Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
hatten. Sie dachten gar nicht daran, dass sie vielleicht lügen könnte. Ein Vorteil, wenn man die Dämpfung hinter sich hat. Sie schienen überhaupt nicht auf den Gedanken zu kommen, dass die Dämpfung alle Bande an die Drei Eide zerrissen hatte. Natürlich studierten manche Aes Sedai Frauen, die man dieser Tortur unterzogen hatte, aber eben nur übervorsichtig und zögernd. Keine wollte gern daran erinnert werden, was ihr selbst geschehen könnte.
Was Logain betraf, machte sich Siuan keine Sorgen. Nicht, solange Min weiterhin das sah, was immer sie auch sehen mochte. Er würde auf jeden Fall lange genug leben, um das zu enthüllen, was Siuan von ihm hören wollte. Sie musste nur einmal richtig mit ihm reden. Sie hatte vorher nicht zu riskieren gewagt, dass er sich vielleicht entschloss, seiner eigenen Wege zu gehen, und das hätte er sicherlich getan, hätte sie schon verfrüht mit ihm darüber gesprochen. Doch nun bekam er seine einzige Gelegenheit zur Rache an jenen, die ihn der Dämpfung ausgeliefert hatten, jetzt, da er wieder ganz von Aes Sedai umstellt war. Rache natürlich nur an den Roten Ajah, das verstand sich von selbst, aber damit musste er sich abfinden. Besser einen Fisch im Boot als einen Schwarm im Wasser.
Sie blickte zu Leane hinüber, die ein schwaches Lächeln andeutete. Das war gut. Leane hatte es nicht gepasst, dass sie sie bis an diesem Morgen über ihren Plan, Logain betreffend, im Unklaren gelassen hatte, aber Siuan hatte einfach zu lange die Geheimnisvolle gespielt, als dass sie nun mir nichts, dir nichts selbst einer Freundin gegenüber auspacken konnte. Sie hielt jedenfalls die Idee, die Roten Ajah könnten auch mit den anderen falschen Drachen zu tun haben, für ausgezeichnet. Die Roten hatten die Rebellion gegen sie angezettelt. Wenn dies alles vorüber war, gab es vielleicht keine Roten Ajah mehr.
»Das ändert eine ganze Menge«, sagte Sheriam nach einer Weile. »Wir können unmöglich einer Amyrlin folgen, die so etwas tut.«
»Ihr folgen?«, rief Siuan, die zum ersten Mal wirklich verblüfft war. »Habt Ihr ernsthaft in Erwägung gezogen, zu Elaidas Ring zurückzukehren? Obwohl Ihr wisst, was sie getan hat und noch unternehmen wird?« Leane bebte auf ihrem Stuhl, als platze sie fast aus allen Nähten, aber sie hatten sich geeinigt, dass Siuan diejenige sein solle, die die Nerven verlor.
Sheriam wirkte ein wenig verlegen, und Myrelles dunkle Wangen wiesen rote Flecke auf, doch die anderen nahmen es so gelassen hin wie den Sonnenschein.
»Die Burg muss stark sein«, sagte Carlinya mit einer Stimme, die so hart klang wie Stein im Winter. »Der Drache wurde wiedergeboren, die Letzte Schlacht naht, und die Burg muss eine Einheit sein.«
Anaiya nickte. »Wir verstehen Eure Gründe dafür, Elaida abzulehnen, sie sogar zu hassen. Wir verstehen Euch wirklich, aber wir müssen auch an die Burg denken und an die Welt. Ich gebe zu, dass ich selbst Elaida auch nicht ausstehen kann. Doch ich habe auch Siuan nie besonders gemocht. Es ist nicht notwendig, die Amyrlin zu mögen. Ihr müsst nicht so böse schauen, Siuan. Ihr habt seit Eurer Zeit als Novizin eine Feile statt einer Zunge im Mund gehabt, und mit der Zeit ist sie immer rauer geworden. Und als Amyrlin habt ihr die Schwestern herumgeschubst, wie ihr wolltet, und ihr habt selten Eure Gründe auch nur erwähnt. Beides sind keine angenehmen Eigenschaften, und schon gar nicht zusammen genommen.«
»Ich will mich bemühen, meine Zunge … zu glätten«, sagte Siuan trocken. Erwartete die Frau, die Amyrlin werde jede Schwester wie eine Freundin aus ihrer Kindheit behandeln? »Aber ich hoffe, was ich Euch mitgeteilt habe, wird Eure Absicht ändern, Elaida zu Füßen zu liegen?«
»Wenn das bereits die neugewonnene Glätte Eurer Zunge war«, sagte Myrelle lässig, »muss ich sie vielleicht doch noch selbst etwas abschleifen für den Fall, dass wir Euch gestatten, Eure Augen-und-Ohren für uns zu leiten.«
»Wir können natürlich jetzt nicht zur Burg zurückkehren«, sagte Sheriam. »Wir wussten das alles ja nicht. Wir müssten erst in der Lage sein, Elaida abzusetzen.«
»Was sie auch getan hat, die Roten werden sie trotzdem unterstützen.« Beonin stellte das als klare Tatsache fest und nicht als Einwand. Es war kein Geheimnis: Die Roten waren mit der Tatsache nicht fertig geworden, dass es seit Bonwhin keine Amyrlin mehr aus ihrer Ajah gegeben hatte.
Morvrin nickte lebhaft. »Auch andere werden sie unterstützen. Diejenigen, die
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