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Dunkel ueber Longmont

Dunkel ueber Longmont

Titel: Dunkel ueber Longmont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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KAPITEL 1
Es beginnt in Dunkelheit
    Bildnisse des Erdkönigs schmückten Burg Sylvarresta.
    Überall waren sie zu sehen sie hingen unter Ladenfenstern, standen aufrecht an den Mauern bei den Stadttoren oder waren neben Türen angenagelt überall dort, wo der Erdkönig Zutritt in ein Heim finden konnte.
    Viele der Figuren waren derbe Gebilde aus Kinderhand ein paar Zweige, zur Gestalt eines Mannes gebogen, oft mit einer Krone aus Eichenblättern im Haar. Draußen vor den Türen der Läden und Wirtshäuser jedoch fand man reicher verzierte Holzfiguren in voller Mannesgröße, oft kunstvoll bemalt und in elegante Reisekleidung aus grüner Wolle gekleidet.
    In jenen Tagen hieß es, am Abend des Hostenfestes werde der Geist der Erde in die Bildnisse fahren, und der Erdkönig werde erwachen. Bei seinem Erwachen werde er die Familie für ein weiteres Jahr beschützen und dabei helfen, die Ernte einzubringen.
    Es war eine festliche Zeit, eine Zeit der Freude. Der Vater spielte die Rolle des Erdkönigs, oder vielleicht ein Großvater oder Onkel, wenn die Familie vaterlos war. Im Morgengrauen des ersten Tages des Hostenfestes standen die Kinder auf und stellten fest, daß der Erdkönig Leckerbissen gebracht hatte Backwerk und frisch geröstete Kastanien, Beutel mit Granatäpfeln oder Feigen aus Indhopal, oder wilde Pilze und Kräuter. Für die Erwachsenen gab es jungen Wein in Flaschen oder kleine Fäßchen starken Bieres. Für die Mädchen brachte der Erdkönig aus Stroh geflochtene Spielzeugpuppen und Windblumen, während die Jungen vielleicht ein Schwert bekamen oder einen aus Eschenholz geschnitzten Ochsenkarren.
    All diese vom Erdkönig gebrachten Schätze waren nur ein Beweis für seinen Reichtum – jenen unermeßlichen Hort der »Früchte des Waldes und der Felder«, aus dem er jene beschenkte, die, wie es in der Legende hieß, die Erde liebten.
    Die Häuser und Geschäfte rings um die Burg waren also geschmückt an jenem Abend, dem 19. September, vier Tage vor dem Hostenfest. Sämtliche Läden waren sauber und wohl bestückt für den Herbstjahrmarkt, der in Kürze stattfinden würde.
    Die  Straßen  lagen  verlassen  da,  denn  die  Morgendämmerung stand kurz bevor. Tatsächlich waren, von der Stadtgarde und ein paar stillenden Müttern abgesehen, die Bäcker des Königs die einzigen, die so früh am Morgen Grund hatten aufzusein, und sie schöpften just in diesem Augenblick den Schaum vom Bier des Königs und mischten ihn unter ihren Teig, damit die Laibe bis zum Morgen gehen konnten.
    Sicherlich, die Aale waren auf ihrer jährlichen Wanderung im Fluß Wye unterwegs, und so hätte man sich vorstellen können, daß noch ein paar Fischer draußen waren, doch die hatten ihre Reusen aus Weide eine Stunde nach Mitternacht geleert und die Fässer mit den lebenden Aalen zum Häuten und Salzen bereits vor zwei Uhr morgens bei den Metzgern abgeliefert.
    Draußen vor den Stadtmauern waren die Wiesen südlich von Burg Sylvarresta voll mit dunklen Zelten, denn Karawanen aus Indhopal waren nach Norden gekommen, um die Sommergewürze der letzten Ernte zu verkaufen. In den Lagern draußen vor der Burg war es bis auf das gelegentliche Schreien eines Esels still.
    Die Tore der Stadt waren geschlossen, und alle Fremden hatte man Stunden zuvor aus den Vierteln der Händler vor die Mauern geführt. Menschen ließen sich zu dieser Nachtzeit nicht auf den Straßen blicken allenfalls ein paar rattenähnliche Ferrins auf der Suche nach Knochen zum Abnagen oder nach Stoff oder Haar, um ihre unterirdischen Nester auszupolstern.
    Daher wurde niemand Zeuge dessen, was sich in einer dunklen Gasse zutrug. Selbst der Weitseher des Königs, der über die Gaben der Sehkraft von zwanzig Menschen verfügte und der im alten Horst der Graaks oberhalb des Bergfrieds der Übereigner Wache stand, hätte unten in den engen Straßen des Händlerviertels keine Bewegung ausmachen können.
    Doch in der Katzengasse, gleich hinter dem Butterweg, kämpften zwei Männer in den Schatten um die Kontrolle über ein Messer.
    Hätte jemand sie gesehen, er hätte sich an kämpfende Taranteln erinnert gefühlt: Arme und Beine verdrehten sich in heftiger Erregung, während das Messer plötzlich nach oben zuckte; Füße scharrten und suchten auf dem ausgetretenen Pflaster nach Halt, und die zwei Männer ächzten angespannt in tödlicher Entschlossenheit.
    Beide trugen schwarze Kleidung. Unterkommandant Dreys von der Garde des Königs trug die schwarze, mit dem

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