Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
Fass. Das makellose Gesicht war unverkennbar.
»Hat er …?« Elayne schluckte. »Hat er Euch erkannt?«
»Nein. Fünfzehn Jahre verändern einen Mann stärker als einen Jungen. Elayne, ich glaubte, Ihr hättet es vergessen.«
»Ich habe mich in Tanchico wieder daran erinnert, Thom.« Mit unsicherem Lächeln streckte Elayne ihre Hand aus und zupfte ihn an einem Ende seines langen Schnurrbarts. Thom lächelte beinahe genauso unsicher zurück. Er wirkte, als überlege er, ob er sich aus dem Fenster stürzen solle.
Juilin kratzte sich am Kopf, und Nynaeve wünschte, sie hätte eine Ahnung, wovon die beiden eigentlich sprachen, doch es gab wirklich wichtigere Dinge im Moment. »Wir müssen trotzdem abreisen, bevor er uns die ganze Garnison auf den Hals hetzt. Es wird nicht leicht, wenn er die Schenke beobachtet. Ich habe keinen anderen Gast gesehen, der aussah, als besitze er eine Kutsche.«
»Unsere ist die einzige, die im Hof steht«, sagte Juilin. Thom und Elayne blickten sich immer noch gegenseitig an und hörten offensichtlich kein Wort.
Mit geschlossenen Vorhängen abzufahren war also auch keine Lösung. Nynaeve hätte wetten können, dass Galad bereits genau erfahren hatte, wie sie nach Sienda gekommen waren. »Gibt es einen Hinterausgang vom Stallhof aus?«
»Eine Tür, die breit genug ist, dass immer gerade einer von uns durch kann«, sagte Juilin trocken. »Und auf der anderen Seite befindet sich sowieso auch nur eine Art von schmaler Gasse. Es gibt in diesem Dorf nicht mehr als zwei oder drei Straßen, die breit genug sind, um mit der Kutsche durchzukommen.« Er betrachtete diesen zylindrischen Hut, den er in den Händen hin und her drehte. »Ich könnte nahe genug an ihn herankommen, um ihm eins über den Schädel zu verpassen. Wenn Ihr bereit seid, könnt Ihr dann in der allgemeinen Verwirrung wegfahren. Ich kann Euch dann später auf der Straße wieder einholen.«
Nynaeve schnaubte laut. »Wie denn? Auf Schmoller hinterhergaloppieren? Selbst wenn Ihr nicht innerhalb einer Meile aus dem Sattel fallen würdet, glaubt Ihr doch nicht im Ernst, Ihr würdet überhaupt noch ein Pferd erreichen, nachdem Ihr einen Weißmantel auf offener Straße angegriffen habt?« Galad befand sich nach wie vor an seinem Platz dort drüben, und Thom hatte sich ihm angeschlossen. Das Paar plauderte anscheinend angeregt. Sie beugte sich vor und riss kräftig an Thoms Schnurrbart. »Habt Ihr irgendetwas hinzuzufügen? Einen brillanten Plan vielleicht? Ihr hört doch immer auf alle Gerüchte. Hat sich da etwas ergeben, was uns helfen könnte?«
Er schlug eine Hand vors Gesicht und warf ihr einen beleidigten Blick zu. »Nichts, außer Ihr haltet die Tatsache für hilfreich, dass Ailron Anspruch auf irgendein Grenzdorf in Altara erhebt. Einen Landstrich, der sich die ganze Grenze entlangzieht, von Salidar nach So Eban und bis Mosra. Kann das irgendwie helfen, Nynaeve? Tatsächlich? Versucht, einem Mann den Schnurrbart aus dem Gesicht zu reißen! Jemand sollte zur Abwechslung Euch einmal eins hinter die Ohren geben.«
»Warum will Ailron einen ganzen Landstreifen an der Grenze haben, Thom?«, fragte Elayne. Vielleicht interessierte sie sich wirklich dafür, denn sie schien immer an jeder törichten Wendung in Politik und Diplomatie interessiert, vielleicht versuchte sie aber auch nur, einen Streit zu verhindern. Sie hatte die ganze Zeit über die Wogen geglättet, bis sie begann, mit Thom zu flirten.
»Es ist nicht der König, Kind.« Seine Stimme klang im Gespräch mit ihr viel sanfter. »Es ist Pedron Niall. Ailron macht gewöhnlich, was man ihm sagt, obwohl er und Niall so tun, als sei er ganz selbstständig. Die meisten dieser Dörfer stehen seit dem Weißmantelkrieg leer. Die Kinder bezeichnen den immer als ›Auseinandersetzung‹. Niall war zu der Zeit der Oberkommandierende des Heeres, und ich bezweifle, dass er den Gedanken jemals aufgegeben hat, Altara zu erobern. Falls er beide Ufer des Eldar beherrscht, kann er den Flusshandel nach Ebou Dar abschnüren, und wenn er dann Ebou Dar erst in der Hand hat, fällt ihm der Rest Altaras zu wie eine reife Frucht.«
»Das ist ja alles schön und gut«, warf Nynaeve entschlossen ein, bevor er oder das Mädchen noch etwas sagen konnte. Irgendetwas an seinen Worten hatte in ihrem Gedächtnis eine Glocke läuten lassen, doch sie konnte nicht sagen, was oder warum. Jedenfalls hatten sie keine Zeit für Unterrichtsstunden über die Beziehungen zwischen Amadicia und Altara, wenn
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