Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
»Wie die schwarzen Frettchen, wenn sie in einer Schlucht über ein Nest von Berghühnern herfallen.« Töten war genauso leicht wie Sterben, sagten die Aiel; jeder Narr konnte das.
»Und das andere? Menschen gefangennehmen? Gai’shain? «
Rhuarc und Dhearic tauschten einen kurzen Blick, und Dhearic verzog den Mund. Offensichtlich hatten sie davon gehört und fühlten sich keineswegs wohl bei dem Gedanken. Es bedeutete schon einiges, wenn sich ein Aiel so wand.
»Es kann nicht angehen«, sagte Rhuarc schließlich. »Falls es stimmt … Gai’shain sind eine Frage der Ehre, des Ji’e’toh . Niemand kann zum Gai’shain gemacht werden, der nicht den Weg des Ji’e’toh geht. Sonst sind sie lediglich menschliches Vieh, wie es die Shaarad halten.«
»Couladin hat den Weg des Ji’e’toh verlassen.« Bei Dhearic klang das, als behaupte er, aus Steinen seien Flügel gewachsen.
Mat lenkte Pips durch einen kurzen Schenkeldruck näher heran. Er war nie ein mehr als durchschnittlicher Reiter gewesen, aber manchmal, wenn er an etwas ganz anderes dachte, ritt er, als sei er auf dem Rücken eines Pferdes geboren. »Überrascht Euch das?«, sagte er. »Nach allem, was er bereits getan hat? Der Mann würde noch die eigene Mutter beim Würfeln betrügen.«
Sie blickten ihn eisig an. Ihre Augen wirkten wie blaue Gemmen. Auf gewisse Weise waren die Aiel Ji’e’toh . Und was Couladin auch sein mochte, in ihren Augen war er noch immer ein Aiel. Die Sept stand über dem Clan, der Clan über allen Außenseitern, und die Aiel über allen Feuchtländern.
Ein paar Töchter des Speers hatten sich ihnen genähert, Enaila, Jolien, Adelin und dazu die drahtige, weißhaarige Sulin, die man zur Dachherrin des Dachs der Töchter in Rhuidean gewählt hatte. Sie hatte den dort zurückgebliebenen Töchtern empfohlen, eine andere zu wählen, und führte stattdessen nun die Töchter hier an. Sie spürten die lastende Stimmung und sagten nichts, steckten nur die Speere geduldig mit der Spitze nach unten in den Boden. Wenn ein Aiel die Geduld bewahren wollte, wirkten selbst die Felsbrocken in Eile.
Lan brach das Schweigen. »Wenn Couladin erwartet, dass du ihm folgst, hat er vielleicht irgendwo auf dem Pass eine Überraschung hinterlassen. Hundert Mann könnten an den engsten Stellen einem ganzen Heer trotzen. Tausend …«
»Also werden wir hier lagern«, entschied Rand, »und Kundschafter vorausschicken, um sicherzugehen, dass der Weg frei ist. Duadhe Mahdi’in? «
»Wassersucher«, stimmte Dhearic erfreut zu. Das war seine Kriegergemeinschaft gewesen, bevor er zum Clanhäuptling erwählt worden war.
Sulin und die anderen Töchter warfen Rand missbilligende Blicke zu, während der Häuptling der Reyn den Hang hinunterschritt. Die letzten drei Tage über hatte er immer Kundschafter aus anderen Kriegergemeinschaften vorgezogen, weil er bereits befürchtet hatte, was sie hier vorfinden würden, und er hatte das Gefühl, sie wüssten sehr genau, dass er nicht einfach nur den anderen auch ihre Gelegenheit verschaffen wollte. Er bemühte sich, ihre Blicke zu ignorieren. Bei Sulin war das besonders schwierig, denn mit diesen blassblauen Augen hätte die Frau wohl auch noch Nägel einschlagen können.
»Rhuarc, sorgt bitte dafür, dass man diesen Überlebenden zu essen gibt, sobald man sie findet. Und dass man sie gut behandelt. Wir werden sie mitnehmen.« Sein Blick wanderte zur Stadtmauer hinüber. Einige Aiel benützten bereits ihre gekrümmten Hornbögen, um Raben abzuschießen. Manchmal benützten die Schattenabkömmlinge Raben und andere aasfressende Tiere als Spione, Schattenaugen, wie es die Aiel nannten. Die hier hielten in ihrem gierigen Fressen kaum inne, bis sie von einem Pfeil durchbohrt herunterfielen. Ein kluger Mann ging in Bezug auf Raben und Ratten eben kein Risiko ein. »Und sorgt dafür, dass man die Toten bestattet.« Wenigstens in diesem Punkt stimmten Recht und Notwendigkeit überein.
KAPITEL 21
Eine Klinge zum Geschenk
S chnell wurde nun das Lager am Eingang des Jangai-Passes errichtet, doch soweit wie möglich von Taien entfernt. Es zog sich bald über die Vorhügel hinab. Die Zelte standen zwischen den verstreuten Dornbüschen und selbst noch an den Berghängen. Allerdings war nicht viel davon sichtbar, außer den innerhalb des Passeingangs befindlichen Zelten, denn die Aielzelte passten sich farblich so gut der steinigen Erde an, dass man sie selbst dann oftmals nicht bemerkte, wenn man wusste, was und wo man
Weitere Kostenlose Bücher