Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
Wiedergeborenen Drachen ignorieren. Vor diesen Omen konnte sie nicht die Augen verschließen.
Der Spion konnte das nicht wissen. Er konnte sie nicht kennen. Der Spion würde eine junge Frau sehen, die töricht genug war, allein kämpfen zu wollen. Zumindest hoffte sie das.
Der Dunkle König webte ein Netz der Möglichkeiten um Rand herum.
Rand wusste, dass dieser Kampf, den sie austrugen – der Kampf um das, was sein konnte –, für die Letzte Schlacht von entscheidender Bedeutung war. Rand konnte nicht die Zukunft weben. Er war nicht das Rad, kam ihm nicht einmal nahe. Trotz allem, was mit ihm geschehen war, war er bloß ein Mann.
Doch in ihm lag die Hoffnung der Menschheit. Die Menschheit hatte eine Bestimmung, eine Wahl, wie ihre Zukunft aussehen sollte. Der Weg, den sie einschlagen würde … diese Schlacht würde ihn entscheiden. Sein Wille traf auf den des Dunklen Königs. Bisher würde das, was sein konnte , zu dem werden, was sein würde . Jetzt aufzugeben bedeutete, den Dunklen König diese Zukunft bestimmen zu lassen.
SIEHE , verkündete der Dunkle König, als die Lichtfäden zusammenkamen und Rand eine andere Welt betrat. Eine Welt, die noch nicht zur Realität geworden war, aber eine Welt, die sehr gut dazu werden konnte.
Stirnrunzelnd betrachtete Rand den Himmel. In dieser Vision war er nicht rot, und die Landschaft war auch nicht zerstört. Er stand mitten in Caemlyn, wie er es kannte. Sicher, es gab Unterschiede. Dampfwagen ratterten durch die Straßen, fuhren an Pferdekutschen und Passanten vorbei.
Die Stadt hatte sich jenseits der neuen Stadtmauer ausgebreitet – wie er von dem zentralen Hügel aus sehen konnte, auf dem er stand. Er konnte sogar die Stelle erkennen, wo Talmanes ein Loch in die Mauer geschossen hatte. Es war nicht geflickt worden. Stattdessen hatte sich die Stadt durch diese Lücke weiter ausgebreitet. Wo sich einst Felder befunden hatten, reihten sich nun Gebäude aneinander.
Rand drehte sich um und ging weiter. Was für ein Spiel spielte sein Feind hier? Sicherlich konnte diese alltägliche, sogar blühende Stadt kein Teil seiner Pläne für die Welt sein. Die Leute waren sauber und sahen keineswegs unterdrückt aus. Er fand keine Anzeichen der Verderbtheit, die die vorherige Welt des Dunklen Königs ausgezeichnet hatte.
Neugierig trat er an einen Stand, hinter dem eine Frau Obst verkaufte. Die schlanke Frau lächelte einladend und zeigte auf ihre Waren. »Willkommen, werter Herr. Ich bin Renel, und mein Geschäft ist die zweite Heimat für alle, die die besten Früchte aus der ganzen Welt suchen. Ich habe frische Pfirsiche aus Tear.«
»Pfirsiche!«, sagte Rand entsetzt. Es war allgemein bekannt, dass diese Früchte giftig waren.
»Ha! Fürchtet nichts, werter Herr! Man hat das Gift aus ihnen entfernt. Sie sind so sicher, wie ich ehrlich bin.« Die Frau lächelte, nahm eine Frucht und biss hinein, um es zu beweisen. Da erschien eine schmutzige Hand unter dem Obststand – ein Straßenjunge versteckte sich darunter, der Rand zuvor gar nicht aufgefallen war.
Der kleine Junge griff sich eine rote Frucht, die Rand unbekannt war, und rannte los. Er war so dünn, dass Rand die Rippen unter der Haut seiner viel zu schmalen Gestalt sehen konnte, und er rannte auf so dürren Beinen, dass es ein Wunder war, dass er überhaupt gehen konnte.
Die Frau lächelte Rand weiterhin an, während sie in die Tasche griff und einen kleinen Stab mit einem Hebel an der Seite hervorholte. Sie zog den Hebel zurück, und der Stab brüllte auf.
Der Junge starb in einer Blutwolke. Er ging zu Boden. Passanten gingen einfach um ihn herum, obwohl einer – ein Mann mit vielen Leibwächtern – die Frucht aufhob. Er wischte das Blut ab, nahm einen Bissen und ging weiter. Wenige Augenblicke später rollte ein Dampfwagen über die Leiche und drückte sie in die schlammige Straße.
Entsetzt starrte Rand die Frau an. Sie steckte die Waffe weg, lächelte aber noch immer. »Sucht Ihr nach einer bestimmten Frucht?«, fragte sie.
»Ihr habt gerade dieses Kind getötet!«
Die Frau sah ihn verwirrt an. »Ja. Gehörte es Euch, werter Herr?«
»Nein, aber …« Licht! Die Frau zeigte nicht das geringste Bedauern. Rand drehte sich um, und niemand schien sich im Geringsten für das zu interessieren, was gerade geschehen war.
»Herr?«, fragte die Frau. »Ich habe das Gefühl, dass ich Euch kennen sollte. Das ist ein schönes Gewand, wenn auch etwas aus der Mode. Zu welcher Fraktion gehört
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