Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
erschöpft, und er schauderte leicht. »Was ich von dem weiß, was hier liegt, das habe ich auch erst seit dem Erwachen erfahren.« Seine Laute ließ die traurigen Klänge des Todesmarsches erklingen. »Meines Wissens könnten das die Überreste der Stadt sein, in der ich geboren wurde. Schorelle war eine Hafenstadt.«
Es würde vielleicht noch eine Stunde dauern, bis die Sonne hinter dem Rückgrat der Welt verborgen war. So nahe den hohen Bergen brach die Nacht früh herein. »Ich bin heute Abend zu müde für eines unserer üblichen Gespräche.« So bezeichneten sie Asmodeans Unterrichtsstunden in der Öffentlichkeit, selbst wenn niemand zuhörte. Wenn man sie zu den Übungsstunden mit Lan oder Rhuarc hinzuzählte, hatte ihm all dieser Unterricht seit der Abreise aus Rhuidean wenig Zeit zum Schlafen gelassen. »Geht nur zu Eurem Zelt, wenn Ihr soweit seid, und ich sehe Euch dann wieder am Morgen. Mit der Fahne.« Es gab niemanden anders, der das verdammte Ding tragen konnte. Vielleicht würde er in Cairhien jemanden für diese Aufgabe finden.
Beim Umdrehen zupfte Asmodean eine schrille Note und sagte: »Keine brennenden Netze um mein Zelt heute Nacht? Fangt Ihr endlich an, mir zu vertrauen?«
Rand blickte noch einmal zu ihm hin. »Ich vertraue Euch wie einem Bruder. Bis zu dem Tag, an dem Ihr mich verratet. Ich habe Euch als Belohnung für das, was Ihr mich lehrt, begnadigt, und das ist mehr, als Ihr verdient, aber an dem Tag, an dem Ihr Euch gegen mich stellt, werde ich diese Begnadigung zerreißen und mit Euch begraben.« Asmodean öffnete den Mund, doch Rand kam ihm zuvor: »Ich bin es, der da spricht, Natael. Rand al’Thor. Die Menschen von den Zwei Flüssen mögen Leute nicht, die versuchen, ihnen ein Messer in den Rücken zu rammen.«
Gereizt riss er an den Zügeln des Apfelschimmels und ritt davon, bevor der Mann noch etwas erwidern konnte. Er war sich nicht sicher, ob Asmodean eine Ahnung davon hatte, dass ein toter Mann versuchte, seine Persönlichkeit zu übernehmen, aber er sollte ihm auch gar keine Hinweise darauf geben. Asmodean war bereits davon überzeugt, dass er einer verlorenen Sache diene. Falls er das Gefühl bekam, Rand habe seinen eigenen Verstand nicht mehr im Griff und sei möglicherweise bereits auf dem Weg in den Wahnsinn, würde der Verlorene ihn augenblicklich im Stich lassen, und es gab einfach noch zu viel, was Rand erst lernen musste.
Weißgekleidete Gai’shain errichteten nach Aviendhas Anweisungen sein Zelt weit hinten am Eingang des Passes, direkt unter der hoch aufragenden Riesenschlange. Die Gai’shain hatten ihre eigenen Zelte, doch die würden natürlich erst als letzte aufgebaut. Adelin und ein Dutzend Töchter hockten in der Nähe und beobachteten alles, warteten darauf, seinen Schlaf zu behüten. Obwohl jede Nacht mehr als tausend Töchter des Speers um ihn herum lagerten, bewachten sie sein Zelt immer noch.
Bevor er sich dem Zelt näherte, griff er durch das Angreal in seiner Manteltasche nach Saidin . Es war natürlich gar nicht notwendig, den geschnitzten dicken kleinen Mann mit dem Schwert zu berühren. Eine Mischung aus Schmutz und Süße erfüllte ihn, dieser tobende Feuerstrom, diese erdrückende Lawine aus Eis. Er verwob die Macht wie jeden Abend, seit sie Rhuidean verlassen hatten, und legte wachsame Machtstränge um das gesamte Lager herum, nicht nur um die Zelte auf dem Pass, sondern auch um alle in den Hügeln darunter und an den Berghängen. Er benötigte, um ein Wachgewebe dieser Größenordnung zu erschaffen, das Angreal , aber doch nur noch ein wenig. Fast hätte er es allein geschafft. Er hatte sich ja vorher schon für stark gehalten, doch das, was ihm Asmodean beigebracht hatte, machte ihn stärker. Kein Mensch und kein Tier, die diese Gewebe durchschritten, spürten etwas davon, aber sollte ein Schattenwesen sie berühren, würde ein Warnsignal erklingen, das jeder in den Zelten hören konnte. Hätte er das schon in Rhuidean getan, wären die Schattenhunde niemals eingedrungen, ohne dass er davon gewusst hätte.
Die Aiel würden selbst Wache halten müssen, was menschliche Gegner anging. Diese Wachgewebe waren komplexe Webformen und sehr dünn dazu. Wenn man versuchte, von ihnen mehr als eine Aufgabe zu verlangen, würden sie nahezu unbrauchbar werden. Er hätte es so weben können, dass es Schattenwesen tötete, anstatt lediglich vor ihnen zu warnen, doch das hätte wie ein Leuchtfeuer auf jeden männlichen Verlorenen gewirkt, der vielleicht
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