Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
Moghedien?«
»Graendal. Obwohl wir sie nicht mehr so nennen dürfen. Sie ist in Hessalam umbenannt worden.«
»Hessalam«, wiederholte Perrin und probierte das Wort aus. »Das sagt mir nichts.«
»Es bedeutet ›keine Vergebung‹.«
»Und wie lautet Euer neuer Name, der, mit dem wir Euch jetzt ansprechen sollen?«
Das ließ sie tatsächlich erröten. »Egal«, sagte sie. »Ihr seid in Tel’aran’rhiod sehr geschickt. Viel besser, als es Lews Therin je war. Ich habe immer geglaubt, ich würde an seiner Seite herrschen, dass nur ein Mann meiner wert ist, der die Macht lenken kann. Aber die Macht, die Ihr hier zeigt … ich glaube, ich werde sie als Ersatz akzeptieren.«
Perrin grunzte. Gaul hatte die kleine Lichtung zwischen den Zelten mit erhobenem Speer und mit der Shoufa verhülltem Gesicht überquert. Perrin winkte ab. Mit Sicherheit war Lanfear nicht nur viel besser im Wolfstraum als der Aiel, sondern hatte bis jetzt auch noch nichts wirklich Bedrohliches getan.
»Falls Ihr mich beobachtet habt«, sagte er, »dann werdet Ihr wissen, dass ich verheiratet bin, und zwar recht glücklich.«
»Das habe ich gesehen.«
»Dann hört auf, mich wie ein Stück Fleisch zu betrachten, das man auf dem Markt zum Verkauf ausstellt«, knurrte er. »Was hat Graendal hier gemacht? Was will sie?«
»Ich bin mir nicht sicher«, erwiderte Lanfear unbeschwert. »Sie verfolgte immer drei oder vier Pläne zur gleichen Zeit. Unterschätzt sie nicht, Perrin. Sie ist hier nicht so geschickt wie andere, aber sie ist gefährlich. Im Gegensatz zu Moghedien ist sie eine Kämpferin. Die ergreift sofort vor dir die Flucht, wenn sie kann.«
»Ich behalte das im Gedächtnis«, sagte Perrin und ging zurück zu der Stelle, wo sie durch ihr Wegetor verschwunden war. Mit der Stiefelspitze drückte er an der Erde herum, wo das Tor den Boden aufgeschnitten hatte.
»Ihr wisst, dass Ihr das ebenfalls tun könntet«, sagte Lanfear.
Er fuhr zu ihr herum. »Was?«
»In die wache Welt treten und zurückkommen«, antwortete sie. »Ohne dabei die Hilfe von jemandem wie Lews Therin zu brauchen.«
Es gefiel Perrin nicht, wie sie höhnisch die Lippen verzog, wenn sie seinen Namen aussprach. Sie versuchte es zu überspielen, aber er roch den Hass an ihr, wenn sie ihn erwähnte.
»Ich kann nicht die Macht lenken. Vermutlich könnte ich mir vorstellen, sie lenken zu …«
»Das würde nicht funktionieren«, sagte sie. »Es gibt Grenzen in dem, was man hier erreichen kann, ganz egal, wie stark der Wille auch ist. Die Fähigkeit, die Macht lenken zu können, hat nichts mit dem Körper zu tun, sondern entstammt der Seele. Trotzdem gibt es für einen wie Euch Möglichkeiten, sich im Fleisch zwischen den Welten hin und her zu bewegen. Der, den Ihr den Schlächter nennt, tut das.«
»Er ist kein Wolfsbruder.«
»Nein. Aber er ist etwas Ähnliches. Ich bin mir wirklich nicht sicher, ob jemals ein anderer seine Fähigkeiten hatte. Der Dunkle König hat etwas mit diesem Schlächter gemacht, als er seine Seele oder vielmehr seine Seelen einfing. Semirhage hätte uns vielleicht mehr darüber verraten können. Bedauerlicherweise ist sie tot.«
Sie roch nicht im Mindesten nach Bedauern. Sie schaute zum Himmel, war aber ganz ruhig und nicht besorgt.
»Ihr scheint nicht mehr so beunruhigt darüber zu sein, entdeckt zu werden, wie das früher der Fall war«, bemerkte Perrin.
»Mein früherer Herr ist … beschäftigt. Seinen Blick habe ich kaum gespürt, während ich Euch vergangene Woche beobachtete.«
»Woche?«, fragte Perrin entsetzt. »Aber …«
»Hier vergeht die Zeit auf sehr seltsame Weise«, sagte sie, »außerdem lösen sich die Ränder der Zeit selbst auf. Je näher Ihr dem Stollen seid, umso größer ist die Zeitverzerrung. Für jene, die sich Shayol Ghul in der wachen Welt nähern, wird das genauso schlimm sein. Für jeden ihrer Tage könnten für jene, die weit entfernt sind, drei oder vier vergehen.«
Eine Woche? Licht! Was hatte sich draußen bloß alles zugetragen? Wer lebte und wer war gestorben, während Perrin gejagt hatte? Er hätte auf dem Reisegelände darauf warten sollen, dass sich sein Tor öffnete. Aber nach der Dunkelheit in Graendals Wegetor zu urteilen, war es Nacht. Sein Fluchttor konnte noch Stunden entfernt sein.
»Ihr könntet ein Wegetor für mich erschaffen«, sagte er. »Einen Weg nach draußen und wieder hinein. Wollt Ihr das tun?«
Lanfear dachte darüber nach, spazierte an einem der flackernden Zelte entlang
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