Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
wegzuräumen, damit seine Männer sie passieren konnten. Anscheinend hatte sie dort mehrere Hundert – vielleicht sogar mehrere Tausend – Caemlyner versammelt, die die Straße füllten. Als sie den Weg frei machte, erwartete Talmanes ein wunderbarer Anblick. Umgeben von den Städtern standen dort einhundert Drachen.
Das Bronzerohr war auf einem hölzernen Drachenkarren befestigt, um eine Einheit zu bilden, die von zwei Pferden gezogen wurde. Eigentlich waren sie ganz beweglich, wenn man es mal genau betrachtete. Man konnte diese Karren am Boden verankern und die Drachen abfeuern, sobald die Pferde abgeschirrt waren. Hier befanden sich mehr Menschen als nötig, um die Arbeit der Zugpferde zu erledigen.
»Glaubt Ihr, ich hätte sie zurückgelassen?«, fragte Aludra. »Diesem Haufen da fehlt die nötige Ausbildung, um sie zu bedienen. Aber sie können einen Karren genauso gut ziehen wie jeder andere auch.«
»Wir müssen sie von hier wegschaffen«, sagte Talmanes.
»Ist Euch das gerade eben eingefallen?«, fragte Aludra. »Als hätte ich das nicht schon längst versucht. Euer Gesicht, was ist damit?«
»Ich habe mal zu scharfen Käse gegessen, danach war ich nie wieder derselbe.«
Aludra betrachtete ihn mit schief gelegtem Kopf. Wenn ich vielleicht mehr lächeln würde, wenn ich einen Witz mache, dachte er träge und lehnte sich gegen die Barrikade. Vielleicht würde man mich dann besser verstehen. Natürlich warf das die Frage auf, ob er wirklich wollte, dass man ihn verstand. Oft war es so doch viel amüsanter. Außerdem war ein Lächeln so aufdringlich . Wo blieb da die Subtilität? Und …
Und er hatte wirklich Probleme, sich zu konzentrieren. Er sah Aludra blinzelnd an, deren Miene im Fackellicht echte Besorgnis verriet.
»Was mit meinem Gesicht ist?« Talmanes berührte seine Wange. Blut. Der Myrddraal. Genau. »Bloß ein Schnitt.«
»Und die Adern?«
»Adern?«, fragte er, dann fiel sein Blick auf seine Hand. Schwarze Ranken hatten sich um sein Handgelenk gewunden, waren über den Handrücken gewandert und näherten sich nun den Fingern, als würde Efeu unter seiner Haut wuchern. Sie wurden dunkler, noch während er hinschaute. »Ach, das! Unglücklicherweise sterbe ich. Schrecklich tragisch. Ihr habt nicht zufällig Branntwein?«
»Ich …«
»Mein Lord!«, rief eine Stimme.
Talmanes blinzelte, dann zwang er sich dazu, sich umzudrehen, während er sich schwer auf den Speer stützte. »Ja, Filger?«
»Noch mehr Trollocs, mein Lord. Eine ganze Menge! Sie strömen hinter uns zusammen.«
»Ganz reizend. Deckt die Tafel. Ich hoffe, wir haben genug Geschirr. Ich habe es doch gewusst, wir hätten die Magd diese 5731 Gedecke holen lassen sollen.«
»Geht es Euch … gut?«, fragte Aludra.
»Blut und verfluchte Asche, Frau, sehe ich so aus, als ginge es mir gut? Guybon! Der Rückzug ist abgeschnitten. Wie weit sind wir vom Osttor entfernt?«
»Das Osttor?«, rief der Gardehauptmann. »Vielleicht ein Marsch von einer halben Stunde. Wir müssen den Hügel weiter hinunter.«
»Dann geht es los«, sagte Talmanes. »Nehmt die Späher und geht an der Spitze. Dennel, kümmert Euch darum, dass sich die Städter vernünftig organisieren, um die Drachen zu ziehen! Haltet Euch bereit, die Waffen aufzubauen.«
»Talmanes«, sagte Aludra. »Die Dracheneier und das Pulver, das meiste mussten wir zurücklassen. Wir brauchen die Vorräte aus Baerlon. Wenn Ihr die Drachen heute aufstellt … Ein paar Schüsse, mehr habe ich nicht für Euch.«
Dennel nickte. »Drachen sind nicht dafür gedacht, für sich allein Frontreihen zu bilden, mein Lord. Sie brauchen Unterstützung, um den Feind daran zu hindern, zu nahe zu kommen und die Waffen zu zerstören. Wir können diese Drachen bemannen, aber ohne Infanterie werden wir nicht lange durchhalten.«
»Darum fliehen wir ja«, erwiderte Talmanes. Er machte einen Schritt, und ihm war so schwindelig, dass er beinahe stürzte. »Und ich glaube … ich glaube, ich brauche ein Pferd …«
Moghedien trat auf eine Plattform aus Stein, die mitten auf dem offenen Meer trieb. Gläsern und blau kräuselte sich das Wasser in der schwachen Brise, aber Wellen gab es keine. Es war auch kein Land in Sicht.
Moridin stand an der Seite der Plattform, die Hände auf dem Rücken verschränkt. Vor ihm brannte das Meer. Das Feuer erzeugte keinen Rauch, aber es war heiß, und das Wasser in der Nähe zischte und kochte. Ein Steinfußboden in der Mitte eines grenzenlosen Meeres.
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