Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
ihr her, kramte dann ihre Geldbörse hervor und bezahlte die Frau. Sie versicherte ihr auch, dass ihre Herrin keinerlei Klagen habe. Bei dem Preis zuckte sie aber doch leicht zusammen. Sobald sie die Frau los war, eilte sie hinauf. Elayne stopfte bereits ihre Sachen in die Koffer, gleich, wo sie landeten. Sogar die schweißnassen Hemden, die sie zum Trocknen auf die Bettgestelle gehängt hatten, wanderten mit hinein.
»Elayne, was ist los?«
»Wir müssen sofort weg, Nynaeve. Sofort.« Sie blickte nicht auf, bevor nicht das letzte Gepäckstück verstaut war. »Genau in dieser Minute, wo er jetzt auch sein mag, knobelt Galad an einem Problem herum, wie es ihm noch nie untergekommen ist. Zwei Dinge, die beide rechtens sind, sich aber vollkommen widersprechen. Seinem Verständnis nach ist es richtig, mich notfalls auf ein Packpferd zu binden und zu Mutter zu schleppen, um sowohl ihre Sorgen zu lindern, wie auch mich davor zu bewahren , eine Aes Sedai zu werden, ob ich nun will oder nicht. Und es ist auch richtig, uns auszuliefern, entweder den Weißmänteln oder dem königlichen Heer oder beiden. Das ist Gesetz in Amadicia und auch Gesetz bei den Weißmänteln. Aes Sedai sind hier geächtet, genau wie jede Frau, die in der Burg ausgebildet wurde. Mutter ist einst mit Ailron zusammengetroffen, um einen Handelsvertrag zu unterzeichnen, und das mussten sie in Altara tun, weil Mutter Amadicia nicht betreten durfte. Ich habe nach Saidar gegriffen, sobald ich ihn erblickte, und ich werde nicht davon lassen, bis wir weit weg von ihm sind.«
»Du übertreibst doch sicher, Elayne. Er ist dein Bruder!«
»Er ist nicht mein Bruder!« Elayne holte tief Luft und atmete dann langsam wieder aus. »Wir hatten den gleichen Vater«, sagte sie mit ruhigerer Stimme, »aber er ist nicht mein Bruder. Ich erkenne ihn nicht an. Nynaeve, ich habe dir das immer wieder gesagt, doch du willst es nicht begreifen. Galad tut, was richtig und rechtens ist. Immer. Er lügt niemals. Hast du gehört, was er diesem Burschen Trom gesagt hat? Er hat nicht gesagt, er wisse nicht, wer wir sind. Jedes Wort, das er sprach, entsprach auch der Wahrheit. Er tut, was recht ist, gleich, wen er dabei verletzt, und wenn er selbst der Betroffene ist. Oder ich. Er hat Gawyn und mich immer verpetzt, bei jeder Gelegenheit, und er hat sogar sich selbst verpetzt. Wenn er die falsche Entscheidung trifft, warten die Weißmäntel bereits auf uns, bevor wir den Rand des Dorfes erreicht haben.«
An der Tür ertönte ein Klopfen und Nynaeve hielt unwillkürlich die Luft an. Sicher würde doch Galad nicht … Elayne machte eine entschlossene, kampfbereite Miene.
Zögernd öffnete Nynaeve die Tür einen Spaltbreit. Es waren Thom und Juilin. Letzterer trug diesen närrischen Hut in der Hand. »Die Lady wünschte uns zu sehen?«, fragte Thom mit einem Hauch jener Unterwürfigkeit, die jeder zufällige Zuhörer erwartet hätte.
Sie war wieder zu atmen in der Lage, und jetzt war ihr ganz gleich, wer lauschte. Sie riss die Tür vollends auf. »Herein mit Euch, Ihr beiden!« Sie hatte langsam genug davon, dass jeder erst einmal den anderen anblickte, wenn sie mit ihnen sprach.
Bevor sie die Tür auch nur geschlossen hatte, sagte Elayne: »Thom, wir müssen sofort abfahren.« Ihre Miene wirkte nun nicht mehr so entschlossen, sondern eher ängstlich. So klang auch ihre Stimme. »Galad ist hier. Ihr erinnert Euch bestimmt daran, welches Ungeheuer er schon als Kind war. Also, jetzt ist er keineswegs besser, und außerdem ist er nun ein Weißmantel geworden. Er könnte …« Die Worte schienen ihr im Hals steckenzubleiben. Sie blickte Thom an. Ihr Mund bewegte sich, doch es kam nichts heraus. Er blickte sie allerdings mit genauso weit aufgerissenen Augen an wie sie ihn.
Er ließ sich auf eine der Reisekisten fallen, wandte aber den Blick nicht von Elayne. »Ich …« Er räusperte sich erst einmal laut und fuhr fort: »Ich glaubte, ihn gesehen zu haben, wie er die Schenke beobachtete. Ein Weißmantel. Doch er sah aus wie der Mann, der einst aus dem Jungen werden könnte. Ich denke, es sollte uns gar nicht wundern, dass er zu einem Weißmantel heranwuchs.«
Nynaeve ging zum Fenster. Elayne und Thom schienen kaum wahrzunehmen, dass sie zwischen ihnen hindurchging. Auf der Straße wurde der Verkehr langsam lebhaft. Bauern mit ihren Karren und Dorfbewohner vermischten sich mit Weißmänteln und Soldaten. Auf der gegenüberliegenden Seite saß ein Weißmantel auf einem umgekippten
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