Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
suchen musste. In den Hügeln lagerten die Aiel nach Clans geordnet, aber die auf dem Pass selbst formierten sich nach ihren Kriegergemeinschaften. Es waren vor allem Töchter des Speers, aber auch die Gemeinschaften der Männer hatten ihre Vertreter hier, jeweils etwa fünfzig, die ihre Zelte leicht voneinander abgesetzt über den Ruinen von Taien errichteten. Jedermann verstand, oder glaubte es zumindest, warum die Töchter sich Rands Ehre verpflichtet fühlten, doch alle Gemeinschaften wollten den Car’a’carn beschützen.
Moiraine und natürlich auch Lan gingen hinunter, wo Kaderes Wagen gleich unterhalb der Stadt angehalten hatten, um dafür zu sorgen, dass dieses Wagenlager richtig aufgestellt wurde. Die Aes Sedai nahm den Inhalt dieser Wagen fast genauso wichtig wie Rand. Die Fahrer knurrten und fluchten über den von der Stadt herüber ziehenden Gestank und vermieden jeden Blick zu den Aiel hinüber, die die Leichen von der Mauer abschnitten. Doch nach Monaten in der Wüste schienen sie es beinahe zu genießen, sich trotz der Ruinen in der Nähe der Zivilisation zu befinden, oder was sie als solche betrachteten.
Gai’shain errichteten die Zelte der Weisen Frauen jedenfalls die Bairs, Amys’ und Melaines – ebenfalls unterhalb der Stadt direkt auf der verwitterten Fahrspur, die aus dem Hügelgebiet hinauf zum Pass führte. Rand war sicher, sie würden angeben, diesen Punkt ausgewählt zu haben, weil sie von dort aus für ihn genau wie für die unzähligen Dutzend Weiser Frauen unterhalb gut erreichbar waren. Allerdings schien es ihm auch kein Zufall, wenn jeder, der von den Hügeln aus zu ihm kommen wollte, zuerst durch ihr Lager oder um ihr Lager herumgehen musste. Er war ein wenig überrascht, als er bemerkte, dass Melaine den weiß gekleideten Gestalten die notwendigen Anweisungen gab. Erst vor drei Nächten hatte sie Bael geheiratet. Die Zeremonie hatte sie zu dessen Frau und zur Schwesterfrau Dorindhas gemacht, seiner anderen Ehefrau. Dieser Teil war offensichtlich genauso wichtig gewesen wie die eigentliche Hochzeit. Aviendha hatte sich seiner Überraschung wegen ziemlich aufgeregt.
Als Egwene zusammen mit Aviendha auftauchte, die Aielfrau hinter sich auf der grauen Stute und die bauschigen Röcke bis über die Knie hochgeschoben, schienen sie gut zusammenzupassen, obwohl sie einen unterschiedlichen Teint aufwiesen und Aviendha groß genug war, um Egwene bequem über die Schulter schauen zu können; beide trugen nur einen elfenbeinernen Armreif und eine Halskette. Die Arbeit, die Leichen der Gehenkten zu entfernen, hatte kaum begonnen. Die meisten Raben lagen tot auf dem Boden, darum ganze Büschel schwarzer Federn verstreut. Die anderen waren davongeflogen, doch Geier, die sich zu voll gefressen hatten, um sich in die Luft erheben zu können, watschelten noch durch die Asche innerhalb der Stadtmauer.
Rand wünschte, er hätte eine Möglichkeit, den beiden Frauen diesen Anblick zu ersparen, doch zu seiner Überraschung lief keine von beiden zur Seite, um sich zu übergeben. Nun, bei Aviendha hatte er das ja auch nicht ernsthaft erwartet, denn sie hatte schon oft genug den Tod gesehen und ihn auch selbst ausgesandt, und so blieb ihr Gesicht auch jetzt ausdruckslos. Doch er hatte dieses reine Mitleid in Egwenes Augen wirklich nicht erwartet, als sie zusah, wie die aufgedunsenen Leichen heruntergenommen wurden.
Sie lenkte ihre Stute Nebel zu Jeade’en und beugte sich herüber, um eine Hand auf seinen Arm zu legen. »Es tut mir so leid, Rand. Es gab keine Möglichkeit, dass du dies hier hättest verhindern können.«
»Ich weiß«, sagte er zu ihr. Er hatte noch nicht einmal gewusst, dass es hier überhaupt eine Stadt gab, bis Rhuarc sie vor fünf Tagen ganz nebenbei erwähnt hatte. In seinen Beratungen mit den Häuptlingen war es immer nur darum gegangen, ob sie an einem Tag noch größere Entfernungen zurücklegen könnten als zuvor und was Couladin vorhaben mochte, wenn er den Jangai überschritten hatte. Doch zu dem Zeitpunkt waren die Shaido hier schon fertig gewesen und weitergezogen. Er hatte sich seither oft genug gescholten, aber an der Lage auch nichts ändern können.
»Also, dann denke immer daran: Es war nicht deine Schuld.« Sie gab Nebel die Fersen zu spüren und begann, sich mit Aviendha zu unterhalten, obwohl sie noch nicht einmal außer Hörweite waren. »Ich bin froh, dass er es so gut aufnimmt. Er hat sich angewöhnt, Schuldgefühle zu entwickeln, obwohl er auf solche Dinge
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