Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition)
Fehler bei den Städten. Die nächsten von ihnen waren zu weit entfernt von diesem Ort, als dass es eine gute Stelle für einen Feuchtländerhof gewesen wäre.
Die acht Aiel liefen über das Gras, bewegten sich mit Schnelligkeit und Verstohlenheit zwischen den Hügeln hindurch. Pferde konnten nicht mit den Füßen eines Menschen mithalten, wenn man nur an ihren donnernden Galopp dachte. Schreckliche Kreaturen – warum beharrten die Feuchtländer nur darauf, auf ihnen zu reiten? Verblüffend. Aviendha konnte lernen, wie ein Häuptling oder eine Königin denken musste, aber Feuchtländer würde sie niemals richtig verstehen, das war ihr klar. Sie waren einfach zu seltsam. Selbst Rand al’Thor.
Vor allem Rand al’Thor. Sie lächelte und dachte an seine ernsten Augen. Sie erinnerte sich an seinen Geruch – Feuchtländerseife, die nach Öl duftete, vermischt mit diesem besonderen erdigen Moschus. Sie würde ihn heiraten. In dieser Hinsicht war sie so entschlossen wie Elayne. Jetzt, da sie Erstschwestern waren, konnten sie ihn gemeinsam heiraten, wie es sich gehörte. Andererseits, wie sollte sie jetzt noch jemanden heiraten können? Ihre Ehre hatte in ihren Speeren gelegen, aber Rand al’Thor trug sie an seiner Taille; man hatte aus ihnen eine Gürtelschnalle geschmiedet, die sie ihm mit eigener Hand überreicht hatte.
Er hatte ihr einmal die Ehe angeboten. Ein Mann! Der ihr die Ehe anbot! Noch eine dieser seltsamen Feuchtländersitten. Selbst wenn man einmal vergaß, wie verrückt das Ganze doch war – und die Beleidigung außer Acht ließ, die sein Antrag für Elayne bedeutete –, hätte Aviendha Rand al’Thor niemals als Ehemann akzeptieren können. Konnte er nicht verstehen, dass eine Frau Ehre in eine Ehe mitbringen musste? Was hatte ein Lehrling schon zu bieten? Wollte er, dass sie als Untergebene zu ihm kam? Das zu tun hätte sie auf schreckliche Weise entehrt!
Es gab nur eine Erklärung – er hatte es einfach nicht verstanden. Sie hielt ihn nicht für grausam, lediglich für begriffsstutzig. Sie würde zu ihm kommen, wenn sie bereit war, und ihm dann das Brautgebinde zu Füßen legen. Und das konnte sie nicht tun, bevor sie wusste, wer sie war.
Die Wege des Ji’e’toh waren kompliziert. Aviendha wusste, wie man als Tochter die Ehre maß, aber Weise Frauen waren da eine ganz andere Kategorie. Sie hatte geglaubt, bei ihnen eine gewisse Anerkennung und Ehre zu finden. Zum Beispiel hatten sie ihr erlaubt, viel Zeit mit ihrer Erstschwester in Caemlyn zu verbringen. Aber dann waren Dorindha und Nadere dahergekommen und hatten ihr mitgeteilt, dass sie ihre Ausbildung vernachlässigte. Sie hatten sie wie ein Kind gepackt, das heimlich vor einem Schweißzelt lauschte, und sie zu ihrem Clan geschleppt, der gerade nach Arad Doman aufbrach.
Und jetzt … und jetzt behandelten die Weisen Frauen sie mit weniger Respekt als je zuvor! Sie boten ihr nicht an, sie zu unterrichten. Irgendwie hatte sie in ihren Augen einen Fehler begangen. Bei dem Gedanken verkrampfte sich ihr Magen. Sich vor den anderen Weisen Frauen zu blamieren war beinahe genauso schlimm, wie vor jemandem, der so mutig wie Elayne war, Furcht zu zeigen!
Bis jetzt hatten die Weisen Frauen ihr eine gewisse Ehre zugestanden, indem sie ihr Strafen auferlegten, aber sie wusste nicht, was sie getan hatte, um sich selbst Schande zu bereiten. Danach zu fragen würde natürlich nur noch mehr Schande bringen. Erst wenn sie dieses Durcheinander entwirrt hatte, konnte sie ihr Toh wieder erfüllen. Schlimmer noch, es bestand die Gefahr, dass sie denselben Fehler noch einmal beging. Bis sie dieses Problem gelöst hatte, würde sie ein Lehrling bleiben, und sie würde Rand al’Thor nie ein ehrenhaftes Brautgebinde übergeben können.
Aviendha knirschte mit den Zähnen. Eine andere Frau hätte vielleicht geweint, aber was hätte das gebracht? Welche Fehler sie auch immer begangen hatte, das hatte sie sich selbst eingebrockt, und es war ihre Pflicht, es wieder zu richten. Sie würde ihre Ehre zurückerlangen, und sie würde Rand al’Thor heiraten, bevor er in der Letzten Schlacht starb.
Also musste sie das, was sie unbedingt wissen musste, schnell in Erfahrung bringen. Sehr schnell.
Auf einer kleinen, von Kiefern umgebenen Lichtung trafen sie sich mit einer anderen Gruppe Aiel. Ein dicker brauner Nadelteppich bedeckte den Boden, die gewaltigen Baumstämme versperrten den Blick zum Himmel. Nach den Maßstäben von Clans und Septen war es eine kleine
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