Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition)
zu müssen.«
»Da habt Ihr recht«, meinte Rhuarc. »Dann lasst uns aufbrechen.« Er ging los, um mit Bael zu sprechen. Aviendha trat einen Schritt zur Seite, aber Amys warf ihr einen bösen Blick zu, und sie erstarrte.
»Aviendha«, sagte die harte, weißhaarige Frau. »Wie viele Weise Frauen sind mit Rhuarc aufgebrochen, um sich diesen Flüchtlingstreck anzusehen?«
»Nur ich«, gab Aviendha zu.
»Ach, und du bist jetzt eine Weise Frau?«, fragte Bair.
»Nein«, erwiderte Aviendha schnell und häufte noch mehr Schande auf sich, weil sie errötete. »Das war eine dumme Bemerkung.«
»Dann sollst du bestraft werden«, sagte Bair. »Aviendha, du bist keine Tochter mehr. Es steht dir nicht zu, mit den Spähern zu ziehen. Diese Aufgabe haben andere zu erledigen.«
»Ja, Weise Frau«, sagte Aviendha und schaute zu Boden. Ihr war nicht in den Sinn gekommen, dass es ihr Schande einbringen würde, wenn sie Rhuarc begleitete – andere Weise Frauen hatten ähnliche Aufgaben verrichtet.
Aber ich bin keine Weise Frau, rief sie sich ins Gedächtnis zurück. Ich bin nur ein Lehrling. Bair hatte nicht gesagt, dass eine Weise Frau keinen Spähtrupp begleiten durfte; nur dass ihr nicht zustand, das zu tun. Hier ging es allein um sie. Und um das, was auch immer sie getan hatte, um die Weisen Frauen zu provozieren. Oder möglicherweise noch immer tat.
Glaubten sie vielleicht, die Zeit bei Elayne hätte sie verweichlicht? Aviendha sorgte sich selbst, dass das möglicherweise der Fall war. Während ihres Aufenthalts in Caemlyn hatte sie gelernt, Seide und Bäder zu schätzen. Am Ende hatte sie nur kraftlos protestiert, wenn Elayne einen neuen Vorwand gefunden hatte, um sie in ein unpraktisches und frivoles Gewand mit Stickereien und Spitze zu kleiden. Es war gut, dass man sie abgeholt hatte.
Die anderen standen einfach da und sahen sie erwartungsvoll an, ihre Gesichter waren wie rote Wüstensteine, reglos und streng. Aviendha biss wieder die Zähne zusammen. Sie würde ihre Lehrlingszeit beenden und Ehre erringen. Das würde sie.
Der Ruf, sich in Bewegung zu setzen, erscholl, und Männer und Frauen im Cadin’sor liefen in kleinen Gruppen zusammen los. Die Weisen Frauen bewegten sich trotz ihrer ausladenden Röcke genauso mühelos wie die Soldaten. Amys berührte Aviendhas Arm. »Du wirst mit mir laufen, damit wir deine Strafe besprechen können.«
Aviendha verfiel neben der Weisen Frau in einen schnellen Trab. Diese Geschwindigkeit konnte jeder Aiel eine fast uneingeschränkte Zeit durchhalten. Ihre Gruppe aus Caemlyn war zu Rhuarc gestoßen, als er aus Bandar Eban kam, um sich im westlichen Teil des Landes mit Rand al’Thor zu treffen. Dobraine Taborwin, ein Cairhiener, sorgte in der Hauptstadt noch immer für Ordnung, wo er angeblich ein Mitglied der Domani-Regierung aufgespürt hatte.
Natürlich hätten die Aiel den Rest des Weges durch ein Wegetor zurücklegen können. Aber es war nicht weit – nur ein paar Tage zu Fuß –, und sie waren früh genug aufgebrochen, um zur vereinbarten Zeit einzutreffen, ohne die Eine Macht benutzen zu müssen. Rhuarc wollte selbst einen Teil der Gegend um das Herrenhaus erforschen, das Rand al’Thor als Basis benutzte. Falls nötig, würden weitere Goshien oder Taardad Aiel mithilfe von Wegetoren sich dort zu ihnen gesellen.
»Wie denkst du über das, was der Car’a’carn von uns hier in Arad Doman verlangt, Aviendha?«, fragte Amys, während sie liefen.
Aviendha unterdrückte ein Stirnrunzeln. Was war denn aus ihrer Strafe geworden? »Diese Bitte verstößt gegen die Regeln«, sagte sie, »aber Rand al’Thor hat viele seltsame Ideen, selbst für einen Feuchtländer. Das wird nicht die ungewöhnlichste Pflicht sein, die er sich für uns einfallen lassen wird.«
»Und die Tatsache, dass Rhuarc diese Pflicht Unbehagen bereitet?«
»Ich bezweifle, dass dem Clanhäuptling unbehaglich zumute ist. Ich denke, dass Rhuarc das ausspricht, was andere gesagt haben, und er diese Information auf diese Weise an die Weisen Frauen weitergibt. Er will andere nicht entehren, indem er enthüllt, wer seine Befürchtungen ausgesprochen hat.«
Amys nickte. Was sollten diese Fragen? Sicherlich war die Frau zu dem gleichen Schluss gelangt. Sie würde bestimmt nicht zu ihr kommen, um sich Rat zu holen.
Eine Weile liefen sie schweigend, ohne dass Strafen erwähnt wurden. Hatten die Weisen Frauen ihr ihre unbeabsichtigte Beleidigung verziehen? Sicherlich würden sie sie nicht auf diese Weise
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