hinrichtung, wenn sie bloß in Panik geraten war, und wenn nicht, falls sie eine Möglichkeit gefunden hatte, ihre Eide zu verraten … Alviarin klammerte sich an diese Hoffnung, während sie befahl, Yukiri und Doesine unter scharfe Beobachtung zu stellen. Es musste eine Möglichkeit gefunden werden, sie zu entführen. Und sollte sich alles nur als Zufall und Einbildung herausstellen, würde man noch immer etwas aus dem fabrizieren können, was sie gesagt hatten. Sie würde die Ströme des Zirkels leiten. Man würde etwas machen können.
Sie schrieb wie wild, sich nicht bewusst, dass ihre freie Hand zur Stirn gewandert war, auf der Suche nach dem Zeichen.
Nachmittägliches Sonnenlicht fiel schräg an den hohen Bäumen auf dem Kamm über dem Shaido-Lager vorbei, Singvögel trällerten auf den Zweigen. Sommertangare und Blauhäher schossen farbigen Blitzen gleich durch die Luft, und Galina lächelte. Am Morgen hatte es heftig geregnet, und die Luft unter den langsam dahintreibenden weißen Wolken hatte noch immer einen kühlen Biss. Sicherlich war ihre graue Stute mit dem geschwungenen Hals und munteren Schritt der Besitz einer Adligen gewesen, oder zumindest eines reichen Kaufmanns. Niemand sonst hätte sich ein so prächtiges Tier leisten können, mit Ausnahme einer Schwester vielleicht. Sie genoss die Ausritte auf dem Pferd, das sie Schnell genannt hatte, weil es sie eines Tages schnell in die Freiheit bringen würde; genau wie sie diese Zeit für sich genoss, in der sie darüber nachdenken konnte, was sie tun würde, sobald sie ihre Freiheit zurückerlangt hatte. Sie hatte Pläne, es allen heimzuzahlen, die sie im Stich gelassen hatten, und beginnen würde sie mit Elaida. Über diese Pläne nachzudenken, darüber, wenn sie endlich in die Tat umgesetzt werden würden, machte sehr viel Spaß.
Das hieß, diese Ausritte machten ihr Spaß, solange sie vergessen konnte, dass dieses Privileg genauso sehr ein Zeichen dessen war, wie unerschütterlich sie Theravas Besitz war, wie das dicke weiße Seidengewand und der Gürtel und der Kragen, die mit Feuertropfen besetzt waren. Ihr Lächeln verwandelte sich in eine Grimasse. Schmuck für ein Schoßtier, das sich amüsieren durfte, wenn es nicht seine Besitzerin zu amüsieren hatte. Und sie konnte die juwelenbesetzten Herrschaftszeichen nicht entfernen, nicht einmal hier draußen. Jemand konnte sie sehen. Sie ritt hier, um den Aiel aus dem Weg zu gehen, aber sie konnten auch im Wald sein. Therava konnte womöglich davon erfahren. So schwer es auch fiel, das vor sich selbst zuzugeben, sie fürchtete die falkenäugige Weise Frau bis in die Knochen. Therava erfüllte ihre Träume, und sie waren niemals angenehm. Sie wachte oft schweißgebadet und weinend auf. Aus diesen Albträumen zu erwachen war immer eine Erleichterung, ob sie nun den Rest der Nacht Schlaf fand oder nicht.
Diese Ausritte beinhalteten nie den Befehl, nicht zu fliehen, ein Befehl, dem sie hätte gehorchen müssen , und sein Fehlen brachte seine eigene Bitterkeit. Therava wusste, dass sie zurückkehren würde – ganz egal, wie sehr man sie auch misshandelte –, von der Hoffnung getrieben, dass die Weise Frau eines Tages den verfluchten Gehorsamseid wieder zurücknahm. Sie würde die Macht wieder lenken können, wann und wie sie es wollte. Sevanna ließ sie manchmal die Macht lenken, um unwichtige Aufgaben zu erledigen oder um einfach nur zu demonstrieren, dass sie es befehlen konnte, aber das
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