Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
gelegentlich etwas die Sicht und reizte sie zum Husten. Die weißen Wolken am Himmel trogen. Es hatte schon seit der Zeit vor ihrer Abreise aus Tanchico nicht mehr geregnet, und das lag Wochen zurück. Es musste auch einige Zeit hersein, seit zuletzt Wagen über die breite, früher einmal vom Verkehr fest ausgefahrene Straße gerumpelt waren.
Kein Reiter tauchte aus diesem wie fest gemauerten Braun auf, und das konnte ihr nur recht sein. Ihr Zorn auf die Straßenräuber, die sie so kurz vor dem Verlassen des Wahnsinns, der sich in Tarabon abspielte, aufgehalten hatten, war verflogen, und solange sie nicht zornig war, konnte sie die Wahre Quelle nicht erreichen und somit die Macht nicht benützen. Sie war allerdings selbst davon überrascht worden, wie sie bei allem Zorn einen derartigen Sturm hatte erzeugen können. Sobald sie ihn einmal hochgepeitscht und mit ihrem Zorn erfüllt hatte, hatte er wie von selbst weitergewütet. Auch Elayne war von dem Ausmaß des Sturms überrascht worden, aber dankenswerterweise hatte sie das Thom und Juilin gegenüber nicht zugegeben. Doch trotz des ständigen Anwachsens ihrer Kraft, wie es ihre Lehrerinnen in der Burg vorhergesagt hatten, und von denen war keine stark genug, um so wie sie mit einem der Verlorenen fertigzuwerden, trotz dieser Steigerung also war sie noch immer auf ihren Zorn angewiesen und somit eingeschränkt. Wären jetzt weitere Banditen aufgetaucht, hätte Elayne ihnen allein gegenübertreten müssen, und das wollte sie nicht. So war wohl ihr früherer Zorn verflogen, aber sie bemühte sich, die nächste Gefühlsaufwallung vorzubereiten.
Sie kletterte mühsam über die Zeltplane, die über eine ganze Ladung Fässer gespannt war, und langte hinunter nach einem der Wasserfässer, die außen an den Seitenwänden des Wagens zusammen mit den Kisten, in denen sich ihre Habseligkeiten und Vorräte befanden, festgezurrt waren. Sofort verrutschte ihr der Hut wieder, schob sich auf den Hinterkopf, wo er nur noch von dem langen Tuch festgehalten wurde. Ihre Fingerspitzen berührten gerade noch den Deckel des Fasses. Wenn sie das Seil, an dem sie sich mit der anderen Hand festklammerte, losließe, könnte sie das Wasserfass erreichen, doch bei der Schaukelei würde sie vermutlichen den Halt verlieren und auf die Nase fallen.
Juilin Sandar lenkte den knochigen braunen Wallach, den er ritt – er hatte ihm den unpassenden Namen ›Schmoller‹ verliehen – näher an den Wagen heran und langte hinüber, um ihr einen der ledernen Wasserbehälter zu reichen, die er an seinem Sattel befestigt hatte. Dankbar trank sie, wenn auch nicht gerade manierlich. Sie hing da wie eine Traube an einer vom Wind weggeblasenen Rebe und verschüttete beinahe die Hälfte Wasser auf ihr gutes graues Kleid.
Es war ein passendes Kleid für eine Händlerin, hochgeschlossen, von feiner Webart und feinem Schnitt, aber doch einfach. Die Brosche auf ihrer Brust, ein kleiner goldener Ring mit Granatsteinen besetzt, war vielleicht etwas übertrieben für eine Händlerin, aber es war ein Geschenk der Panarchin von Tarabon gewesen, zusammen mit anderem, viel prachtvollerem Schmuck, der in einem Fach unter dem Fahrersitz weggeschlossen war. Sie trug die Brosche, um immer daran zu denken, dass man selbst Frauen, die auf einem Thron saßen, von Zeit zu Zeit einmal beim Genick packen und durchschütteln musste. Jetzt, da sie mit Amathera zu tun gehabt hatte, hatte sie auch etwas mehr Verständnis für die Art und Weise, wie die Burg Könige und Königinnen manipulierte.
Sie vermutete, Amatheras Geschenke seien mehr oder weniger als Bestechung gemeint gewesen, damit sie ja Tanchico schnell verließen. Die Frau war sogar gewillt gewesen, ein Schiff zu kaufen, dass sie keine Stunde länger als notwendig bleiben mussten, aber niemand war in der Lage gewesen, eines zu verkaufen. Auf den wenigen Schiffen, die im Hafen von Tanchico verblieben und geeignet waren, nicht nur die Küste entlangzusegeln, drängten sich die Flüchtlinge. Außerdem war ein Schiff zu offensichtlich, da es den schnellsten Weg darstellte, auf dem man Tanchico und Tarabon verlassen konnte. Nach allem, was geschehen war, hielten die Schwarzen Ajah vermutlich nach ihr und Elayne Ausschau. Sie waren ausgesandt worden, um Aes Sedai aufzuspüren, die dem Schatten dienten, und sich nicht umgekehrt von ihnen einfangen zu lassen. Deshalb also der Wagen und die lange Fahrt durch ein von Bürgerkrieg und Anarchie zerrissenes Land. Sie fing allmählich
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