Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
sich ganz und gar hinter Elaida gestellt haben, werden glauben, keine andere Wahl mehr zu haben. Andere unterstützen jede, die an der Macht ist, gleich, wie bösartig sie handelt. Und dazu noch ein paar, die glauben, wir wollten die Burg spalten, wo um jeden Preis Einigkeit herrschen sollte.«
»Man kann mit allen außer den Roten sprechen«, sagte Beonin vernünftigerweise, »und verhandeln.« Vermittlung und Verhandlungen waren der Grund für die Existenz ihrer Ajah.
»Wie es scheint, werden wir Eure Agentinnen gebrauchen können, Siuan.« Sheriam blickte sich unter den anderen um. »Es sei denn, jemand glaubt immer noch, wir sollten sie ihr wegnehmen?« Morvrin war die Letzte, die den Kopf schüttelte, aber immerhin tat sie es schließlich, nachdem sie Siuan so durchdringend gemustert hatte, dass diese sich richtiggehend nackt fühlte, abgewogen und gemessen.
Sie konnte dennoch einen Seufzer der Erleichterung nicht unterdrücken. Kein kurzes Leben auf einem einsamen Bauernhof, sondern ein Leben, das einem Zweck diente. Es konnte trotzdem ein kurzes Leben werden, denn niemand wusste annähernd, wie lange eine Frau in ihrem Zustand überleben konnte, wenn sie einen Ersatz für die Eine Macht in ihrem Leben fand; aber mit einem richtigen Lebenszweck wäre es in jedem Fall lange genug. Also wollte Myrelle ihre spitze Zunge abschleifen, war es nicht so? Ich werde es dieser Grünen mit ihren Fuchsaugen schon zeigen! Ich werde den Mund halten und froh sein, wenn sie nicht mehr macht, als mich strafend anzusehen. So mache ich’s. Ich wusste ja, wohin das führen würde. Verdammt noch mal, ich hab’s gewusst!
»Ich danke Euch, Aes Sedai«, sagte sie so demütig, wie sie nur konnte. Sie so anzusprechen tat weh. Es war ein weiterer Bruch und erinnerte sie erneut daran, was sie nicht mehr war. »Ich werde mich bemühen, mein Bestes für Euch zu leisten.« Myrelle hätte nun wirklich nicht so zufrieden nicken müssen. Siuan ignorierte eine kleine Stimme in ihrem Innern, die ihr sagte, an Myrelles Stelle hätte sie das Gleiche oder noch mehr getan.
»Falls ich einen Vorschlag machen darf«, warf Leane ein, »dann reicht es nicht aus, zu warten, bis Ihr genug Unterstützung im Burgsaal habt, um Elaida zu stürzen.« Siuan sah sie interessiert an, als höre sie das zum ersten Mal. »Elaida sitzt in Tar Valon in der Weißen Burg, und für die ganze Welt ist sie die Amyrlin. Im Augenblick seid Ihr nur eine Herde Abtrünnige. Sie kann Euch als Rebellen oder Volksverhetzer bezeichnen, und da es von der Amyrlin kommt, wird die Welt es glauben.«
»Wir können sie wohl kaum davon abhalten, Amyrlin zu sein, bevor sie abgesetzt ist«, sagte Carlinya und rutschte mit eisiger Verachtung im Blick auf ihrem Stuhl umher. Hätte sie ihre Stola mit den weißen Fransen getragen, dann hätte sie die jetzt vermutlich um sich gewickelt.
»Ihr könnt der Welt doch eine wirkliche Amyrlin geben.« Leane richtete ihre Worte nicht an die Weiße Schwester, sondern an alle zugleich. Sie sah eine nach der anderen an, selbstsicher, doch so, als gebe sie ihnen lediglich eine Anregung, von der sie hoffte, sie würden sie aufgreifen. Es war Siuan gewesen, die ihr zugeredet hatte, dass die Methoden, die sie erfolgreich bei Männern anwandte, durchaus auch abgewandelt bei Frauen hilfreich seien. »Ich habe Aes Sedai aus sämtlichen Ajah außer der Roten im Schankraum und draußen auf der Straße gesehen. Lasst sie hier einen neuen Burgsaal wählen und lasst dann diesen Saal die neue Amyrlin küren. Danach könnt Ihr euch der Welt als die wahre Weiße Burg präsentieren, die ins Exil gehen musste, weil Elaida die Macht an sich riss. Wenn man noch Logains Enthüllungen hinzufügt, gibt es wohl keine Zweifel mehr daran, wen die Welt als die wahre Amyrlin anerkennen wird.«
Die Idee war bei ihnen angekommen. Siuan sah deutlich, wie sie sie im Geist von allen Seiten betrachteten. Was die anderen auch denken mochten, es war jedenfalls nur Sheriam, die widersprach: »Das bedeutet aber, dass die Burg wirklich gespalten wird«, sagte die Frau mit den grünen Augen traurig.
»Sie ist bereits gespalten«, sagte Siuan schnippisch zu ihr und wünschte sich fast im gleichen Moment, sie hätte den Mund gehalten. Alle sahen sie an.
Sie sollten annehmen, das Ganze sei allein Leanes Einfall, da sie selbst den Ruf einer Frau hatte, die ständig bei anderen die Fäden zog, und so würden sie ihren Vorschlägen gegenüber misstrauisch sein. Deshalb auch hatte sie
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